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Gift aus dem Gulli in Mücka

Mückaer klagen seit Jahren über einen stechenden Geruch und fühlen sich von ihrem Abwasserverband im Stich gelassen.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Frank und Birgit Beier sind verzweifelt. Seit Jahren ärgern sie sich über einen aggressiven Geruch aus dem Gullideckel vor ihrem Haus. Im Sommer müssen sie oft die Fenster geschlossen halten, damit es in ihrem Haus nicht stinkt. Als die Situation mal wieder besonders schlimm gewesen ist, haben sie mit tränenden Augen den Notdienst des Abwasserzweckverbandes Schwarzer Schöps gerufen. Auch im Unternehmen gibt es besorgte Stimmen. Wie gefährlich ist der Geruch für die Menschen? Die Frage wühlt viele auf.

Warum es in Mücka schon seit Jahren stinkt, ist kein Geheimnis. In der Kanalisation bildet sich zu viel Schwefelwasserstoff. Über die Kanaldeckel bahnt sich das farblose und übelriechende Gas schließlich seinen Weg an die Oberfläche. Die Mückaerin Odette Klauke berichtet, dass sie sogar schon Wäsche hat neu waschen müssen, nachdem diese beim Trocknen an der frischen Luft den Geruch faulender Eier angenommen hat. Unerträglich sei der Gestank, bestätigt auch Anwohner Bernd Hilgenfeld. „Das hebt Dich aus“, sagt er.

Bereits seit 2013 liegt dem Abwasserverband eine Analyse des Problems vor. Die Schweriner Firma Unitechnics hat damals Messungen durchgeführt und Lösungsvorschläge unterbreitet. Die reichen vom Absaugen des Schwefelwasserstoffes mit verschiedenen Filtern bis hin zur Zugabe von Chemikalien. „Man gibt entweder Eisen oder Nitrate in das Abwasser“, erläutert Klaus Jilg vom Unternehmen vor drei Jahren. Die Sulfate im Schmutzwasser gehen dann eine Verbindung mit dem Eisen oder den Nitraten ein und es bildet sich weniger oder gar kein Gas. Die Chemikalien dämmen das Problem ein, lösen es aber nicht.

Die damalige Geschäftsführerin des Abwasserzweckverbandes denkt Ende 2013 darum auch über die Ertüchtigung von Pumpwerken nach. „Wir werden auf jeden Fall die Ursachen bekämpfen“, versichert Katrin Kuhnert damals. Gespürt haben die Bürger davon bis heute nicht viel. Katrin Kuhnert hat das Unternehmen mittlerweile verlassen. Der Verband sucht seit Monaten nach einem neuen Geschäftsführer. Auf einer Versammlung sollen nun am Donnerstag im Kollmer Gemeindeamt Kandidaten vorgestellt und ein neuer Chef bestimmt werden. Details zu den Bewerbern möchte der Verbandsvorsitzende Horst Brückner im Vorfeld nicht verraten. Die Sitzung in Kollm ist aber öffentlich.

Ob dann auch das Geruchsproblem in Mücka auf die Tagesordnung kommt? Viele Bürger fühlen sich vom Verbandsvorsitzenden Horst Brückner nicht ernst genommen. Sie haben sich stattdessen an die Landtagsabgeordnete Kathrin Kagelmann von der Linken gewandt. Die sucht nun das Gespräch mit den Behörden des Landkreises, um den Druck auf den Abwasserverband zu erhöhen.

Auch in der Unteren Wasserbehörde beobachtet man den Fall kritisch. „Der Verband muss sich Fachverstand einholen und zwar dauerhaft“, sagt Karola Henke. Denn der Schwefelwasserstoff riecht nicht nur unangenehm, sondern zersetzt auch die Schächte und verursacht so stetig Kosten. Karola Henke versteht aber auch die finanziellen Zwänge des Verbandes. Der hat zuletzt 1,3 Millionen Euro in eine neue und deutlich kleinere Kläranlage in Kreba-Neudorf investiert. Das Vorgängermodell ist überdimensioniert und für andere Voraussetzungen ausgelegt gewesen. Das lässt sich so auch auf das Netz übertragen.

In Mücka laufen die Abwässer mehrerer Gemeinden zusammen, ehe sie schließlich in Kreba-Neudorf gereinigt werden. Doch wenn zu wenig Wasser durch Mücka fließt, bildet sich der tückische Schwefelwasserstoff. Die Rechnung von einst ist schlicht nicht aufgegangen. Bei der Planung sei man noch von 150 Litern pro Einwohner und Tag ausgegangen, erklärt Karola Henke. „Das fällt in ländlichen Gebieten nie an“, sagt sie.

Nun soll das Gesundheitsamt prüfen, wie stark die Belastung für die Bürger in Mücka ist. Tatenlos ist der Verband bisher nicht geblieben. In Weigersdorf sei dem Abwasser bereits Aluminium zugegeben worden. Das mache sich auch in Mücka bemerkbar. „Es ist besser geworden“, räumt Birgit Beier ein. Doch die Ursachen des Problems bleiben und es kann immer wieder stinken. Das Kommunalamt des Landkreises Görlitz hat bis Ende April einen Maßnahmenplan vom Abwasserzweckverband verlangt. Den ist er schuldig geblieben.

Doch weil es für einen Maßnahmenplan auch einen Haushalt braucht, sind die Behörden nachsichtig. „Es ist nicht so, dass sich der Verband nicht dreht. Dort, wo es brennt, hat er Maßnahmen eingeleitet“, sagt Karola Henke. Auch Kommunalamtsleiter Karl Ilg erkennt an, dass der Abwasserverband Maßnahmen anschiebt. „Es ist nicht so, dass wir das aussitzen“, sagt er. Eine Klage gegen den Verband erscheint ihm derzeit aber nicht zielführend.

Den Bürgern wird geraten, ihre Probleme noch einmal mit Nachdruck bei der Verbandsversammlung vorzutragen. Die bestimmt den Kurs des Verbandes.