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Gewerbegebiet soll nicht abgehängt werden

Den Bürgern wurden zur Ratssitzung drei Varianten zum Ausbau der B 169 vorgestellt. Zu allen gab es Pro und Kontra.

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© Dietmar Thomas

Von Sylvia Jentzsch

Ostrau. Die B 169 von Riesa nach Ostrau soll eine Schnellstraße werden. Das bedeutet, dass hier durchgängig eine Geschwindigkeit von 110 Kilometern gefahren werden darf. Die Mindestgeschwindigkeit beträgt 60 Kilometer in der Stunde. Es gibt keine Abfahrten mit Ampelregelung. Sie werden so ausgebaut wie Autobahnabfahrten. Voraussichtlich werden täglich zwischen 15 500 und 17 000 Fahrzeuge die Straße befahren. Der Schwerlastverkehr soll dabei einen Anteil von etwa 30 Prozent haben.

Ostrau wird nur eine Abfahrt bekommen. „Zu den bisherigen Planungen gibt es gravierende Änderungen“, so Bürgermeister Dirk Schilling (CDU). Etwa 50 Bürger waren zur Ratssitzung gekommen, um sich die Linienführungen erläutern zu lassen und Fragen zu stellen. Die Räte entschieden sich einstimmig mit einer Enthaltung für die Vorzugsvariante III. „Ob die Entscheidung der angrenzenden Gemeinden nur ein Scheingefecht ist, oder ob diese auch berücksichtigt werden, bleibt abzuwarten. Uns wurde vom Lasuv zugesichert, dass nicht am Willen der Gemeinden vorbeigeplant werde“, so der Bürgermeister.

Die Vorzugsvariante führt vorwiegend über landwirtschaftliche Flächen

Die Variante drei führt von den Autobahnauffahrten der A 14 kommend, westlich an der Milchviehanlage vorbei über die Felder zwischen dem Noschkowitzer Holz und Kattnitz über Niederlützschera bis etwa 350 Meter hinter das Gewerbe- und Wohngebiet. Von dort verläuft die Linienführung wieder über Felder bis zum Anschluss des dritten Bauabschnittes, der sich hinter Salbitz befindet. Bei dieser Variante bekommt das Gewerbegebiet einen direkten Zubringer. Der Ortskern von Ostrau ist von der B 169 über die Straße Zur Linde und die Kirchstraße zu erreichen. Die Hammerkreuzung bleibt im bisherigen Bestand erhalten. Insgesamt werden bei dieser Variante sieben Brückenbauwerke und zwei Fledermausüberführungen errichtet.

Bisher favorisierte die Gemeinde den Ausbau im Bestand

Zur Anhörung zum Ausbau der B 169 im Jahr 2009 hatten sich die Räte mehrheitlich für die Variante I ausgesprochen. Damals wurde von einem dreispurigen Ausbau im Bestand ausgegangen. Das Gewerbegebiet sollte über eine Kreuzung in Höhe von Clanzschwitz erreichbar sein. Das kann so nicht umgesetzt werden, weil sich in diesem Bereich die Trinkwasserschutzzone II befindet. Eine Begradigung der Strecke sollte nach Ostrau in Richtung Zschaitz erfolgen.

Wichtig für die Entscheidung für Variante I war damals, dass so wenig wie möglich landwirtschaftlich genutzt Fläche für den Straßenbau verwendet werden sollte. Da die Variante I jedoch nur bestandsnah gebaut wird, also in den wenigsten Bereich entlang der bisherigen Trasse führt, wird es unterm Strich nicht weniger Neuversiegelungen geben als bei Variante III – so die Angaben der Planer.

Viele Kritikpunkte am bestandsnahen Ausbau der Bundesstraße

Das Lasuv bevorzugt im Untersuchungsbericht die Variante I, obwohl sie nach Kostenschätzung 58 Millionen Euro kosten soll. Für die dritte Variante stehen 49 Millionen zu Buche. Größter Nachteil des bestandsnahen Ausbaus ist die einzige Abfahrt nach Ostrau, die noch vor der bisherigen Kreuzung Wutzschwitz/Mügelner Straße liegt. Auch wer ins Gewerbegebiet will, muss diese Abfahrt nutzen. Über die Staatsstraße in Richtung Mügeln kommt er nach Wutzschwitz und fährt von dort aus das Gewerbegebiet an.

Der gesamte Verkehr, der aus den Ortsteilen Noschkowitz, Schrebitz oder Lützschera kommt, und nicht die B 169 nutzt, fährt dann durch Ostrau. „Die Situation an der Kreuzung vor dem Wilden Mann ist bei dieser Verkehrsdichte bedenklich. Das wurde sogar von der Polizei angesprochen“, so Schilling. Weil es in diesem Fall keine Abfahrt in Richtung Jahna mehr geben wird, wird die Oschatzer Straße parallel zur bisherigen B 169 verlängert. Das bedeudet aber auch, dass die Laster des Obst- und Gemüsegroßhandels Cordis diese Straße passieren müssen.

Bürger sehen in keiner Variante eine Lösung

„Ich kann bei allen drei Varianten nur den Kopf schütteln“, sagte Axel Wachs aus Sömnitz. Seit vielen Jahren laufen die Verfahren der Flurneuordnung. Mit den Veränderungen durch den Ausbau der B 169 müssten wieder Flächen neu geordnet werden. Die Finanzierung müsste dann vom Staat übernommen werden. Mario Thomas befürchtet bei der Realisierung von Variante I, dass viel Schwerlastverkehr durch Ostrau fährt, auch wenn dann die Kirchstraße für diesen gesperrt werden soll. „Wenn der landwirtschaftliche Verkehr künftig nicht mehr die B 169 nutzen kann, müssen andere Verkehrswege ausgebaut werden“, so Gottfried Porst.

„Keine der Varianten ist eine Lösung für die Ostrauer Bürger. Jeder steht mit dem Rücken zur Wand. Es ist schade, dass die Gemeinde die festgelegten Linienführungen so kampflos hinnimmt“, sagte Oliver Leipacher aus Niederlützschera. Er verstehe nicht, dass die Straße sogar entlang des Naherholungsgebiet Noschkowitzer Wald führen könnte.

„Die Lage der Straße in der Gemeinde Ostrau hat eine gewisse Brisanz“, so Gerald Wagner. Es sei einen Versuch wert, zu verhandeln. „Was außer Ungemach bekommen wir Ostrauer?“, fragte Wagner. Vor allem die Städte Oschatz und Riesa würden vom Ausbau profitieren, so der Bürger.

Die Unternehmen sollen nicht benachteiligt werden

„Unser Betrieb ist unmittelbar betroffen, wenn die Variante I umgesetzt wird. Dann wird die Straße, die zwischen unserem Kaltlager und unserem Logistikzentrum liegt, zur Hauptverkehrsader“, so Christa Müller, Prokuristin von Haustechnik Pietsch. Dabei seien alle Vorhaben langfristig mit der Gemeinde und dem Landkreis gemeinsam geplant worden.

„Unsere Entscheidung wird so ausfallen, dass sie der Gemeinde förderlich ist. Die Wirtschaft ist unser Rückgrat. Mithilfe ihrer Gewerbesteuern sind Investitionen möglich“, so der Bürgermeister. Auch der Gewerbeverband hatte zu den Varianten beraten und die Dritte hinter dem Gewerbegebiet favorisiert. Das teilte der Chef des Ostrauer Gewerbeverbandes Bernd Sonntag mit. Die sei unter den gegebenen Bedingungen die beste.