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Getrübtes Vergnügen

Die zwei neuen Rutschen im Freitaler Hains sind fertig. Jetzt prüfte der TÜV die Sicherheit. Er muss noch einmal wiederkommen.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Andrea Schawe

Freital. Er hat einen super Job – einen, der Spaß macht, mit ein bisschen Adrenalin und einer Menge Verantwortung. „Es gibt echt Schlimmeres“, sagt Benjamin Steglich schmunzelnd. Er steht klitschnass in Badehosen im neuen Anbau des Freizeitzentrum Hains und notiert seine Eindrücke auf einem Clipboard. Der 30-Jährige ist für den TÜV Thüringen in Freital, um die zwei neuen Rutschen zu testen. Seit sechs Jahren arbeitet Steglich als Sachverständiger, spezialisiert auf Freizeitanlagen, vor allem Rutschen, aber auch Kletterwände. Gerade kam er auf einem Reifen die große Röhrenrutsche runtergerauscht – zum zehnten Mal. Fazit: ganz schön schnell.

Die beiden Rutschen sind die Highlights des rund 3,5 Millionen Euro teuren Anbaus an das Freizeitzentrum. Seit Juli wurden die beiden 130 Meter langen Röhren zusammengebaut. Erst wurden die einzelnen Teile am Boden vormontiert und dann mit einem Kran nach oben gehievt. Jetzt müssen noch Restarbeiten erledigt werden. Die Ampel oben am Rutschturm geht noch nicht und am Auslaufbecken fehlt noch der Überlaufschutz.

Bevor Benjamin Steglich selbst rutschen darf, begutachtet er die Konstruktion von außen. „Ich gehe rum und prüfe, ob alles so gebaut wurde wie im Plan vorgesehen“, sagt er. Er kontrolliert auch, ob es sichtbare Risse gibt und ob die Schrauben stimmen. „Alles war in Ordnung“, sagt er. „Die Jungs haben gute Arbeit geleistet.“ Dann geht es ins Innere der Rutschen. Auf allen Vieren untersucht er jeden Quadratmeter. „Mit Knieschonern“, sagt er. Die Rutschen sind aus insgesamt 120 Teilen zusammengebaut, die verfugt wurden. „Das muss stimmen“, sagt Steglich. Außerdem kontrolliert er, ob es Ausplatzungen gibt. Die Rutschen sind von innen verharzt, damit es möglichst glatt nach unten geht. „Wenn da einer mit Schuhen drüber ist, sieht man das“, sagt Steglich. Er hat die Wasserpumpe ebenfalls kontrolliert. Auch hier: alles in Ordnung.

Schwimmmeister müssen ran

Dann kommt der Härtetest. „Wir müssen das Licht und die Lüftung einstellen“, erklärt Lars Tschirner, der technische Leiter des Hains. „Und die Wassermenge, die über die Rutschen läuft.“ Je weniger Wasser, umso schneller ist die Rutschpartie.

Damit der Test ordentlich verläuft, braucht Benjamin Steglich mehrere Probanden. „Etwa zehn sind super“, sagt er. Am besten in allen Altersklassen und mit unterschiedlicher Statur. Die werden aus dem Personal des Freizeitzentrums rekrutiert. Die Schwimmmeister testen die Rutschen auch mit, „damit sie wissen, wie es drin ist“, sagt Tschirner.

„Mega“, ist Günthers Fazit nach der Reifenrutsche. Der 64-Jährige ist einer der Tester. Er steigt sofort wieder auf den Turm. Nun will er die Doppelröhre ausprobieren. Auf der können immer zwei Besucher um die Wette rutschen. „Die ist sehr schnell“, sagt Günther. Wenn man um die letzte Kurve zischt, ist man so schnell, dass man fast in die andere Spur kommt, erzählt er Benjamin Steglich. „Ja, das dachte ich mir. Das muss umgebaut werden.“ Brutal schnell, ist die Meinung der Tester. Dann knallt es laut. Als Günther im Auslaufbecken auftaucht, ist er benommen und blutet am Kopf. Er ist in der Kurve auf die andere Spur geschleudert worden und hat sich dabei den Kopf gestoßen – nur eine Platzwunde. Der Test wird trotzdem abgebrochen, „zu gefährlich“, sagt Steglich. Unfälle seien aber nicht unüblich. „So etwas passiert. Dafür machen wir ja den Test.“ Besser jetzt, als im vollen Betrieb, sagt auch Jörg Schneider, der Geschäftsführer der Technischen Werke Freital.

Benjamin Steglich kommt noch mal wieder. Bis dahin muss Rutschenbauer Robert Küster die gefährliche Stelle entschärfen. „Wir bauen dort eine Erhöhung ein“, sagt er. Die Rutsche ist einmalig, niemand hat so was schon mal gebaut. Auch im Auslaufbecken der Doppelröhre verlangt Steglich eine Absperrung, um die beiden Spuren zu trennen. „Die Leute kommen sich dort sonst in die Quere“, sagt er. Beim nächsten Mal will er auch noch die Zweier-Reifen genauer unter die Lupe nehmen. „Dass die mit Maximalbelastung funktionieren, bezweifle ich.“