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Gestörte Ruhe am Scheibischen Berg

Seit Monaten sorgen Baumfällarbeiten am Königsbrücker Stadtrand für Ärger. Zu Recht?

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© René Plaul

Annett Kschieschan

Wer Ruhe sucht, geht spazieren. In Königsbrück tut man das gern in Richtung Tiefenthal und Scheibischer Berg. Dort aber sieht es seit Monaten schlecht aus mit Ruhe. Im Gegenteil. Ziemlich viele Spaziergänger kamen in den letzten Wochen eher aufgewühlt zurück vom Rundgang am Königsbrücker Hausberg. Der Grund sind Baumfällarbeiten. Im Auftrag des neuen Eigentümers, des Grafen zu Stolberg-Stolberg, wird am Scheibischen Berg im großen Stil durchforstet.

Schon Anfang des Jahres erregte das, Unmut. Arthur Richter beklagte seinerzeit, dass mit schwerer Technik durch das Erholungsgebiet gearbeitet werde und auch landschaftsprägende, riesige Eichen gefällt wurden (die SZ berichtete). Der Naturfreund betrachtet die Arbeiten noch immer kritisch. Und er ist damit nicht der Einzige. Ein Knackpunkt ist die Tatsache, dass der Scheibische Berg nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel, sondern auch Standort des Mahnmals für die Opfer der beiden Weltkriege ist. „Das Mahnmal hätte niemals an privat verkauft werden dürfen. Das ist auch eine Missachtung der Opfer und deren Angehörigen“, so Arthur Richter. Im Königsbrücker Rathaus kennt man die Kritik, verweist aber auch darauf, dass nicht die Stadt die Fläche an den neuen Eigentümer verkauft habe. Das Areal gehörte der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG), eine Nachfolgeeinrichtung der Treuhandanstalt und Tochter der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben.

Mahnmal muss erreichbar sein

Allerdings sei dem neuen Eigentümer von Anfang an bekannt – und auch im Kaufvertrag festgehalten – gewesen, dass sich auf dem Scheibischen Berg ein Mahnmal befindet, dessen Erreichbarkeit gewährleistet sein müsse, so der Königsbrücker Bürgermeister Heiko Driesnack. Für die Pflege des Mahnmals ist weiterhin die Stadt zuständig. Auch das sei festgeschrieben. Der Bürgermeister weiß, dass das Thema vielen Königsbrückern wichtig ist. „Es ist ohne Frage ein sensibles Thema. Wohl auch, weil jahrzehntelang keine nennenswerten Forstarbeiten am Scheibischen Berg stattgefunden haben. Da wirken die Arbeiten jetzt für manchen brachial“, räumt Heiko Driesnack ein. Vor kurzem hatte er sich mit Anliegern, weiteren interessierten Bürgern und der Revierförsterin an einen Tisch gesetzt. Gespräche habe es auch mit dem Eigentümer und dem Forstunternehmen gegeben. Man nehme die Ängste ernst, wolle vermitteln, Probleme ansprechen.

Forstliche Nutzung ist zulässig

Ein weiterer Vor-Ort-Termin ist geplant. Mehrere offizielle Stellen – von den Naturschutzbehörden im Landratsamt bis zu den Denkmalschützern – wurden in den vergangenen Wochen in Sachen Scheibischer Berg konsultiert. Fakt ist: Rechtlich gibt es offenbar keine Einwände gegen die Durchforstung. Der Scheibische Berg sei Bestandteil des Flora-Fauna-Habitatgebietes (FFH) „Pulsnitz und Haselbachtal“. Eine forstliche Nutzung auf der Grundlage des Waldgesetzes sei auch im FFH-Gebiet zulässig. „Da hauptsächlich eine Durchforstung des Nadelwaldbereiches stattgefunden habe, stehen der Maßnahme naturschutzrechtliche Aspekte nicht entgegen“, hatte das Landratsamt bereits zu Jahresbeginn erklärt.

Auch die Art und Weise der Durchforstung ist demnach gesetzeskonform. Ein Teil der liegengelassenen Äste, die ebenfalls für Kritik gesorgt hatten, soll an sogenannte Kleinwerber – private Holznutzer – abgegeben, die restlichen Stämme abtransportiert werden. Der von der Technik in Mitleidenschaft gezogene Hauptweg zum Mahnmal müsse zudem wieder hergerichtet werden. „Das ist wichtig, auch weil ja im Notfall eine nutzbare Zufahrt da sein muss“, sagt Heiko Driesnack mit Blick auf Gedenkveranstaltungen etwa am Volkstrauertag.

Spazierengehen am Scheibischen Berg – bis das wieder ganz in Ruhe möglich ist, wird wohl noch etwas Zeit vergehen.