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Geschäfte machen dicht

Gleich fünf Läden haben mit dem Jahreswechsel in Bautzen aufgegeben. Die neue Konkurrenz im Kornmarkthaus ist ein Grund – aber nicht der einzige.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Glücklich schaut Peter Fräger nicht drein. „Früchte-Fräger“, der Name war ein Begriff in Bautzen. In dem Geschäft an der Karl-Marx-Straße gab es nicht nur Obst und Gemüse, sondern unter anderem auch Wurstwaren. Peter Fräger hatte viele treue Kunden, und das nun schon seit fast 25 Jahren. Der gebürtige Bautzener, der als Kind nach Bayern übersiedelte, war einer der ersten, der den Bautzenern 1990 die langersehnten Bananen brachte und sie auf dem Kornmarkt verkaufte. Doch nun musste Peter Fräger zum Jahresbeginn sein Geschäft schließen. „Nachdem das Haus einen neuen Besitzer bekam, wurde mein Mietvertrag nicht mehr verlängert“, sagt der 73-Jährige. Das sei der einzige Grund, warum er nicht weitermachen kann.

In der Steinstraße schlossen der russische Laden (l.) und ein Asiamarkt.
In der Steinstraße schlossen der russische Laden (l.) und ein Asiamarkt. © Carmen Schumann
Das Sanitätshaus an der Wendischen Straße zog in den Gewerbepark Wilthener Straße.
Das Sanitätshaus an der Wendischen Straße zog in den Gewerbepark Wilthener Straße. © Carmen Schumann
Der Getränkehandel Bukowski an der Tuchmacherstraße musste dicht machen.
Der Getränkehandel Bukowski an der Tuchmacherstraße musste dicht machen. © Carmen Schumann

Dass sich ein Edeka-Markt im neuen Kornmarkthaus angesiedelt hat, wäre für ihn kein Hinderungsgrund gewesen. „Ich hatte meinen Umsatz trotz Edeka“, sagt er. Doch der neue Hausbesitzer wolle keinen Lebensmittelladen mehr in den Gewerberäumen, unter anderem deshalb, weil die Kühlaggregate im Keller zu viele Geräusche machen.

Brigitte Bukowski dagegen hat noch rechtzeitig die Reißleine gezogen. Mit ihrem Getränkehandel war sie seit 1991 an der Tuchmacherstraße ansässig. „Ich hätte gerne noch im Jahr 2016 mein 25. Jubiläum gefeiert“, sagt die 64-Jährige. Denn sie habe sehr an ihrem Laden und ihren Kunden gehangen. Und in die reguläre Rente gehen könne sie erst in fünf Monaten. Aber die Konkurrenz von Edeka sei einfach zu übermächtig geworden. Die Kunden seien seit der Eröffnung des Kornmarkthauses spürbar weggeblieben. Deshalb habe sie den Laden zum Jahresanfang schweren Herzens aufgegeben.

Ebenfalls geschlossen sind seit dem Beginn des neuen Jahres zwei Geschäfte im oberen Bereich der Steinstraße. Alexander Gelbling hatte im Haus Nummer 1 im Frühjahr 2013 einen russischen Spezialitätenladen namens St. Petersburg eröffnet. Und obwohl das Geschäft sich durch seine speziellen Angebote von Pelmeni über Wodka bis hin zu russischen Matrjoschkas deutlich von der Konkurrenz abhob, war auch ihm kein Erfolg beschieden. Für die Angabe von Gründen war der Geschäftsinhaber nicht mehr zu erreichen, denn auch sein zweites Geschäft neben dem Norma-Markt an der Muskauer Straße ist schon seit längerer Zeit geschlossen.

Der benachbarte Asia-Markt an der Steinstraße 5 ist ebenfalls seit Jahresbeginn geschlossen. Inhaber Duong Thi Kim Thanh verkauft aber das gesamte Sortiment an Textilien und Geschenkartikeln seit dem 5. Januar weiter in seinem zweiten Laden an der Kornmarkt-Passage/Karl-Marx-Straße. Überraschend schloss auch das Sanitätshaus an der Wendischen Straße 5. Dort wurde Orthopädietechnik, Schuhreparatur und Fußpflege angeboten. Die Patienten der Fußpflege finden aber ihre Ansprechpartner weiterhin in den Räumlichkeiten des Rehabilitationssportvereins Ostsachsen im Gewerbepark an der Wilthener Straße 32.

Henrik Truhel, Sprecher des Innenstadtvereins, sieht diese Entwicklungen mit gemischten Gefühlen. „Wir hoffen, dass der Leerstand in der Innenstadt durch die Ansiedlung von Geschäften aus den Randbereichen behoben werden kann“, sagt er. Die innerstädtischen Straßen seien hochattraktiv, die Innenstadt habe Anziehungskraft. Dies bewiesen ihm Anfragen von Händlern aus Nachbarstädten, die sich durchaus in Bautzen ansiedeln wollen.

„Wir arbeiten auf das Engste mit dem Bautzener Wirtschaftsförderer Alexander Scharfenberg zusammen, der auch Vorstandsmitglied im Innenstadtverein ist“, sagt Henrik Truhel. Der Innenstadthandel könne nur vorangebracht werden, wenn die Händler den Kunden ein hohes Qualitätsniveau bieten. Ein Schritt dahin sei die Zertifizierung durch die Initiative Servicequalität, der sich bereits zehn Teilnehmer unterzogen haben und für die weitere zehn gewonnen werden sollen. Auf allen Branchen, die vom Online-Handel tangiert werden, laste ein hoher Veränderungsdruck. „Wir müssen dahin kommen, dass die ›Kunden sich im Internet informieren und im Einzelhandel kaufen, nicht umgekehrt“, sagt Henrik Truhel.