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Gerangel am Wühltisch

Über 400 werdende Mütter haben die Kindersachenbörse in Löbaus Messehalle besucht. Das neue Konzept ging auf.

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© Matthias Weber

Von Constanze Junghanss

Steht Löbau ein Babyboom bevor? Auf dem Messegelände hat das am Wochenende zumindest so ausgesehen. Und so weit hergeholt scheint die Frage auf den ersten Blick nicht: Immerhin liegt ganz Sachsen mit der Geburtenrate im bundesweiten Vergleich mit 1,57 Geburten je Frau an der Spitze. Das stellte das Statistische Landesamt im Jahr 2015 fest. Laut Löbauer Melderegister kamen in diesem Zeitraum 134 Babys in der Stadt zur Welt. Das ist ein kleines Plus von acht Geburten gegenüber dem Vorjahr.

Und nun trafen sich am Freitag mehr als 400 schwangere Frauen in der Löbauer Messehalle. Allerdings nicht zum Geburtskurs oder Erfahrungsaustausch. Sondern zur Schnäppchenjagd. Nicht alle von ihnen kamen dabei aus Löbau. Besucher aus Zittau, Reichenbach, Görlitz, Niesky und anderen Orten reisten ebenfalls an. Die Baby- und Kindersachenbörse stieß auf riesige Zustimmung. Dass sich am Freitag ausgerechnet diejenigen einfanden, die auf Nachwuchs warten, hat seinen Grund. Jana Hinke, Mitorganisatorin der Kindersachenbörse erklärt: „Wir stellten fest, dass Schwangere, aber auch behinderte Menschen bei solchen Börsen meistens benachteiligt sind.“ Anstehen in langen Schlangen und dichtes Gedränge sind dabei meist üblich. Für Schwangere oder Menschen mit Handicap kann das zur körperlichen Belastung werden. Die 33-jährige Mitorganisatorin sagt, dass genau das für die Zielgruppe vermieden werden sollte. „Ich denke, wir setzen damit sogar einen Trend für andere Börsen im Landkreis“, so Frau Hinke.

In Löbaus Messehalle konnte in diesem Jahr an zwei Tagen auf Schnäppchenjagd gegangen werden: am Freitag und Sonnabend. Organisiert wird das Ganze von Eltern für Eltern. 80 ehrenamtliche Helfer machten mit. Der Löbauer Verkauf von Spielzeug, Klamotten, Schuhen, Büchern, Bettwäsche und Kinderwagen aus zweiter Hand ist der größte seiner Art in der Oberlausitz. Die Organisatoren werben damit – und die Besucherzahlen geben ihnen recht: Rund 500 Besucher plus je eine Begleitperson für behinderte Menschen kamen zum ersten Verkaufstag am Freitag in die Messehalle. Weit mehr als 1 000 Eltern, Großeltern und Kinder waren es am Sonnabend, die sich die Tüten vollpackten und stöberten. Mehrere zehntausend Produkte standen zur Auswahl. Zum Beispiel Bekleidung, sortiert nach Größen auf großen Wühltischen. Aber auch gut erhaltene Kinderwagen, Lampen und Teppiche für das Kinderzimmer waren im Angebot. Der Besuch der Baby- und Kindersachenbörse ist bei vielen Familien in der Region fest eingeplant. Ihr Hauptargument: Geld sparen. Denn Kinder wachsen schnell und die meisten Sachen auf den Verkaufstischen der Börse sind oftmals noch bestens für eine zweite oder sogar dritte Runde Tragen geeignet.

Dass die angebotenen Sachen schon einmal von Fremden getragen wurden, macht Doreen Schwammkessel nichts aus. Sie erwartet im April ihr Baby. Bodys für den künftigen Nachwuchs, Shirts und Pullis hat die junge Frau in einen Kinderwagen gepackt, den sie ebenfalls mitnimmt. „Hier ist alles preislich bedeutend günstiger als beim Neukauf. Und die Sachen sind doch noch lange nicht abgetragen“, begründet die Malschwitzerin. Dass die Organisatoren der Elterninitiative für sie und alle anderen Schwangeren die Extra-Stöberrunde am Freitag einrichteten, sei wunderbar. Das findet auch Janet Weber, die seit ihrer Geburt körperlich gehandicapt ist. Mit ihren Gehhilfen wäre am Sonnabend im dichten Besuchergedränge kein so gutes Durchkommen möglich gewesen. „So habe ich Platz und wir schauen ganz in Ruhe, was es Schönes für die Kinder gibt“, sagt sie.

Am Ende des Verkaufswochenendes zieht Mitorganisatorin Jana Hinke ein positives Fazit. Etwa 80 Prozent der angebotenen Spielsachen seien verkauft worden, schätzt sie ein. Ungefähr 80 Prozent sind es auch, die vom Erlös bei den Verkäufern hängenbleiben. Mit dem übrigen Teil werden die Unkosten für die Organisation und Durchführung der Börse beglichen. Aber auch für einen guten Zweck gespendet. Über eine Finanzspritze können sich Schulen und Kindergärten, die Schwangerenberatungsstelle der Diakonie und andere soziale Träger freuen. Wer das in diesem Jahr sein wird, entscheidet die Elterninitiative nach der Auswertung der Einnahmen in wenigen Tagen. Fest steht bereits jetzt: Es gibt im Herbst in der Messehalle eine weitere Auflage der Kindersachenbörse.