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Gemeinden behandeln ihre Bäche stiefmütterlich

Kommunen sind für Gewässer zweiter Ordnung zuständig. Um sie intakt zu halten, wird jedoch kaum investiert.

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© André Schulze

Von Frank-Uwe Michel

Kodersdorf. Kodersdorf will bis 2019 satte 100 000 Euro in die Zukunft des Wiesaer Wassers investieren – eines kleinen Baches, der regelmäßig nach Starkregenfällen Probleme mit der Wasserableitung macht. Deshalb will man herausbekommen, wo Abflusshindernisse bestehen und wie es um die hydraulische Leistungsfähigkeit des Gewässerprofils bestellt ist. Ziel ist die Entwicklung einer Prioritätenliste mit Baumaßnahmen, deren Umsetzung die Hochwassersituation am Wiesaer Wasser nachhaltig verbessert.

Gewässerpflege nach Kassenlage

Der Ort an der B 115 ist im Landkreis Görlitz jedoch einer von wenigen Einzelfällen. „Obwohl die Kommunen für die Unterhaltung von Gewässern zweiter Ordnung auf ihrem Territorium verantwortlich sind, passiert zu wenig“, bemängelt Alexander Illig. „Je nach Kassenlage sind in den kommunalen Haushalten zwischen 30 000 und 50 000 Euro für diese Belange eingeplant. Meist wird erst dann etwas unternommen, wenn es zu Schadensfällen gekommen ist, sich Anwohner oder Agrarbetriebe beschweren oder die Behörde drängelt“, weiß der Sachbearbeiter für Oberflächengewässer und Hochwasserschutz bei der Unteren Wasserbehörde des Umweltamtes.

Doch fast jeder Ort im Landkreis ist davon betroffen, denn nur Mandau, Neiße, Landwasser, Weißer und Schwarzer Schöps, Spree, Löbauer Wasser und Pließnitz zählen zu den Gewässern erster Ordnung und werden damit im Auftrag des Freistaates von der Landestalsperrenverwaltung gepflegt. Alles, was kleiner ist, zählt zu den Gewässern zweiter Ordnung und fällt in den Kompetenzbereich der jeweiligen Kommune. „Das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und das sächsische Wasserrecht beschreiben, was in der Gewässerunterhaltung zu leisten ist“, erläutert der Fachmann aus dem Landratsamt. Dabei gehe es hauptsächlich um einen funktionierenden Abfluss, um das Freihalten der Randstreifen, um die Gewährleistung der Durchgängigkeit, aber auch das Herstellen eines möglichst naturnahen Zustandes. „Denn nur bei natürlichen oder renaturierten Bereichen ist die Gewässerunterhaltung kaum noch nötig“, so Illig.

Nach seiner Erfahrung haben sich in der Vergangenheit nur äußerst wenige Kommunen in diese Richtung bewegt. „Es gab immer wieder Ansätze, konzeptionell etwas auf den Weg zu bringen. Aber ich denke, es war fast nur Görlitz, das sich regelmäßig mit bestimmten Projekten beschäftigt hat“, bedauert der Fachmann. Sporadisch hätten auch Boxberg, Waldhufen, Kottmar, Neugersdorf, Olbersdorf und Seifhennersdorf etwas getan. „Es wäre aber wichtig, diesen Prozess in Zukunft geordnet und vor allem kontinuierlich zu gestalten.“

Förderung für Managementplan

Da es für die Gewässerunterhaltung im Gegensatz zu Hochwasserschutzmaßnahmen keine Fördergelder gibt, empfiehlt der Experte den Kommunen, sich sogenannte Hochwasserrisikomanagementpläne zuzulegen, die sich auf bestimmte Gewässer konzentrieren. Als besonders sinnvoll sieht er das für solche Wasserläufe, die immer wieder Probleme machen – zum Beispiel für den Leutersdorfer Bach, das Spitzkunnersdorfer Wasser, den Goldbach in Olbersdorf und das Wiesaer Wasser. Die Ausarbeitung eines solchen Papiers kostet zwischen 50 000 und 100 000 Euro, wird jedoch vom Freistaat mit 75 Prozent gefördert. Die gleiche Förderhöhe gibt es für die daraus resultierenden Einzelprojekte. Für Einzelmaßnahmen zur Aufwertung der Ökologie in einem Gewässer – unter anderem den Umbau eines Wehrs zu einer Rampe oder die Renaturierung bestimmter Streckenabschnitte – winken sogar 90 Prozent Förderung. Auch der möglicherweise dazu notwendige Flächenerwerb wird bezuschusst. Als positive Beispiele nennt Illig bereits umgesetzte Vorhaben am Königshainer und Buchholzer Wasser, am Welchgraben in Rothenburg und am Weigersdorfer Fließ. Problematisch bleibt jedoch der finanzielle Part der jeweiligen Gemeinde. Die Einführung einer Umlage zur Gewässerunterhaltung, die alle Einwohner oder nur Anlieger, Hinterleger und Einleiter berappen müssen, sieht er als eine Variante an. Möglich sei auch das Umlegen auf die Quadratmeter des betreffenden Grundstücks in der Grundsteuer, so Illig. Sinnvoll sei zudem die Gründung von Zweckverbänden für den Gewässerunterhalt. Dies müssten die beteiligten Kommunen jedoch auf eigene Kosten tun, denn die noch 2014 vorgesehene Anschubfinanzierung hat der Freistaat in einer aktuell vorliegenden Richtlinie gestrichen.