Merken

Geldstrafen für Platzhirsche

Das Lessing-Gymnasium hatte die rechtsextreme JN wegen der Platzhirschkampagne an der Schule angezeigt. Nicht alle Beteiligten zahlten.

Teilen
Folgen

Von Jens Hoyer

Döbeln. Vor knapp zwei Jahren gab es eine große Polizeiaktion, bei der mehrere Wohnungen in Sachsen durchsucht wurden, unter anderem die des Döbelner NPD-Stadtrates Stefan Trautmann. Die Polizei sicherte damals Beweise wegen einer Aktion der Jungen Nationaldemokraten. Die Jugendorganisation der NPD war im Juli 2014 mit ihrer sogenannten Platzhirschkampagne durch Sachsen gezogen. Unter anderem verteilten die rechten Aktivisten an der Döbelner Berufsschule und am Lessing-Gymnasium ihre Zeitungen. Die Aktion, die als Kampagne gegen Drogenmissbrauch deklariert war, hatte für viele der Beteiligten ein juristisches Nachspiel. Zweieinhalb Jahre danach ist es am Mittwoch im Döbelner Amtsgericht zum vermutlichen Abschluss der juristischen Aufarbeitung gekommen.

Auf der Anklagebank hatte Alexander Kurth Platz genommen. Der 37 Jahre alte ehemalige NPD-Aktivist aus Leipzig ist heute Landesvorsitzender der Partei „Die Rechte“. Mit Gerichten kennt Kurth sich aus. Er hat zwölf Vorstrafen und war 2003 wegen eines Raubüberfalls auf die Mitglieder der Band „Die Prinzen“ Sebastian Krumbiegel und Ali Zieme zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Neben ihm saß eine 28 Jahre alte Döbelnerin, die mit nur einer Vorstrafe wegen Diebstahls ein vergleichsweise kleines Licht ist. Die meisten der Beteiligten, unter anderem der Döbelner NPD-Stadtrat Stefan Trautmann, hatten die Strafbefehle der Staatsanwaltschaft akzeptiert. Nur Kurth und die Döbelnerin legten Widerspruch ein, sodass vor Gericht verhandelt werden musste. Kurth gab an, die hohe Geldstrafe nicht zahlen zu können.

Staatsanwalt Thomas Hinke klagte die beiden wegen gemeinschaftlichen Hausfriedensbruchs an. Der Schulleiter des Lessing-Gymnasiums Michael Höhme und sein Kollege am Beruflichen Schulzentrum in Plauen hatten damals Anzeige gegen die Gruppe erstattet. Politische Aktivitäten sind an Schulen nicht erlaubt. Vor Gericht konnte sich Kurth an nichts erinnern. Seitdem habe es zu viele Aktionen gegeben, sagte er. Seine Mitangeklagte gab an, gar nicht in der Schule gewesen zu sein, sondern auf dem Gehweg davor die Zeitungen verteilt zu haben.

Ein Schüler des Gymnasiums, der als Zeuge auftrat, glaubt, auch die Angeklagte im Schulhaus gesehen zu haben. Der „Platzhirsch“ – ein JN-Aktivist im Hirschkostüm – war damals im sogenannten naturwissenschaftlichen Gebäude unterwegs. Die Schüler hatten den Schulleiter über die Aktion informiert.

Insgesamt war die Beweislage sehr dünn, dass die beiden Angeklagten die Schulgelände in Döbeln und Plauen betreten hatten. Aber darauf kam es nicht an, wie Richter Janko Ehrlich sagte. „Sie sind als Gruppe hingegangen. Da reicht es, wenn nur ein Teil der Leute oder einer auf dem Gelände war.“ Alexander Kurth muss 40 Tagessätze zu zehn Euro, also 400 Euro zahlen. Er sagte, dass er lieber in Haft gehe oder gemeinnützige Arbeit leiste. „Ich habe kein Interesse, dem System Geld zukommen zu lassen“, so der arbeitslose Beikoch, der von Hartz IV und dem Einkommen seiner Frau lebt. Die Mitangeklagte soll, weil finanziell etwas besser gestellt, 40 Tagessätze zu 25 Euro zahlen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.