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Geldstrafe nach Facebook-Hetze

Linken-Stadtrat Michael Richter wurde im Internet als „Blutschänder“ beleidigt. Ein Freitaler soll deshalb nun 750 Euro zahlen.

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© Egbert Kamprath

Von Andrea Schawe

Freital. Wem gehört das Facebook-Profil, auf dem Linken-Stadtrat Michael Richter beleidigt wurde? Er sei ein „Blutschänder“, „Abschaum für Freital“ und eine „elende Ratte“, hieß es dort in einem Beitrag vom Mai 2015. Nach den Ermittlungen der Polizei soll der Freitaler Ronny T. den Beitrag auf dem Profil im sozialen Netzwerk geschrieben haben. Weil der 48-Jährige dem Strafbefehl über 400 Euro wegen Beleidigung widerspricht, wurde nun vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde verhandelt.

Um zu klären, wem das Profil gehört, sagte der Polizist als Zeuge aus, der in dem Fall ermittelt hat. Die IP-Adresse, mit der der Internetzugang identifiziert werden kann, sei nicht gesichert worden. Allerdings deuten andere Details darauf hin, dass das Profil Ronny T. gehört – obwohl es nicht unter dem Klarnamen des Angeklagten läuft. „In der URL ist der Familienname verzeichnet“, sagt der Beamte. Die Web-Adresse des Profils erstelle Facebook immer über die erste Anmeldung. Der Pfad bleibt auch gleich, wenn das Profil geändert wird – in diesem Fall ist der Name aktuell der des Angeklagten rückwärts buchstabiert. Außerdem seien unter der Rubrik „Familie“ zwei Frauen als Töchter angegeben, die ebenfalls den Familiennamen von Ronny T. tragen, das Geburtsdatum und der Wohnort stimmen auch überein.

Diese Angaben waren bis zum ersten Verhandlungstag vor einer Woche auch noch öffentlich sichtbar. Dann wurden die Einstellungen des Profils auf privat geändert. „Während wir hier saßen, wurde das geändert“, versucht es Verteidiger Jens Lorek. Der Dresdner Rechtsanwalt trat in Freital mehrmals als Versammlungsleiter von asylkritischen Demonstrationen auf, an denen auch der Angeklagte teilnahm. „Da muss ich widersprechen“, sagt die Staatsanwältin. „Das wurde erst nach der Verhandlung gemacht.“ Eine Kollegin habe nach dem Gerichtstermin noch Screenshots des Profils angefertigt.

Für Richter steht die Beleidigung fest

Für Jens Lorek ist die Sache trotzdem klar. „Stellen Sie sich eine Wandzeitung vor, an die einer einen Zettel hängt, auf dem steht: XY ist doof“, sagt Ronny T.s Verteidiger. „Strafbar wäre es, den Zettel dranzuhängen, aber nicht, die Wandzeitung zu besitzen.“ Wer das war, lasse sich aber nur herausfinden, wenn die IP-Adresse gesichert und seinem Mandanten zugeordnet wurde. Das sei nicht der Fall. Er forderte Freispruch.

„Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Profil nicht vom Angeklagten erstellt wurde“, sagt Richter Christian Mansch. Es liege deswegen nahe, dass er auch die Einträge erstellt hat. Auf dem Profil seien Schreiben der Staatsanwaltschaft zu sehen gewesen, die an Ronny T. adressiert waren. Der hatte Michael Richter im Mai 2015 selbst wegen Beleidigung angezeigt. „Warum sollte jemand anders das reinstellen?“, sagt der Richter. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass jemand anderes darauf Zugriff hatte.

Er verurteilte Ronny T. zu einer Geldstrafe von 750 Euro. „Es muss keiner hinnehmen, als Blutschänder oder Abschaum bezeichnet zu werden“, sagt Mansch. Auch wenn die Äußerung auf einen Spruch vom damaligen Oberbürgermeisterkandidaten Michael Richter zurückgehe, sei es nicht nur eine Meinung, sondern strafrechtlich relevant. „Elende Ratte in Verbindung mit einem Bild ist eine Beleidigung.“ Jens Lorek kündigte an, in Berufung zu gehen.