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Gekommen, um zu lernen

Das Asylbewerberheim in Häslich ist voll. Das Bündnis „Haselbachtal hilft“ unterstützt die Integration.

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© Kristin Richter

Ina Förster

Häslich. Saana aus Damaskus schaut mit großen Augen auf Pfarrer Raik Fourestier. Dieser hat ihr mit einem imaginären Papp-Mikrofon die Frage gestellt, woher sie kommt. „Aus Syria“, antwortet sie. „Auf Deutsch heißt dein Land Syrien“, sagt Adelheid Liefke. Die 68-Jährige aus Möhrsdorf unterrichtet heute ebenso wie der Pfarrer im Asylbewerberheim Häslich Deutsch. Jede Woche kommen die beiden mit Kinderbüchern, Karten, Schreibzeug und einer Behelfstafel her. Drei Tage sichern sie gemeinsam mit vier anderen Ehrenamtlichen ab. Und haben es sich zum Ziel gesetzt, zu helfen. Das Bündnis, welchem sie angehören, trägt dies im Namen: Haselbachtal hilft!

Anfang August füllte sich das lange umstrittene Heim am Ortsausgang von Häslich. Umstritten war es vor allem auch durch augenscheinliche Baumängel und das Verhalten des Vermieters. Eine Protestbewegung läuft noch immer vierzehntägig am Haus vorbei. Die Reihen haben sich aber deutlich gelichtet. Im Asylheim in Häslich sind 31 Menschen untergebracht, davon 14 Kinder. Sie werden rund um die Uhr von Mitarbeitern der Kamenzer Bildungsgesellschaft im Auftrag des Landkreises betreut. Drei Frauen aus Eritrea sind als Flüchtlinge mit Asylstatus anerkannt.

Etwas ganz Normales

Für Adelheid Liefke und Pfarrer Raik Fourestier war es von Anfang an selbstverständlich, zu helfen. „Wir sagen auch nicht Asylbewerberheim dazu. Wir gehen in die ’alte Schule’“, betont die rüstige Rentnerin. Wenn sie nicht gerade daheim ist, reist sie durch die ganze Welt, fotografiert, hält Vorträge darüber. Berührungsängste mit fremden Kulturen hat sie nicht. Und sie ist wort- und sprachgewandt. „Das ist hier trotzdem keine große Sache für uns. Eher etwas ganz Normales“, sagt sie bescheiden. Keiner der Helfer wolle damit im Mittelpunkt stehen.

Das spüren auch die Asylbewerber. Saana wiederholt das Wort „Syrien“. Den Namen ihrer Heimat. Er klingt hier in diesem Haus in Häslich irgendwie fremd. Die Mutter zweier Kinder ist eine moderne Frau. Auch, wenn sie ein Kopftuch trägt. Deutsch zu lernen, findet sie wichtig. Ist mit Feuereifer jede Stunde dabei. Saugt das Wissen förmlich auf. Ihre beiden Mäuse sind derweil im Bischheimer Kindergarten. Diese Integration tut ihnen gut, hier bekommen sie Anschluss. Alle seien nett. Von Anfeindungen bekommen die Heimbewohner nicht viel mit. Albaner, Libanesen, Iraker, Eritreer gemeinsam unter einem Dach. „Im Heim selbst ist es ruhig und harmonisch“, bestätigt eine Mitarbeiterin. Während der Deutschunterricht läuft – und mittlerweile füllt sich der kleine Aufenthaltsraum beachtlich– wird nebenan gekocht. Eine irakische Mutter schält Kartoffeln. Drei kleine Kinder drängen sich sie. Schauen mit großen Augen zu, was hier passiert. Später spielen sie Fange und lachen laut. Was Kinder eben so tun.

Bledar freut sich

Auch Bledar aus Albanien sitzt mit am Schultisch und schreibt eifrig einen kleinen Test. Er spricht schon sehr gut Deutsch. Ist immer als Erster fertig mit den Aufgaben. Englisch hatte er in der Schule gehabt. Auch wenn der 14-Jährige keine Zukunft hat in Deutschland und mit Sicherheit zusammen mit seiner Familie zurückgeschickt wird: Die Wochen in Häslich helfen ihm. Nicht nur in der Sprache. „Du bist gut. Mache weiter mit dem Lernen daheim“, sagt Adelheid Liefke und legt ihm die Hand auf die Schulter. Bledar freut sich.

Mittlerweile haben sich alle vorgestellt. Adelheid Liefke heißt hier übrigens „Dora“. Ihr richtiger Name hat im Arabischen einen männlichen Stamm. So wurde ihr Zweitname bemüht. Pfarrer Raik Fourestier reicht das Papp-Mikro weiter. Er hilft auch bei der Aussprache. Ruhig und gelassen baut er Worte zu Sätzen. Jetzt wird anhand einer Wanderkarte erklärt, wie groß das Haselbachtal ist. „Da geht ihr einkaufen, hier ist der Kindergarten!“ Auch das gehört dazu, anzukommen. Die drei anerkannten Eritrearinnen sind voll dabei. Ihr nächster Schritt ist es, sich ein Leben in Deutschland aufzubauen. Eine davon, Maria, möchte in Gersdorf bleiben. Die Gemeinde hilft ihr gerade, sich häuslich niederzulassen. Die Frauen wollen zum Abschied Danke sagen. Nächste Woche kochen sie für ihre Helfer, die fast zu Freunden geworden sind.