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Geisterjäger auf dem Schloss

Mit Hightech suchen die Ghosthunters in Schönfeld nach merkwürdigen Erscheinungen. Ein Selfie spielt da eine Rolle.

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© Anne Hübschmann

Von Manfred Müller

Schönfeld. Claudi und Peps haben im Turmzimmer des Kleinen Schlosses die Utensilien für einen Bewegungs-Test aufgebaut: ein Kruzifix, ein altes Buch, eine Petrischale, zwei Metallkugeln, einen Spielzeug-Schaukelstuhl und ein Matchbox-Auto. Wozu die Spielgeräte? Ganz einfach: Manchmal gehen in solchen Gemäuern auch die Geister von verstorbenen Kindern um. Und die sind auch nach Hunderten von Jahren noch verspielt. Die Versuchsanordnung wird mit Video- und Fotokamera akribisch dokumentiert. Hat nach ein paar Stunden eins der Artefakte seine Lage verändert, war höchstwahrscheinlich ein Geist zugange. Da die Szenerie mit Wärmebildsensoren überwacht wird, kann sich keine der Seelen unbemerkt an den Sachen zu schaffen machen. Nun ziehen sich die Ghosthunters erst einmal zurück zu einem Sit-in, zur inneren Einkehr. Sie wollen sich sensibilisieren für die Atmosphäre der Räume. Das geschieht natürlich im Dunklen.

Sie betreiben es mit großem Ernst

Claudi, Peps, Micha, Franz und Andy sind im Nebenberuf Geisterjäger, und sie betreiben ihr Handwerk mit großem Ernst. „Eigentlich geht es eher ums Erkunden, wir jagen sie ja nicht“, präzisiert Micha Böhm, der im normalen Leben als Industriemechaniker arbeitet. „Ghosthunters Explorer Team“ steht deshalb folgerichtig auf ihren Jacken-Stickern. Alle fünf leben am Bodensee in der Gegend von Konstanz, sind in den Dreißigern und Vierzigern und haben Familie. Wie man zum Geisterjäger wird?

„Vor sechs Jahren kam meine Schwester ganz aufgelöst zu mir“, erzählt Micha. „Sie hatte ein Selfie-Foto gemacht, und mit dem Schatten im Hintergrund stimmte etwas nicht. Es war eindeutig der Schatten eines Mannes.“ Solchen Dingen wollen die Ghosthunters auf den Grund gehen - im alten Schlössern und Burgen, aber auch in privaten Wohnungen. Sie haben sich dafür ein Hightech-Equipment zusammengestellt, mit hochgerüsteten Kameras, Temperatursensoren, Scheinwerfern sogar einem Ghost-Laser. Wenn ein Geist im Raum ist, fällt nach ihrer Erfahrung die Temperatur um mehrere Grad ab - das lässt sich messen. Oder die Ferropulver-Emulsion in der abgedeckten Petrischale beginnt sich zu bewegen. Manchmal stößt der Geist auch etwas um oder rollt eine fluoreszierende Glaskugel.

In Schönfeld wäre der kopflose Mönch so ein Kandidat. Es geht die Sage von zwei Brüdern, die von einem Priester gegeneinander aufgehetzt wurden. Einer von ihnen ließ den gar nicht so frommen Mann daraufhin erschlagen. Seitdem soll sich der Geist des Beichtvaters nachts unter den Schlossfenstern herumtreiben. Im Inneren wandelt eher die schwarz verschleierte Frau umher, die nach ihrem eingemauerten Kind sucht. Letzteres hört man manchmal in den Kellergewölben herzzerreißend schreien. Hin und wieder fallen auf Schloss Schönfeld auch Bilder von den Wänden. Das ist ein Zeichen, dass bald ein Angehöriger der Bewohner sterben wird. „Ein bisschen unheimlich ist das schon“, sagt Schlosspächter Thomas Krause. „Nachts beginnt es an allen Enden zu knarren und zu knacken - schlafen könnte ich hier nicht.“

Spiegel TV war mit vor Ort

Es waren vor allem die schaurigen Sagen, die die Ghosthunters auf Schönfeld aufmerksam machten. Befeuert wurde ihr Interesse von den Überlieferungen des Schlossherren Otto von Erdmannsdorf, der im 19. Jahrhundert sowohl ein Gerippe ohne Kopf als auch ein eingemauertes Kinderskelett ausgegraben haben will. Deshalb spricht Andy im Dunkel des Kleinen Schlosses die sagenhaften Gestalten direkt an. Wenn der Mönchsgeist im Raum sei, solle er doch bitte das Kruzifix vom Treppengeländer herunterstoßen, sagt er. Der Geist tut ihm den Gefallen allerdings nicht. So offensichtlich will er sich denn doch nicht zeigen. „Aber gestern im Keller habe ich ganz leise das Wimmern eines Kindes gehört“, sagt Peps. „Und Schritte, die knirschten, als ob jemand auf Kies läuft.“

Peps ist die akustische Expertin im Team. Wer, wenn nicht sie sollte dem Geist des eingemauerten Babys auf die Spur kommen? Trotzdem müssen alle Beteiligten warten, bis die Ghosthunters ihr komplettes Film- und Tonmaterial ausgewertet haben. Das dauert meist ein paar Wochen, und in den Geisterbericht wird nur aufgenommen, was mehrere Teammitglieder eindeutig als paranormale Erscheinung identifiziert haben.

Vielleicht gibt es bald auch ein paar unabhängige Sequenzen, denn am Freitagabend ist ein Filmteam von Spiegel TV den Geisterjägern durchs Schönfelder Schloss gefolgt. Die Sendung soll an einem der nächsten Sonntage ausgestrahlt werden. Huscht dann ein kopfloser Schatten durchs Bild, werden alle Gewissheit haben. Vielleicht wartet auf das Schönfelder Traumschloss ja noch eine Karriere als Spukschloss. Dann könnte der rührige Förderverein sein Kulturprogramm mit mitternächtlichen Geisterführungen bei Kerzenschein bereichern.