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Geier ohne Eier

Wegen der Stallpflicht fehlt es an Nachwuchs im Görlitzer Tierpark. Chef Sven Hammer plädiert für Lockerungen.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Matthias Klaus

Görlitz. Für die aktuelle Situation der gefiederten Tierparkbewohner hat Sven Hammer nur ein Wort übrig: „Schlecht.“ Je länger die Stallpflicht wegen der Vogelgrippe dauert, umso mehr sei das Wohl der Vögel beeinträchtigt, sagt der Direktor des Görlitzer Zoos. Seit vergangenem November sitzen die Tiere im wahrsten Sinne des Wortes hinter Gittern oder sogar hinter Glasscheiben. Etwa 200 Vögel sind betroffen. Zwei Tage dauerte es, bis die Tierparkmitarbeiter alle gefiederten Bewohner unter Dach und fach hatten. Schon zu Beginn machten die Kraniche nach dem Umzug in die geschlossenen Räumlichkeiten Probleme. Sie verweigerten vorübergehend das Futter.

Inzwischen, sagt Tierparkchef, Sven Hammer, mache sich der andauernde Stress vor allem bei den größeren Tieren wie den Störchen und den Gänsegeiern bemerkbar. Das Problem: Sie können die Flügel nicht richtig ausbreiten und fliegen. „Die Tiere müssen nur am Boden stehen bleiben. Das ist nicht gut auf Dauer“, sagt Sven Hammer. Die Stallpflicht sorgt so auch dafür, dass es keinen Geier-Nachwuchs geben wird. Sven Hammer ärgert das. „Gerade bei diesen seltenen Tieren.“ Todesfälle wegen des Dauer-Eingesperrtseins wie in anderen Einrichtungen habe es aber in Görlitz noch nicht gegeben. „Wir haben den Umzug ganz gut hinbekommen. Aber nun sollte es auch ein Ende haben“, sagt der Tierparkchef.

Wann die Stallpflicht aufgehoben wird, steht allerdings in den Sternen. Erst vergangene Woche hatte der Landkreis weitere Beobachtungsgebiete wegen der Vogelgrippe festgelegt. So war in einem Nutzgeflügelbestand bei Tylice in Polen, südlich von Zgorzelec, der gefährliche Virus H5N8 nachgewiesen worden. Dies hat auch Auswirkungen auf das Gebiet diesseits der Neiße. Seit Dienstag vergangener Woche gilt eine neue Restriktionszone. Die befindet sich im bis dahin schon bestehenden „Wildgeflügelpest-Beobachtungsgebiet“ Görlitzer Umland. Nun dürfen hier beispielsweise weder Eier noch Geflügelfleisch verkauft werden.

Und die Vogelgrippe ist offensichtlich weiter auf dem Vormarsch. Beobachtungsgebiet sind nun auch der Berzdorfer See und Tauchritz, Hagenwerder, Deutsch-Ossig Schönau-Berzdorf, Klein Neundorf und Jauernick-Buschbach. Im Süden des Landkreises wurde der Sperrbezirk Oderwitz eingerichtet. Das Beobachtungsgebiet „Oderwitz Umland“ umschließt westlich Ebersbach-Neugersdorf und Seifhennersdorf, erstreckt sich südlich bis an die tschechische und östlich bis an die polnische Grenze. Zudem bleibt er Sperrbezirk „Talsperre Quitzdorf“ bestehen.

Der Görlitzer Tierparkchef Sven Hammer sieht die gesamte Entwicklung mit großer Sorge. „In vergleichbaren Fällen in den vergangenen Jahren waren immer Tiere betroffen, die eine biologische Verwandtschaft aufweisen“, sagt er. Dass nun pauschal alle Vögel hinter Gitter müssen, hält er für bedenklich. „Die Wildtiere sind eben nicht für ein Leben in einer engen Stallung gemacht.“ Hammer hat beim Veterinäramt Anträge gestellt. Zumindest die Geier möchte der Tierparkchef so schnell wie möglich aus den Käfigen holen. In anderen Ländern südlich von Deutschland werde das Problem nicht ganz so rigoros behandelt, sagt er und kritisiert: „Deutschland übertreibt.“ Der Tierpark lebe ja schließlich davon, die Bewohner präsentieren zu können. „Der Januar und der Februar waren schon wegen des schlechten Wetters für uns in Sachen Besucherzahlen schwierig“, so Sven Hammer. Mit der anhaltenden Vogelgrippe sehe es nun noch düsterer aus.