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Geht Pirna erneut baden?

Viele Einwohner beklagen, dass es bis heute keinen sichtbaren Hochwasserschutz gibt. Das wird auch erst einmal so bleiben.

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© Daniel Förster

Von Thomas Möckel

Pirna. Fast 16 Jahre nach dem Hochwasser 2002 und knapp fünf Jahre nach der Flut 2013 ist Pirna noch immer unzureichend gegen Hochwasser geschützt. Viele Projekte lassen weiter auf sich warten. Dies ist das Ergebnis des zweiten Stadtgesprächs, das die Wählervereinigung „Wir für Pirna – Freie Wähler“ am Mittwoch in Birkwitz-Pratzschwitz zum Thema Flutschutz veranstaltete. Ihren Unmut äußerten viele Gäste vor allem darüber, dass nach der langen Zeit kaum sichtbarer Schutz vorhanden ist. Nach Auskunft von Birgit Lange, Chefin der Landestalsperrenverwaltung (LTV), sei aber von der ersten Planung an bis zum fertigen Projekt häufig ein Zeitraum von etwa 20 Jahren nötig, weil die Genehmigungsprozesse so aufwendig und langwierig seien. Nachvollziehen konnte das von den Zuhörern kaum einer.

Die LTV räumte auch ein, dass visuell beim Flutschutz tatsächlich nicht viel passiert ist seit den letzten Hochwasserkatastrophen. Allerdings sei die Behörde bei Planung und Vorsorge vorangekommen. So gibt es seit 2011 beispielsweise ein Fluttor an der Rosa-Luxemburg-Straße in Pirna. Zudem existiere eine Zusage aus Tschechien, im Flutfall den Stauraum in der Talsperre Orlik auf über 90 Millionen Kubikmeter zu erweitern – auf diese Weise lasse sich der Elbpegel entscheidend niedriger halten. Große freie Überflutungsflächen, die bei Hochwasser zusätzlich entlastend wirken würden, gebe es in Tschechien entlang der Elbe allerdings keine mehr.

Flutschutzwand umstritten

Als sichtbarer Schutz – zumindest für Pirnas Altstadt – ist eine gewaltige Hochwasserschutzwand in Planung, die einmal von der Schifftorvorstadt bis zum alten Bahnhof an der Grohmannstraße parallel zum Bahndamm verlaufen soll. In der Höhe soll das Bauwerk laut der LTV einmal bis zur Oberkante des Bahndamms reichen. Eine solche Schutzanlage würde ein Hochwasser wie 2002 wohl gerade noch abhalten können. Allerdings dauert es noch, bis die Wand steht: Die LTV plant, 2020 den Antrag für das Bauwerk abzugeben. Wie lange dann das Genehmigungsverfahren dauere, kann noch keiner sagen. Viele Pirnaer bezweifeln überdies, dass die Mauer das Allheilmittel für die Altstadt ist. Sie plädieren stattdessen dafür, mit dem Geld lieber die Häuser zu ertüchtigen, und die Fluten kommen und gehen zu lassen.

Auch ein anderer Hochwasserschutz, hochwirksam für Pirna, lässt weiter auf sich warten: das geplante Rückhaltbecken an der Seidewitz. „Wir sind da leider ausgebremst worden, das ärgert uns selber“, sagt Birgit Lange. Bereits 2011 beantragte die LTV dieses Becken, hat aber bis heute keine klare Aussage, ob es gebaut werden kann. Das Problem: Neben dem wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren muss die LTV auch ein naturschutzrechtliches anstreben – weil das geplante Becken in einem europäischen Schutzgebiet liegt. Zunächst soll die LTV nun Alternativen zu dem Becken prüfen, ehe über den weiteren Werdegang entschieden wird.

Besonders verschaukelt fühlen sich die Anwohner der rechtselbischen Gebiete, speziell die Bewohner der Straße „An der Elbaue“ in Pratzschwitz. Laut LTV ist für diese Elbseite zurzeit kein Flutschutz geplant. Zwar ist im Hochwasserschutzkonzept von 2004 verankert, dass künftig ein Damm den Ortsteil Birkwitz-Pratzschwitz vor Elbefluten schützen soll. Das Vorhaben ist allerdings mit der Priorität „mittel“ eingestuft. Derzeit werden aber noch immer Projekte mit der Priorität „hoch“ abgearbeitet. Ortsvorsteher Dieter Fuchs zeigte sich entsetzt darüber, zumal der Ort 2014 ein eigenes Hochwasserschutzkonzept einreichte, was bislang unbeantwortet blieb. Fuchs will nun gemeinsam mit dem Pirnaer Rathaus sondieren, ob die Kommune selbst mithilfe einer speziellen Förderrichtlinie einen Flutschutz realisieren kann.