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Geheimnisse eines guten Stollens

Profiverkoster Michael Isensee hat die regionalen Bäcker getestet. Die SZ sagt, was ein echter Genießer wissen muss.

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© Robert Michalk

Von Sebastian Kositz

Rosinen, Butter, Mandeln – Stollen hat’s in sich. Pfundweise geht das Backwerk derzeit über die Ladentheke, jeder Bäcker hat sein ganz eigenes Rezept. Gleich eine ganze Reihe der verschiedenen Kreationen von Bäckern aus der Region kam am Freitag zur offiziellen Stollenprüfung im Bautzener Rathaus auf den Tisch. Der inzwischen auch in Sachsen bekannte deutsche Stollentester Michael Isensee hatte das Vergnügen, sich durch fast vier Dutzend Stollen hindurchzuprobieren. Die SZ hat bei den Fachleuten nachgefragt und erklärt, welche neun Dinge der Genießer über den Rosinenstollen wirklich wissen muss.

Gute Zutaten

Cranberrys oder Ingwer? Experimentiert wird derzeit viel in den Backstuben. Im traditionellen Rosinenstollen hat das aber für den Geschmack der Fachleute nichts zu suchen. Gutes Weizenmehl, Butter und Butterschmalz, Hefe, Sultaninen, Zitronat und Orangeat, Mandeln sowie Rum zum Einlegen der Rosinen sind laut Lutz Neumann, dem Chef der Bautzener Bäckerinnung, die klassischen Zutaten.

Nicht gleich essen

Ein guter Stollen wird nicht gleich nach dem Backen verzehrt. Zwei Wochen, so erklärt Lutz Neumann, sollte der Stollen noch liegen, damit er durchziehen kann. In seiner Bautzener Backstube startet deshalb die Stollensaison stets schon nach dem Reformationsfest.

Die richtige Lagerung

Ein handwerklich gut gemachter Rosinenstollen hält sich tatsächlich locker bis Ostern. Idealerweise sollte er dazu aber dunkel und bei Temperaturen zwischen 14 und 16 Grad gelagert werden, empfiehlt Lutz Neumann. Experte Michael Isensee warnt bei Rosinenstollen aus dem Supermarkt: „Der ist oft trocken und zieht so schnell Feuchtigkeit an. Dadurch wird die Puderzuckerschicht gelb.“

Die besten Rosinen

Rosine ist nicht gleich Rosine. Farbe und Größe sagen viel über den Geschmack und die Qualität des Stollens aus. „Helle Rosinen sind besser als dunkle. Die dunkleren sind bitterer, darunter leidet die Qualität“, so Michael Isensee. Und es gilt: Je größer, desto besser. Zudem soll der Kunde darauf achten, dass insgesamt genügend Früchte drinstecken.

Richtig backen

Ein guter Stollen lässt sich zudem an der Kruste und der Farbe erkennen. Ist die Kruste zu dick oder der Boden zu sehr verbrannt, rät Michael Isensee vom Kauf ab. Die zu starken Röstaromen stören den Geschmack. Innen müsse der Stollen ebenfalls hell gebacken sein. Und das Innere sollte feucht und nicht trocken sein. „Das lässt sich mit den Fingern rasch feststellen“, sagt Michael Isensee.

Das richtige Getränk zu Stollen

Kaffee oder Tee – was passt besser zu Stollen? Eine Frage, die laut Michael Isensee jeder für sich beantworten muss. Der Gourmet selbst setzt allerdings stets auf einen leichten Tee. Denn: „Die Kaffeearomen im Mund übertragen sich auf den Stollen“, sagt der Fachmann.

Die optimale Scheibendicke

Anders als beim Brot ist es für Michael Isensee beim Stollen nicht egal, wie dick die Scheiben sind. Der Experte isst lieber zwei dünne als eine dicke. „Das ist wie bei einem guten Schinken. Da nehme ich auch dünne Scheiben und dafür dann eine mehr“, erklärt Michael Isensee. Aus seiner Sicht verteilt sich so der Geschmack besser im Mund.

Preis in diesem Jahr

Fürs Kilo guten Stollen müssen Kunden dieses Jahr beim hiesigen Bäcker bis zu 16 Euro zahlen. Vor fünf Jahren lag der Spitzenpreis bei 13 Euro. Gründe sind laut Lutz Neumann allen voran die Erhöhung der Gehaltskosten durch Einführung des Mindestlohns und die seit Jahren stetig steigenden Energiepreise.

Jede Region hat einen anderen Stollen

Bleibt noch die Frage: Wo schmeckt der Stollen in Deutschland am besten? Michael Isensee testet Stollen im Norden und Osten der Republik. Seine klare Antwort: „In Sachsen und Thüringen. Der ist saftig und hier wird noch mit Bittermandel gebacken.“ Der Profiverkoster schätzt zudem die Tatsache, dass der Stollen vor dem Backen handgeschlagen wird und nicht in eine Form kommt. Beim regionalen Vergleich zwischen Oberlausitzer Stollen und dem gerühmten Dresdner Christstollen will er sich nicht festlegen: „Das kommt immer auf den Bäcker an.“

Die Ergebnisse der regelmäßigen Stollen- oder Brotverkostungen lassen sich über den Bäckerei-Finder des Instituts für Qualitätssicherung von Backwaren anzeigen:

www.brot-test.de