Merken

Geheimgang unter der Meißner Straße?

Wird in Großenhain eine Straße gebaut, sind archäologische Funde wahrscheinlich. Gerade steht der Bagger wegen eines mystischen Steingewölbes still.

Teilen
Folgen
© Kristin Richter

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Wieder einmal mussten die Bauarbeiten der Tieku Mühlbach für die neue Trinkwasserleitung an der Kreuzung Meißner Straße unterbrochen werden. „Wir haben seit voriger Woche 3,5 Tage Verzögerung wegen der Archäologie“, sagt Vorarbeiter Denis Albrecht. Wohlwollend klingt das nicht gerade, denn die Firma hat gegenüber ihrem Auftraggeber einen straffen Zeitplan einzuhalten. Doch als vorige Woche schon auf zehn Metern Reste der Stadtmauer an der Meißner Straße entdeckt wurden, bekamen die Archäologen Vorfahrt. Der in der Stadt schon bekannte Michael Strobel maß die freigelegten Mauerfundamente auf und fotografierte sie.

Nun stockt es am Übergang zu Franz-Schubert-Allee. Dort kam am Montagvormittag eine Gewölbedecke zum Vorschein. Schon machte das Gerücht eines Geheimgangs vom Nonnenkloster an der Poststraße zur einstigen Katharinenkirche am Katharinenplatz die Runde. Dr. Burkart Dähne vom archäologischen Landesamt in Leipzig glaubt das aber nicht. Er vermutet eher einen Entlastungsbogen des Meißner Stadttores, das hier in der Nähe stand. 1847, also vor 170 Jahren, wurde es abgetragen. Alte Zeichnungen zeigen, dass vor dem Tor dicke Bruchsteinmauern über den Wallgraben führten. Einen Teil der Bruchsteine hatte man zum Bau des Sachsenhofes verwendet.

Die Tieku musste vorerst umplanen, verlegte den Verkehrsfluss auf der Beethovenallee auf die andere Fahrbahn und machte vorerst dort weiter. Doch die Kreuzung muss noch bis hinüber zu Küster und Küster geöffnet werden. Die derzeit knifflige Verkehrsführung an der Stelle sollte Ende der Woche eigentlich aufgehoben werden. Ob das klappt, bleibt abzuwarten.

Letztens machten die Archäologen in der Berliner Straße auf sich aufmerksam. Auch hier ging es um die Stadtmauer und das einstige Wildenhainer Stadttor. Da die Straße dort im Ganzen erneuert wurde, erinnert ein bauliches „Zitat“ im Boden an den Verlauf der Stadtmauer. Auch eine Infotafel wurde aufgestellt – wie an der Naundorfer Straße. Das wird jetzt bei der Meißner aber nicht gemacht, denn die Straße wurde bereits 2005 von Grund auf saniert und wird jetzt nur partiell für die Trinkwasserleitung geöffnet.

Reif fürs Stadtmuseum

Spektakuläre Funde am früheren Meißner Tor fanden die Archäologen 2010. An der Stelle des Quartiers vier traten Produktionsabfälle eines Feinschmiedes zutage. An der Poststraße kamen 1964 beim Bau der Berufsschule Gusstiegel zum Vorschein. Amtsschösser Balduin hat damit Phosphor hergestellt. Das und vieles mehr wurde 2013 in einer Ausstellung im Museum Alte Lateinschule gezeigt. Könnte es der neue Fund auch bis ins Stadtmuseum schaffen?