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Gegenwehr zum Haushalt-Beschluss

Damit die Verwaltung arbeitsfähig ist, stimmten die Räte dem Haushalt 2017 zu. Aber: mit Bauchschmerzen.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Catharina Karlshaus

Priestewitz. Der Kragen platzte Joachim Wilzki kurz nach halb neun. Das Mitglied der Freien Bürgergemeinschaft hatte zu diesem Zeitpunkt gemeinsam mit den übrigen 13 Ratskollegen bereits anderthalb Stunden angespannte Sitzung hinter sich. Aschermittwochstimmung statt unbeschwerte Faschingslaune am Dienstagabend in der Priestewitzer Verwaltung. Der Grund: Laut Tagesordnung sollte das Gremium eigentlich über den Entwurf der überarbeiteten Hauptsatzung beraten. Was man zunächst auch tat und vor allem signalisierte, den einen oder anderen Passus inmitten von festgelegten Zuständigkeiten und Paragrafen nicht zu verstehen. Nachvollziehbar schließlich deshalb, als ein paar Beratungsminuten später die Verwaltungsspitze entschuldigend bekennen musste, die falschen Unterlagen verschickt zu haben. Für Wilzki und ein paar seiner Mitstreiter in dem Moment zu viel. „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Ich habe mich so wie viele andere Gemeinderäte Zuhause stundenlang damit beschäftigt und sitze heute hier, obgleich ein lang beschäftigter Mitarbeiter bei mir verabschiedet wird. Das kann ich nicht akzeptieren“, schimpfte der ehemalige stellvertretende Bürgermeister Wilzki.

Knackpunkt Kinderhaus

Emotionaler Höhepunkt an einem Sitzungsabend, der weniger konstruktiv und sachlich verlief, als sicher von so manchem Anwesenden erhofft. Erster und ganz entscheidender Stein des Anstoßes: Die Verabschiedung des diesjährigen Haushaltplanes. Ein rund fünf Millionen Euro-Etat, zu dem sich die Gemeinderäte bereits in ihrer Februarsitzung verständigt hatten. Was sich schon damals als Knackpunkt erwies, ließ einige Räte auch jetzt nicht glücklich sein. Weder der dringend benötigte Anbau des Kinderhauses Priestewitz habe sich im diesjährigen Etat mit den dafür notwendigen Baukosten niedergeschlagen noch die Anschaffung eines neuen Feuerwehrfahrzeugs für den Ortsteil Kmehlen.

Während Bürgermeisterin Susann Frentzen (parteilos) mehrfach betonte, man könne sich eben nur leisten, was das ohnehin schon mit der heißen Nadel gestrickte Finanzpaket hergebe, schielten einige Räte auf das vermeintliche Gemeindevermögen. „Der Kämmerer hat uns doch selbst gesagt, dass wir über vier Millionen Euro liquide Mittel verfügen. Dann verstehe ich nicht, wieso wir im Falle des Kinderhauses nicht investieren und das Geld geradezu horten“, sagte Manuela Schietzel.

Genau das, so Kämmerer Michael Martin, wäre nun gerade nicht der Fall. Gemäß sächsischer Gemeindeordnung wäre man verpflichtet, die Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass eine stetige Erfüllung der Aufgaben gesichert sei. Zwar wären die 4,5 Millionen Euro – aufgeteilt in diversen Anlagen – tatsächlich vorhanden. Aber laut Gesetz dürfe die Verwaltung das Geld nur über mehrere Jahre verteilt investieren. Darüber hinaus sei auch die Aufnahme von Krediten vorgeschrieben. Demnach könne die Gemeinde sie nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre. „Wir bauen hier also kein Liquiditätspolster auf, sondern sichern die zukünftige Handlungsfähigkeit der Kommune“, so Michael Martin.

Nicht komplett durchgefallen

Abgesehen davon sei es nun gerade nicht so, dass im diesjährigen Haushalt keine Vorhaben aus dem seinerzeit von den Gemeinderäten beschlossenen langfristigen Maßnahmeplan enthalten wären. Satte 800 000 Euro Investitionskosten enthalte das Finanzpaket. Das Feuerwehrgerätehaus Gävernitz würde in Abstimmung mit den Kameraden des Feuerwehrausschusses ebenso instand gesetzt wie neue Atemtechnik angeschafft. Ebenfalls berücksichtigt worden sei der Umbau des alten Hortgebäudes Lenz zum neuen Feuerwehrgerätehaus, die Erneuerung der Straßenbeleuchtung in Lenz, die Anschaffung von Computertechnik für die Grundschule und der Ausbau von Straßen. „Und es ist eben nicht so, dass das Gerätehaus in Kmehlen und der Anbau an das Kinderhaus komplett durchgefallen sind! Für jedermann nachlesbar werden in beiden Fällen die Planungen abgeschlossen, so dass bei einer Ausreichung von Fördermitteln keine Zeitverzögerung eintritt“, erklärte Michael Martin im SZ-Gespräch.

Nach einem Plädoyer von Gernot Dehnert – er erinnerte daran, dass die Verwaltung nur mit einem beschlossenen Haushalt handlungsfähig sei – stimmten bei vier Enthaltungen und drei Gegenstimmen die Bürgermeisterin und sieben Räte für den Etat. Allerdings: „Nur unter dem Vorbehalt, dass wir gleich im zweiten Quartal über das Maßnahmepaket und damit unter anderem das Kinderhaus sprechen“, so Wilzki.