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Gegensätze und Gemeinsamkeiten

Zwei Künstlergenerationen treffen derzeit in der Galerie Budissin aufeinander. Die Arbeiten verbindet ein hintergründiger Humor.

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© Uwe Soeder

Von Miriam Schönbach

Bautzen. Das Wesen hat anstelle des Munds eine übergroße Fanfare. „Schwarzweißes Gerücht“ nennt die Berliner Künstlerin Tina Mirtschin diese Figur. Ihre Objekte aus Pappmaché sind derzeit mit Arbeiten des Malers Dieter Zimmermann in der Galerie Budissin zu sehen. Zwei Künstlergenerationen treffen aufeinander und ergänzen sich auf wunderbare Weise. Ihre Arbeiten verbindet hintergründiger Humor, eine fast lakonisch, gelassene Sicht auf die Verrücktheiten und manches Übel dieser Welt.

Tina Mirtschin und Dieter Zimmermann führt die Ausstellung in Bautzen zum ersten Mal zusammen. Das Talent der studierten Plastikerin, Jahrgang 1964, zeichnet sich früh ab. Schon in der ersten oder zweiten Klasse besucht sie in ihrer Heimatstadt Berlin bei einem Bildhauer einen Modellierkurs in einem Kreiskulturhaus. Aus Ton formt sie Tiere und Menschen, einige dieser Arbeiten schlummern heute noch in einer Kiste. „Es hat mir Spaß gemacht, einen Batzen Ton in einer Form zu konzentrieren“, sagt sie.

Das feinkörnige Mineral bleibt auch weiter ihr Begleiter. Tina Mirtschin arbeitet nach der Schule bei einem Töpfer. „Doch diesen Beruf zu erlernen war genauso schwierig, wie Kunst zu studieren“, sagt sie rückblickend. Mitten in der politischen Wendezeit beginnt die Frau ihr Plastik-Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Sechs Jahre später hat sie den Abschluss in der Tasche und kehrt zurück in die Großstadt Berlin. Von Kunst allein kann man nicht leben. Erst gibt es AB-Maßnahmen, bei denen sie zum Beispiel Kindern die Liebe zur Kunst weitergibt.

die schönste Nebensache der Welt

Inzwischen ist die Kunst nach „entmutigenden Zeiten“ neben einem Bürojob zur schönsten Nebensache der Welt geworden. Denn von ihren Figuren will sich Tina Mirtschin gar nicht trennen. Allerdings hat sich die Künstlerin vom Ton abgewendet. Der Werkstoff ist eine Diva, braucht Beachtung und muss schnell verarbeitet werden. Doch für ihre plastischen Arbeiten bleiben der Berlinerin oft nur die Abendstunden oder das Wochenende. Die erste Pappmaché-Figur macht sie vor gut fünf Jahren. Mit der kleinen Katze will sie ihrer Tochter eine Freude machen. Als Grundlage dienen ihr meist Pappkartons und Pappröhren.

Aus den Seiten der „Berliner Zeitung“ und Tapetenkleister entstehen dann die Formen. Handgroße Skizzen helfen Tina Mirtschin bei ihren Entwürfen. Zu ihren fabelhaften Tierwesen gesellen sich in jüngster Zeit auch Figuren wie das „Schwarzweiße Gerücht“ „Ich habe gemerkt, dass man auch menschliche Wesen und Charaktere mit Hilfe von Pappmaché zeigen kann. Es funktioniert gut, vom reellen Menschen wegzugehen“, sagt sie. Was meint man zu hören, was die Figur mit dem Trompetenmund heraus zu posaunen hat.

Wimmelbilder mit kleinen Botschaften

Auch die Bilder Dieter Zimmermanns regen zum Zuhören und Nachdenken an. In den Werken des „spöttischen Realist“, die an Wimmelbilder erinnern, verstecken sich kleine Botschaften. Für manche dieser Details braucht es oft den zweiten Blick. Der Maler, Jahrgang 1942, wird im polnischen S³upca geboren. Sein künstlerischer Weg führt über die Burg Giebichstein. Dort studiert er von 1968 bis 1973 unter anderem bei Willi Sitte. Der langjährige Präsident des Verbandes Bildender Künstler der DDR wurde durch seine gigantischen, und vor allem heroischen Arbeiterbilder bekannt. Vielleicht verliebt sich der junge Künstler deshalb schon früh in das kleine Format. Nach seinem Studium landet er 1981 als freischaffender Künstler in Seidewinkel in der Nähe von Cottbus.

Wenig später zieht er nach Brahmow um. Das kleine Dorf in der Niederlausitz wird – anders als für Tina Mirtschin die Großstadt – zu seinem künstlerischen Kosmos. Seinen Skizzenblock füllt ihm die Beobachtung der Natur. In Bautzen ist Dieter Zimmermann kein Unbekannter. Bei einer der ersten Ausstellungen des Kunstvereins Anfang der 1990er-Jahre war er mit seinen Werken dabei. Auch Einzelausstellungen hat es mit seinen Bildern bereits in der Stadt gegeben. Nun bilden sie mit den Pappmaché-Figuren von Tina Mirtschin bis zum 16. September noch eine wunderbare Symbiose in der Galerie Budissin.

Galerie Budissin, Schlossstraße 19, Di.–Sa., 14–18 Uhr