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Gegen Angeber-Vokabeln

Seit zehn Jahren kämpfen die Sprachretter von Bautzen gegen Anglizismen und Marotten. Vereinschef Diethold Tietz sagt, warum ihn das Thema so bewegt.

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© Carmen Schumann

Herr Tietz, Glückwunsch zum Jubiläum. Doch warum engagieren Sie sich denn so gegen Anglizismen? Das Englische ist doch aus der Alltagssprache kaum noch wegzudenken?

Wir sind keine Sprachpuristen. Aber Sprache ist ein Kulturgut, und das muss bewahrt werden. Von Anfang an war unser Anliegen, gegen die angeberische und unüberlegte Weiterverbreitung englischer Vokabeln anzukämpfen. Wir wenden uns gegen die Benutzung von Wörtern, die von irgendwelchen Halb-Prominenten in die Welt gesetzt und dann nachgeplappert werden. Deshalb sprechen wir ja auch davon, dass wir gegen überflüssige Anglizismen ankämpfen. Die schlimmsten Anglizismen kommen übrigens aus dem Amerikanischen. Deshalb bangen ja sogar schon die Engländer um ihre Sprache.

Aber ist es nicht auch wichtig, dass sich die Menschen untereinander verständigen können, ohne einen Dolmetscher zu benötigen?

Ganz recht, eine sogenannte Verständigungs- oder Verkehrssprache, auch Lingua franca genannt, muss es geben. Englisch, aber auch Spanisch, sind die heute am weitesten verbreiteten Verkehrssprachen. Doch wer seine Muttersprache nicht mehr hat, der verliert ein Kulturgut. Denn die Verkehrssprache kann nicht den ganzen kulturellen Reichtum der Muttersprache und deren Eigenständigkeit widerspiegeln. Die Vielfalt der Sprachen ist wichtig. Man kann das mit einem Kirchenfenster vergleichen. Was wäre dieses denn ohne die Vielfalt seiner Farben?

Was haben Sie denn bei Ihren Kämpfen mit, wie Sie sagen, fröhlicher Aggressivität, erreicht?

Ich denke, eine ganze Menge. Viele Journalisten, die ja ganz wichtige Partner sind, sagen uns, dass sie uns beim Schreiben gleichsam mitdenken. Unsere regionalen Zeitungen liest man jetzt wirklich gern, weil man die Bemühungen um die deutsche Sprache spürt. Und auch die Resonanz auf unseren Internetauftritt kann sich sehen lassen. Wir haben rund 22 000 Hingucker aus 40 Ländern. Und ich sage hier ganz bewusst nicht Follower. Wir bekommen auch sehr viel positive Resonanz auf Messen oder Großveranstaltungen.

Auf welche Aktionen sind Sie besonders stolz?

Die Aktion „Wir sprechen die Sprache unserer Kunden“ hat in Bautzen wirklich was gebracht. Es hat ein Umdenken eingesetzt. Das spürt man zum Beispiel an der Ausschilderung von Geschäften, wo es sehr kreative Ideen gibt. Vorreiter sind dabei die Friseure. Stolz sind wir auch darauf, dass wir dazu beitragen konnten, dass im Bautzener Krankenhaus die „Stroke Unit“ mit der zusätzlichen deutschen Bezeichnung „Schlaganfall-Station“ versehen werden konnte. Wir finden es auch sehr schön, dass jetzt eine junge Generation kommt, die mit vielem nicht mehr einverstanden ist und, zumindest sprachlich, eine neue Welt erschaffen möchte.

Gespräch: Carmen Schumann