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Gefahr am Radweg

Viele Bäume entlang der Jahna könnten demnächst umstürzen, fürchtet ein Oelsitzer. Er fordert die Stadt auf, zu handeln.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Am Jahnatalradweg in Oelsitz sieht noch alles nach unberührter Natur aus: Der Fluss plätschert klar und ruhig in Richtung Riesa, am Ufer stehen alte Erlen und Eschen. Direkt am Ufer führt der schmale Feldweg von Seerhausen nach Riesa. Es ist ein idyllischer Anblick, das weiß auch Andreas Mantzsch. Dem Landwirt gehört eine Fläche links des Flusses, die saftig-grüne Wiese auf der anderen Seite hat er als Weide gepachtet. Und hier beginnt das Dilemma für den Oelsitzer.

Denn so schön der Anblick des Jahna-Ufers für ihn und die vielen Radfahrer auch ist, so schnell könnten die Bäume ein Problem werden, fürchtet Mantzsch. Er deutet mit dem ausgestreckten Arm auf ein besonders hohes Exemplar. Das steht schon gehörig schief, das Wasser hat die Wurzeln unterspült. Einige kleinere, benachbarte Bäume haben sich schon so weit zur Seite geneigt, dass sie nur noch von anderen Bäumen gestützt werden. Hinzu kommt noch etwas anderes, sagt Mantzsch: „Viele Bäume sind krank, das sieht man zum Beispiel an der Rinde.“ Seine Sorge: Beim nächsten Sturm könnten die Bäume so umstürzen, dass sie eine Gefahr für die Radfahrer werden. So wie vor zwei Jahren. Damals brach bei einem Baum ein gut 60 Zentimeter breiter Ast ab. „Der hing dann in einer Baumkrone“, erinnert sich Mantzsch.

600 Euro für Fällarbeiten

Es war Winter, deshalb sei nicht ganz so viel Betrieb auf dem Weg gewesen. Trotzdem wollte Andreas Mantzsch den Baum entfernen lassen. „Aber schließlich hafte im Zweifelsfalle ich als Pächter, wenn hier etwas passiert.“ In der Stadtverwaltung allerdings habe man sich nicht zuständig gefühlt. Also rief Mantzsch die Feuerwehr. „Die hätten den Baum wohl auch gefällt – aber sie fürchteten, dass sie mit ihrem Fahrzeug auf dem nassen Feld steckenbleiben könnten.“ Schließlich sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als eine Spezialfirma zu bestellen. „600 Euro hat mich das gekostet.“ Den Baum zu fällen, das war seiner Ansicht nach die richtige Entscheidung. „Der Stamm war innen bereits morsch.“

Andreas Mantzsch ist sicher: Die Bäume entlang der Jahna sollten besser gepflegt werden. Er erwartet in dieser Hinsicht auch mehr Engagement seitens der Stadt Riesa. „Den Rasen entlang des Weges mähen sie ja auch.“ Nur um den Baumbestand kümmere sich offenbar niemand. Zuletzt habe ihm die Stadt erklärt, man wolle sich von dem Radweg distanzieren. „Was immer das auch heißt“, sagt Mantzsch und zuckt mit den Schultern. „Mir persönlich wäre es ja egal gewesen, wenn mal ein Baum auf der Weide liegt.“ Aber die Haftungsfrage sei eben sehr wohl sein Problem. „Am Ende werde ich noch selbst zur Säge greifen müssen, um nicht einmal ins Gefängnis zu wandern.“

Das Problem kennt auch Steffen Jobst. Er betreibt in Nünchritz eine Firma für Forst- und Landschaftspflege. Im Grunde sei immer abzuwägen, ob Verkehrssicherheit oder der Schutz der Bäume höhere Priorität genieße. An der Jahna sieht Jobst zumindest teilweise Handlungsbedarf. „Mit Augenmaß“, betont er. Dann sei das auch kein allzu schwerwiegender Eingriff in die Natur. Unter den alten Bäumen stünden ohnehin schon andere in den Startlöchern, um eventuelle Lücken zu schließen. Auch das Problem der zum Wandern und Radfahren freigegebenen Wege kennt Jobst. Damit werde ja einerseits der Publikumsverkehr angezogen, andererseits sei das teilweise mit den Pächtern oder Besitzern nicht hinreichend abgesprochen. Eine Erfahrung, die er selbst gemacht habe: „Ich habe selbst ein Stück Wald entlang des Elberadwegs. Und ich muss sagen – mich hat noch keiner gefragt.“

Die Stadt vertritt in dieser Hinsicht eine klare Linie, so deren Sprecher Uwe Päsler: „Riesa hat im vorigen Mai den Verlauf des Jahnatalradweges bewusst auch deshalb über öffentlich gewidmete Straßen und Wege festgelegt, damit die Verantwortlichkeiten klar geregelt sind. Es gibt schon jetzt in verschiedenen Veröffentlichungen verschiedene Wegeverläufe. Manche Abschnitte sind als Radweg ja schon baulich gar nicht geeignet.“ Ziel sei ein „jahnanaher“ Weg über öffentlich Straßen und Wege, bei dem es Verweise auf Alternativen und mögliche Abstecher gebe.

Auf den nichtöffentlich gewidmeten Flächen obliege die Sicherheit dagegen immer dem jeweiligen Eigentümer. Juristisch ist die Sache damit relativ eindeutig, sagt Rechtsanwalt Martin Volkmann von der Riesaer Kanzlei BSKP. „Vom Grundsatz haftet der Pächter oder Eigentümer.“ Wenn der Weg für den öffentlichen Verkehr nicht mehr sicher sei, dann müsse der Besitzer des Grundstücks diesen Weg absperren. Volkmann rät im Zweifel zum Dialog: „Es wäre sicherlich sinnvoll, wenn sich Eigentümer oder Pächter und die Stadt zusammensetzen und eine Regelung finden.“