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Gefahr am Kiessee

Gerade für Flüchtlinge ist das Baden in der Kiesgrube in Dresden-Leuben riskant. Einer wäre fast ertrunken. Die Stadt setzt jetzt auf Aufklärung.

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© René Meinig

Von Nora Domschke

Der junge Mann wäre gestorben – da ist sich Martin Riedel sicher. Der Chef der Leubener Wasserskianlage konnte ihn gerade noch am Arm packen, bevor er im Wasser verschwindet. Der in Dresden lebende Flüchtling hatte Glück, dass Riedel an diesem Tag Anfang Juni gerade mit dem Boot auf dem See unterwegs war. Dass im Leubener Kiessee trotz Verbot gebadet wird, ist für Riedel zwar nichts Neues. Was er aber in den vergangenen Tagen immer wieder vom Ufer oder vom Boot aus beobachtet, treibt ihm Sorgenfalten auf die Stirn. Denn einige der jungen Asylbewerber, die mittlerweile im Stadtteil wohnen und den See für sich entdeckt haben, können nicht schwimmen.

„Sie unterschätzen das steile Ufer“, sagt Riedel. „Und sie wissen offensichtlich gar nicht, dass Baden verboten ist.“ Zumindest erfährt das Riedel immer wieder von den Flüchtlingen. „Sie entschuldigen sich ganz erstaunt, wenn ich sie darauf anspreche.“ Der Dresdner ist dennoch besorgt, dass etwas passieren könnte. Und das nicht ohne Grund. Denn wie gefährlich das Schwimmen vor allem in der Nähe der rasanten Wakeboardfahrer ist, weiß Riedel nur allzu gut. Er betreibt die Anlage in Leuben seit elf Jahren. Ein Jahr nach der Eröffnung kam es zur Tragödie: Ein 14-Jähriger stieß mit einem Wassersportler zusammen – er starb später an seinen Verletzungen. „Da werden jetzt wieder Erinnerungen wach.“

Verbotsschilder sind oft zerstört

Das möchte Riedel nicht noch einmal erleben. Die Dresdner wüssten inzwischen, dass sie im Wasser auf die roten Bojen achten müssen, sagt er. Diese markieren den Teil der Wasserfläche, den Schwimmer meiden müssen. Dass die Markierungen allein nicht ausreichen, erlebt der Wasserskichef beinahe täglich. Besonders jetzt, wenn immer mehr Flüchtlinge am See sind. „Ich kann nicht immer alles im Blick haben.“ Zumal an heißen Sommertagen mehr als 1 000 Menschen das Leubener Badeparadies aufsuchen. Deshalb hofft Riedel nun auf die Hilfe der Wasserwacht vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Gemeinsam mit dem Dresdner Kreisleiter Martin Zavesky und dem technischen Leiter Marcus Tietze begutachtet er die Situation am Kiessee, berichtet den Fachmännern auch von seiner Rettung. Die kennen das Problem. „Die Fläche ist sehr groß. Um das Areal wirklich abzusichern, müssten immer zwei Rettungsschwimmer vor Ort sein“, sagt Zavesky. Derartige Einsätze werden beim DRK häufig mit ehrenamtlichen Kräften abgedeckt. Doch auch für sie fallen pro Tag Kosten in Höhe von 50 bis 60 Euro an. In einer Saison kommen da schnell 4 000 Euro zusammen.

Auf finanzielle Unterstützung vonseiten der Stadt kann Riedel nicht bauen. Zwar gibt es am Ufer zahlreiche Hinweisschilder auf das Badeverbot. Allerdings nur in Deutsch. Dazu kommt, dass einige Schilder beschädigt sind oder sogar abgerissen wurden. Das weiß auch die Stadt und setzt nun stattdessen auf Aufklärung. „Die für die Flüchtlinge zuständigen Sozialarbeiter werden auf die Gefahren am Kiessee und durch die Wasserskianlage hinweisen“, teilt ein Stadtsprecher auf SZ-Anfrage mit. Das bestätigt Tobias Fried von der Caritas. Er ist einer der Regionalkoordinatoren für Flüchtlinge im Dresdner Südosten. „Wir haben alle Beratungsstellen, Wohnheime und Sozialarbeiter informiert.“ Sie sollen den Flüchtlingen erklären, dass im Kiessee Baden verboten ist. Zudem sei eine enge Zusammenarbeit mit Martin Riedel vereinbart. Dem 44-Jährigen reicht das aber nicht. Er ist bereit, die Kosten für die Rettungsschwimmer zu übernehmen – zumindest für die ersten Wochenenden im Sommer.

Zavesky und Tietze müssen nun allerdings erst einmal prüfen, ob für die Einsätze überhaupt noch Personal zur Verfügung steht. Riedel hofft auf eine schnelle Lösung. „Eigentlich ist es gar nicht meine Aufgabe, sondern die der Stadt. Aber hier geht es darum, dass niemand ertrinkt.“