Von Heike Heisig
Das alte Pflegeheim an der Waldstraße in Fischendorf bietet einen traurigen Anblick. Eine rostige Treppe führt hinauf auf ein Dach, das in großen Teilen schon in sich zusammengestürzt ist. Viele der Fensterscheiben sind genauso kaputt wie die Vordächer. Unkraut wuchert an der Fassade hoch. Doch nicht nur deswegen war die Immobilie Thema bei der Ortsteilbesichtigung. Die Fischendorfer sprachen die Brache auch deswegen an, weil die Anwohner darin eine Gefahr sehen. Gebäudeteile könnten auf die Straße stürzen, die unmittelbar vor dem Heim verläuft, und Personen verletzten oder Fahrzeuge beschädigen. Dass dies bislang nicht geschehen ist, grenze schon an ein Wunder.
Ehemaliges Pflegeheim Fischendorf
Stadt wendet sich an die Eigentümer
Uwe Dietrich vom Ordnungsamt wird die Eigentümerfamilie im Nachgang der Begehung anschreiben und auf Sicherungspflichten aufmerksam machen. Schaden könnten Anwohner nehmen, die am Heim vorbei zu ihren Grundstücken müssen. Dazu gehören auch einige Kleingärtner.
Ob sich die Besitzer wieder melden, wird sich zeigen. In den zurückliegenden Jahren hat es einen eher losen Kontakt gegeben, sagt Tomas Schulze vom Bau- und Ordnungsamt. Er hat sich anfangs sehr intensiv mit der Immobilie beschäftigen müssen.
Es war Anfang der 1990er-Jahre, als der Alteigentümer Rückführungsansprüche angemeldet hatte. Das langgestreckte Gebäude unmittelbar neben der Mulde ist zunächst eine Fabrik gewesen, genau eine Blechstanzerei. Danach sind Senioren dort gepflegt und betreut worden. Zur Wende bestand größerer Investitionsstau. Tomas Schulze spricht von schlimmen Zuständen, die die Stadtverordneten anfangs gezwungen haben, zu modernisieren und zu investieren. So ist zum Beispiel ein Fahrstuhl angebaut worden.
1992 hat die Stadt dann das Gelände an der Jahnstraße erworben und dort das neue Seniorenzentrum „Am Sonnenblick“ gebaut. Mit dem Umzug und der Einweihung 1995 sind knapp 80 Pflegeplätze mit modernem Standard übergeben worden. „In Fischendorf wären weitere Investitionen nötig gewesen. Doch in ein Objekt Geld zu stecken, auf das Restitutionsansprüche bestehen, konnte die Stadt nicht vertreten“, erinnert Schulze an die damalige Entscheidung der Stadträte, neu zu bauen. Dass sie damit alles richtig gemacht haben, steht fest, seit der Alteigentümer das frühere Pflegeheim zurückbekommen hat.
Wechselnde Pläne
Der Kommune stellte er danach wechselnde Pläne mit dem großen Gebäude vor. Unter anderem habe sich der neue Besitzer vorstellen können, dort wieder eine Pflegeeinrichtung oder eine Art Ärztehaus zu betreiben. Die Kinder des Alteigentümers seien Ärzte, lebten allerdings nicht in Deutschland. Inzwischen sollen sie dem Vernehmen nach auch für diese Immobilie zuständig sein.
Die Verwaltung hat festgestellt, dass das alte Gebäude, seit es leer steht, zusehends verfällt. Eine Nutzung hat es seit dem Auszug der Heimbewohner 1995 nicht mehr gegeben. Sehr wohl aber Bemühungen der Kommune, das Gelände an der Waldstraße in Ordnung zu bringen. „Wir haben überlegt, ob wir uns mit dem Gebäude um eine Aufnahme in das Brachflächenrevitalisierungsprogramm bemühen“, erklärt Schulze. Dabei sei man auf der Stelle getreten, weil es seitens des Eigentümers keine Reaktion gegeben hat. „Das Programm greift allerdings nur, wenn die Eigentümer mitspielen.“ Schulze räumt in diesem Zusammenhang ein mögliches Versäumnis seitens der Stadt Leisnig ein: „Vielleicht sind wir in diesem Fall einfach nicht beharrlich genug drangeblieben.“
Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Goldenes Schiff nur ein paar Meter weiter. Der Anbau an den einstigen Gasthof ist weggerissen worden. Einen Teil davon hat der Apparatebauer AEL als Eigentümer des „Schiffs“ bezahlt. Anstelle des alten Saales befinden sich jetzt Parkplätze und etwas Grün. Noch ein wenig grüner könnte es auch an der Waldstraße werden, wenn das Pflegeheim nicht mehr steht.