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Gedränge im Gewächshaus

Die Fachbetriebe der Region rüsten sich für die Tage der offenen Gärtnerei. Angesichts des Wetters ein Balanceakt.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Catharina Karlshaus

Im Moment arbeiten sie rückwärts. Einmal werden die schweren Kübel angesichts von Sonnenschein und hoffnungsvollen Plusgraden aus ihren Winterquartieren befördert. Ein paar Stunden später geht die Temperatur schlagartig wieder so tief in den Keller, dass sich die Mitarbeiter der Baumschule Winkler in Priestewitz dazu entschließen, alle Pflanzen zurück ins Gewächshaus zu wuchten. „Zurzeit ist es offengestanden sehr anstrengend und zugegebenermaßen auch teilweise manchmal etwas frustrierend“, bekennt Gartenmeisterin Anett Thieme.

Obgleich sie und ihre Kollegen gern so richtig loslegen würden, müssten sie angesichts der Wetterkapriolen immer wieder einen Gang zurück schalten. Verwöhnt von den vergangenen „April-Sommern“ und dem diesjährigen warmen März mit bis zu 24 Grad, fiele die notwendige Selbstbeschränkung schwer. Angesichts der Erfahrungswerte seien zwar Bodenfröste bis zum 10. Mai nun durchaus kein Grund zur Besorgnis.

Und eingedenk der nahenden Eisheiligen – die Tage vom 11. bis 15. Mai – welche mit ihren Kälteeinbrüchen mitten im Frühling bei Landwirten und Gärtnern geradezu gefürchtet sind, müsse ohnehin noch mit allem gerechnet werden. „Aber so extrem wie in diesem Jahr war es wirklich lange nicht! Damit uns die kleinen Staudenpflanzen nicht erfrieren, haben wir Vlies darüber gebreitet“, verrät Silke Winkler. Bereits in Blüte stehende Magnolienbäume oder die Prachtspiere, welche von den Kunden sonst um diese Zeit im Freien zu bewundern seien, müssten nach wie vor im Gewächshaus bleiben.

Das Problem dabei: Während ein abgefrorenes Blatt im eigenen Garten nicht gleich die ganze Pflanze infrage stellen würde, könne sich eine Baumschule derartige Blessuren logischerweise nicht leisten. All jenen, denen wie einzelne Nussbäume, Esskastanie oder Maulbeeren aufgrund des teilweise doch recht schnellen Temperaturwechsels die Minusgrade sichtbar zugesetzt hätten, seien momentan nicht verkäuflich. Erst in vier bis sechs Wochen, so Silke Winkler, habe sich der Blattwuchs davon wieder erholt.

Besonderes Augenmerk gelte zudem den Obstbäumen. Auch wenn man in einer Baumschule freilich nicht auf die künftigen Früchte angewiesen sei. Der Frost solle aber selbstverständlich nicht in die Blütenknospen und Triebe fahren. Immerhin: Geschlossene Knospen würden minus vier Grad vertragen. Wenn die Blütenblätter schon zu sehen seien, liege eine Temperatur von minus zwei Grad noch im Toleranzbereich – bei offenen Blüten dürften die null Grad nicht unterschritten werden.

Kleine Schönheitsfehler, die im Fall der Fälle von den Kunden natürlich bemerkt würden. Denn auch sie hätten längst ihre Streifzüge durch die Gärtnereien und Baumschulen begonnen. Besonders das kommende Wochenende wäre bei vielen Hobbygärtnern bereits seit Langem vorgemerkt. Nahezu einhundert Gärtnereien werden wieder an der landesweiten Aktion „Blühendes Sachsen“ am 29. und 30. April teilnehmen.

Eine nach eigenem Bekunden bedeutende Veranstaltung der Gartenbaubranche des Freistaates, mit der gewissermaßen die Pflanzzeit in heimischen Gärten und auf Balkonen offiziell eingeläutet werden soll. Im Rahmen des Saisonauftaktes öffnen traditionell zahlreiche sächsische Betriebe – darunter die Baumschule Kirschner in Großenhain, Gartenbau Rühle Zabeltitz und Gartenbau Hübner GbR Schönfeld – ihre Türen. Auch Winklers in Priestewitz werden wieder mit gärtnerischen Inspirationen und Neuheiten aufwarten.

Allerdings: Gesunde Zurückhaltung, so Anett Thieme, sei aus fachlicher Sicht trotz der verlockenden Blumenpracht von Geranien, Begonien und Co sicher nicht unangebracht. „Bevor diese und andere kälteempfindliche Pflanzen in diesem Frühling einen Platz im Freien finden, sollte man wirklich die Eisheiligen abwarten“, rät die Expertin. Und schaut selbst auf die Prognosen der kommenden Tage. Sollen die Pflanzen nun lieber rein oder doch endlich raus?