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Gaststätten machen Zwangspause

In Gaststätten der Gemeinde fehlt es oft an Personal. Die Betreiber reagieren mit unterschiedlichen Konzepten.

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© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Diera-Zehren. Gastwirte klagen über Personalmangel. Es finden sich kaum noch Leute, die als Köche oder Servicekräfte in Gaststätten arbeiten möchten. Der Grund sind vor allem die Arbeitszeiten abends und am Wochenende, oft auch die nicht familienfreundlichen Teilschichten. Und auch die Bezahlung reicht in der Regel nicht aus, um eine Familie zu ernähren.

Manche Gaststätte hat nun die Notbremse gezogen, die Öffnungszeiten gekürzt, Ruhetage eingeführt. Dazu gehört auch die „Elbklause“ in Niederlommatzsch. Seit Anfang des Jahres ist jetzt montags Ruhetag. Und auch an den anderen Tagen wurden die Öffnungszeiten eingeschränkt. War einst bis 24 Uhr geöffnet, ist jetzt um 21 Uhr Schluss. „Grund ist der Personalmangel, aber auch die strengen Arbeitszeitgesetze“, sagt Ulrike Wagner von der „Elbklause“. In der Gaststätte würde man sofort einen Koch und zwei Servicekräfte einstellen, findet aber niemanden. „Selbst Pauschal- und Hilfskräfte zu finden, wird immer schwieriger“, sagt Ulrike Wagner. Und es könnten künftig sogar noch mehr Ruhetage werden, da eine Kollegin in den Mutterschutz geht. Weil die „Elbklause“ keine Lehrlinge fand, stellten die Niederlommatzscher vor drei Jahren zwei junge Leute aus Spanien ein. Den Mann zog es sehr bald in die weite Welt, die junge Frau ist noch da.

Wer spontan essen gehen will, der kann auch in der Woche am „Jägerheim“ in Löbsal vor verschlossenen Türen stehen. Von April bis Oktober wurde jetzt ein flexibler Ruhetag pro Woche eingeführt. Von Freitag bis Sonntag ist aber stets geöffnet. Ab dem kommenden Jahr ist dann Mittwoch und Donnerstag Ruhetag. „Wir haben uns das Bestellbuch durchgesehen und festgestellt, dass wir an allen Wochentagen Vorbestellungen haben. Weil wir niemandem absagen wollten, haben wir uns für dieses Jahr auf einen flexiblen Ruhetag geeinigt“, sagt Inhaber Michael Simmang, der das seit mehr als 100 Jahren bestehende Gasthaus im Familienbesitz seit 1994 führt. Grund für den Ruhetag ist, dass ein Koch in Elternzeit ging, gleichzeitig auch der Koch-Lehrling aufhörte. „Ohne Ruhetag hätten wir das vorhandene Personal überlasten müssen. Das kommt für uns aber nicht infrage. Wir setzen unsere Leute nicht so ein, dass der Tag gelaufen ist, wenn sie nach Hause kommen“, sagt Simmang. Zudem haben er und seine Frau seit 1994 ohne Ruhetag durchgearbeitet. „Da wird es langsam Zeit, mal ein bisschen kürzerzutreten“, so der Mittfünfziger.

Auch er hat die Erfahrung gemacht, dass kaum noch junge Leute in der Gastronomie arbeiten wollen. „Junge Leute haben nun mal viele Wünsche sind sehr aufs Geld fixiert. Klar sind die Gehälter in der Gastronomie nicht besonders hoch“, räumt er ein. Auch von der Lehrlingsausbildung hat er sich verabschiedet. Von den letzten fünf Auszubildenden habe kein einziger seinen Abschluss geschafft, vorher hingeschmissen.

Auch im „Jägerheim“ setzt man auf ausländische Arbeitskräfte. In der Küche sind seit einiger Zeit zwei polnische Frauen angestellt. „Die sind sehr motiviert und zuverlässig“, sagt der Inhaber. Überhaupt könne er sich auf sein Team, das aus zehn Leuten besteht und schon seit Jahren zusammen ist, verlassen. Da es ab dem kommenden Jahr ohnehin zwei Ruhetage geben wird, ist er derzeit nicht auf der Suche nach neuem Personal.

Auch wer im „Winzerhof“ in Golk einkehren möchte, steht derzeit vor verschlossenen Türen. Der Grund ist allerdings nicht Personalmangel. Das gesamte Team hat Urlaub. „Allen zehn Tage Sommerurlaub zu gönnen, auch das erhöht die Motivation“, sagt Geschäftsführer Gunter Hühne, der gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Annett Ossadnik den „Winzerhof“ betreibt. Derzeit urlaubt er in Ungarn, wie auch der Großteil des Personals. Von neun Beschäftigen kommen vier aus Ungarn. Die hat Hühne alle mitgebracht, nachdem er nach dem Elbehochwasser sein Restaurant „Puszta Csardas“ in Kleinzadel aufgab. „Dank der Ungarn, die sehr fleißig und zuverlässig sind, haben wir keine Sorgen mit dem Personal. Unser Krankenstand ist nach wie vor null“, so der 53-Jährige. Durch ihn hat sich im Winzerhof die ungarische Küche etabliert. Allerdings nicht mehr lange. Zum Jahresende ist Schluss. Grund sind die hohen Pachtkosten, die auch im Winter zu zahlen sind. Laut Hühne hat er in den Monaten Januar und Februar immer 15 000 Euro minus gemacht. Bisher hat er diese Verluste durch seinen Autohandel in Nossen quersubventioniert. Doch ein Dauerzustand kann das nicht sein. Silvester und Neujahr sind die letzte Veranstaltungen, bis 15. Januar nächsten Jahres ist der Winzerhof dann geräumt. Hühne und seine Lebensgefährtin haben sich um ein anderes Objekt im Landkreis Meißen beworben. Er ist optimistisch, dass er den Zuschlag erhalten wird. Solange dies aber noch nicht der Fall ist, möchte er nicht, dass es in der Zeitung steht. Fest steht allerdings, dass er das gesamte Personal mitnehmen, das ungarische Spezialitätenrestaurant an anderer Stelle wiedereröffnen wird. Wenn nicht in dem Objekt, das er jetzt anstrebt, dann auf alle Fälle in einem anderen.