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Gaststätte „Zum Hochstein“ wird Tagespflege

Mit dem Reichenbacher Pflegeteam kommt ein neuer Mieter nach Königshain. Gekocht wird dort aber auch künftig.

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© Constanze Junghanß

Von Constanze Junghanß

Königshain. Einen Nachfolger für den Gaststättenbetrieb zu finden, kann schwer werden. Zumindest in kleinen Städten und Gemeinden und erst recht auf dem Dorf ist das so. Dann droht schlimmstenfalls Leerstand. Diese Erfahrung machen Wirte im Landkreis immer mal wieder. Schon seit einer geraumen Weile beschäftigt ein solches Problem auch das Ehepaar Ludwig in Königshain. Regina Ludwig, Inhaberin vom Restaurant „Zum Hochstein“, und ihr Mann Eckhard möchten künftig kürzertreten und die Gaststätte abgeben.

„Mit Frau Kothe haben wir die beste Partnerin gefunden“, sagt die Wirtin der Gaststätte „Zum Hochstein“.
„Mit Frau Kothe haben wir die beste Partnerin gefunden“, sagt die Wirtin der Gaststätte „Zum Hochstein“. © Constanze Junghanß

Doch bisher scheiterte das mangels genügend Interessenten. „Ein Grieche machte zwar eine Besichtigung und sagte, er würde sich da vielleicht eine Betreibung vorstellen können“, erzählt die 65-Jährige. Ein griechisches Restaurant – das hätte nach Meinung der Ludwigs allerdings langfristig nicht ins Konzept des kleinen Touristenorts gepasst. „Zumal wir uns seit 20 Jahren auch mit Wildgerichten etabliert haben“, fügt Jäger Eckhard Ludwig hinzu.

Noch brutzelt es in der Küche. Die Wochenenden sind mit Veranstaltungen und Feiern gut ausgelastet. Aber der Schlussstrich wird bald endgültig gezogen. Ludwigs vermieten ihr Gebäude in absehbarer Zeit neu. Dann zieht – wenn alle bürokratischen Hürden gemeistert sind – eine völlig neue Dienstleistungssparte ein.

Aus der Gaststätte „Zum Hochstein“ soll voraussichtlich ab April 2018 die Tagespflege „Zum Hochstein“ werden. Die Betreuung von zwölf Senioren pro Tag ist geplant. Das kam so: „Nachdem die Suche nach passenden Wirtsleuten keinen Erfolg brachte, überlegten wir um“, erzählt Regina Ludwig. Beim Überlegen half ihr ein Prospekt, welches der Königshainerin beim Friseurbesuch in die Hände fiel. Das vor knapp einem Jahr gegründete Reichenbacher Pflegeteam informiert in dem Faltblatt über seine Arbeit. Frau Ludwig wählte die angegebene Telefonnummer, um mit Susann Kothe zu sprechen. Die 45-Jährige gründete das Pflegeteam, das innerhalb der kurzen Zeit von sechs auf 16 Mitarbeiter angewachsen ist und auch Patienten in Königshain betreut. Dass Frau Kothe so oder so die Idee hatte, irgendwann eine Tagespflege einzurichten, war purer Zufall. „Wir fanden bisher nur kein Gebäude, dachten sogar über einen Neubau nach, aber erst für die spätere Zukunft“, erzählt die Reichenbacherin. Das Angebot, in die großräumige Gaststätte zu ziehen und dort eine solche Betreuungsform anzubieten, kam also wie gerufen. Der Bedarf dafür ist da. Beide Parteien machten diese Erfahrung: Regina Ludwig durch Gespräche mit ihrer Kundschaft, Susann Kothe ebenso bei ihren Patienten und den Angehörigen. „Bei uns fahren Königshainer, die ihre Verwandten in einer Tagespflege betreuen lassen, ziemlich weite Strecken bis nach Kodersdorf“, sagt die Wirtin. Die ältere Generation im Ort wachse immer weiter.

Und Tagespflegestellen auf den Dörfern im Görlitzer Umland sind derzeit noch Mangelware. Weder in Vierkirchen noch in Markersdorf oder Girbigsdorf, Kunnersdorf und Ebersbach gibt es so eine Möglichkeit. Mit Königshain fallen dann die langen Wege weg. Die künftigen Patienten werden von zu Hause abgeholt sowie heimgebracht und von 8 bis 16 Uhr betreut. Das Angebot richtet sich an Menschen aller Pflegegrade. Obwohl noch einige Monate Zeit ins Land gehen, melden sich schon die ersten Angehörigen. „Im Ort hat es sich schnell herumgesprochen, dass die Gaststätte zur Tagespflege werden soll“, erzählt Regina Ludwig. Das stoße auf breite Zustimmung. Der offizielle Anmeldestart beginnt im Dezember.

Susann Kothe schafft mit der Königshainer Tagespflege weitere Arbeitsplätze. Eine Pflegedienstleiterin und deren Stellvertreterin, eine Ergotherapeutin und Alltagsbegleiter sollen eingestellt werden. „Vorerst sind fünf Arbeitsplätze geplant“, sagt die Unternehmerin. Nach einem Facebookaufruf Mitte November flatterten schnell erste Bewerbungen auf ihren Tisch. Vermutlich auch deshalb, weil Susann Kothe für ihr familienfreundliches Unternehmertum bekannt ist. Im Falle der Tagespflege bedeutet das für die Arbeitnehmerinnen: keine Schichten und freie Wochenenden. Und was machen Ludwigs? Den Kochlöffel hängt das Ehepaar nicht an den Nagel. Einerseits können sich die beiden vorstellen, die Essensversorgung der Tagespflege zu übernehmen. Andererseits führen sie die Schulküche in Königshain, in der für zwei Kindergärten, Senioren und Firmen gekocht wird, weiter. Ans endgültige Aufhören denken Ludwigs also noch lange nicht.