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Gastrasse durch den Vorgarten?

Netzbetreiber Gascade stellte die neue Leitung, welche auch durch Sachsen geht, öffentlich vor. Etwa 50 Coswiger haben Fragen zu Verlauf und Sicherheit. Vor allem Landwirte sind nicht begeistert.

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Von Ines Scholze-Luft

Coswig. Mächtig schwer, das Stück Stahl. Fast ein Kilo wiegt das Teil, etwa so groß wie ein halbes Stück Butter. Auf jedem Tisch im Inforaum der Börse Coswig liegen die Brocken. Sozusagen als eine Antwort auf die Frage nach der Sicherheit der neuen Erdgasleitung Eugal, die der Fernleitungsnetzbetreiber Gascade längs durch Ostdeutschland bauen will, auf rund 110 Kilometern in Sachsen. Die Stahlstücke sollen zeigen, wie dickwandig die Gasrohre sind.

Gascade hat an diesem Dienstagabend nach Coswig eingeladen, um den künftigen Nachbarn – so nennt das Unternehmen die voraussichtlich vom Leitungsbau Betroffenen – die Pläne direkt vorzustellen.

Wir wollen ab Mitte 2018 bauen, sagt Gascade-Pressesprecherin Tatjana Bernert. Ein sportliches Ziel. Auch deshalb wolle das Unternehmen von Anfang an Transparenz zeigen, um Bedenken und Sorgen zeitig zu kennen und berücksichtigen zu können.

Für den Trassenabschnitt im Kreis Meißen gibt es drei Möglichkeiten: Die Vorzugsvariante neben der vor sechs Jahren errichteten Ostsee-Pipeline-Anbindung Opal. Sie betrifft auch Coswig mit den Ortsteilen Brockwitz und Sörnewitz. Daneben werden zwei Alternativtrassen westlich von Meißen untersucht, fünf und neun Kilometer länger als die Opal-Parallele.

Natürlich möchten die etwa 50 erschienen Nachbarn vor allem wissen, wo genau die Trasse verläuft. Durch den Vorgarten? Oder eher dran vorbei? Doch solche absoluten Aussagen zu machen oder gar Pläne herauszugeben, das hält Marco Breiding von Gascade für kritisch. Denn noch steht die Trasse nicht endgültig fest.

Am meisten diskutiert wird über die Opal-nahe Variante. Die hat nicht nur den Vorzug als kürzeste Strecke. Dort wurde schon mal alles geprüft. Und die Trasse entspreche dem Prinzip, Leitungen dort zu verlegen, wo schon welche sind, so Bernert. Das bringe nicht zuletzt Vorteile für die Kontrollen zur Leitungssicherheit.

Die interessiert die Besucher ebenfalls. Wie kann sie als Anwohnerin sicher sein, dass die Rohre sicher sind, will eine Dame aus Brockwitz wissen. Bisher habe sie noch zwar nicht mitbekommen, dass bei Opal etwas passiert wäre. Doch gesetzt den Fall?

Die Leitungen werden aller sechs Wochen überprüft, zu Fuß, per Auto oder Hubschrauber, sagt die Pressesprecherin. Und erklärt: Ein sogenannter Molch sorgt für die Kontrolle in den Rohren, schwimmt mit dem Gasstrom mit. Dispatcher haben die Trasse 24 Stunden im Blick. Aller 15 bis 18 Kilometer gibt es eine Absperrstation, eine Art Schleuse, wo aus dem Abschnitt das Gas rausgenommen werden kann.

Das ist es allerdings nicht, was Landwirte wie Matthias Grosser in erster Linie bewegt. Der Brockwitzer hat noch immer seine Sorgen wegen Opal. Rund zehn Hektar Land waren betroffen. Die Schäden auf den Feldern seien zwar behoben, doch auf dem verdichteten Boden wächst nichts Richtiges. Abhilfe wurde versprochen, bei einem Treffen mit Stadt, Gasunternehmen und Landtagspräsident. Behoben sind die Mängel bisher nicht, sagt Grosser. Er setzt deshalb weiter auf Gespräche. Und wünscht, dass die neue Leitung nicht gebaut wird. Zumindest nicht bei ihm. Schließlich sei das Gas gar nicht für Sachsen bestimmt, sondern vor allem für Südosteuropa. Was zum Teil stimme, denn Eugal sorge auch innerhalb Deutschlands für zuverlässigen Transport, heißt es von Gascade.

Dass beim Bau der Boden so leidet, macht auch Landwirten aus Helbigsdorf, Kreis Mittelsachsen, zu schaffen. Immerhin ist der sogenannte Arbeitsstreifen auf freiem Feld 40 Meter breit. Später gilt über der Leitung ein zwölf Meter breiter Schutzstreifen. Gehölze dürfen da nicht stehen. Landwirtschaftlich nutzbar ist die Fläche, mit geringen Einschränkungen, sagt das Gasunternehmen. Die Helbigsdorfer sehen das anders. Der Boden ist kein gewachsener mehr. Das bedeute neben Ertragsausfall mehr Arbeit. Die Entschädigung müsse immer wieder neu beantragt werden.

Bernert zufolge laufen die Entschädigungszahlungen noch lange nach dem Bau. Sie bestätigt, dass der Landwirt dafür entsprechende Nachweise bringen muss.

Dass immer mehr Leitungen durchs Stadtgebiet führen sollen, macht auch OB Frank Neupold (parteilos) nicht glücklich. Die Stadt bringt ihre Bedenken bei der Planung ein, so Neupold. Das sollten auch alle tun, die Probleme durch den Bau sehen, so die Pressesprecherin. Die Gespräche in der Börse ersetzten nicht die Einwände zu dem Zeitpunkt, wenn die Pläne in den Kommunen öffentlich ausliegen, voraussichtlich im November oder Dezember .

Gascade Gastransport GmbH, 0561 9342727, www.eugal.de