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Gasthof unter Beobachtung

Das Gebäude bereitet Anwohnern und Mitarbeitern der Verwaltung immer größere Sorgen. Die Lage ist verzwickt.

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© André Braun

Von Heike Heisig

Gleisberg/Roßwein. Die Zeiten, in denen sich die Gleisberger abends auf ein Bier im Gasthof des Ortes getroffen haben, sind längst vorbei. Inzwischen bleibt ihnen nichts anderes übrig, als über den Gasthof zu reden, statt drinnen zu sitzen und sich über Gott und die Welt zu unterhalten. Der frühere Treffpunkt ist wegen seiner Baufälligkeit bei jeder Ortsteilbegehung ein Punkt, an dem die Teilnehmer stoppen. Und irgendwie ist auch bei fast jeder Ortschaftsratssitzung die Rede von dem Gebäude – mittlerweile ein Schandfleck und eine Gefahr gleichermaßen. Dachziegel und Putzteile stürzen herab. Unmittelbar daneben befinden sich ein Fußweg, Bushaltestelle samt Wendeschleife. Nur ein paar Meter weiter ist die offizielle Zufahrt zur Kindertagsstätte und zum Sportplatz. Damit gehört dieser Bereich zu den meistgenutzten im Ort.

Inzwischen ist das Haus von Bauzäunen umstellt. Einige Fenster, darunter die großen im einstigen Saal, hat das Team des Bauhofes schon vorher mit Bretten und Holz „verrammelt“. Anwohner hatten hin und wieder Kinder, aber auch Erwachsene beobachtet, die sich in dem seit Jahren leerstehenden und dem Verfall preisgegebenen Objekt zu schaffen machten.

Parallel dazu hat die Kommune immer wieder versucht, mit dem Eigentümer beziehungsweise später mit dem eingesetzten Insolvenzverwalter Kontakt aufzunehmen. Doch die Aufforderung, Sicherungspflichten nachzukommen, verliefen meist im Sande. „Jetzt ist es noch schwieriger, das Problem anzugehen“, sagte Ortsvorsteher Bernd Handschack (CDU) in der zurückliegenden Ortschaftsratssitzung. Der Insolvenzverwalter sei zwischenzeitlich verstorben. Somit stünde die Kommune ohne konkreten Ansprechpartner da.

Hilferuf ans Bauordnungsamt

Handschack berichtete den Räten außerdem davon, dass sich Matthias Lange vom Bauamt der Stadtverwaltung Roßwein Ende März ans Bauordnungsamt der Landkreisverwaltung gewandt hat. Die Kommune fühlt sich in der Bredouille und bittet um Hilfe bei der Gefahrenabwehr. Dafür sieht sie sich schon in der Verantwortung, obwohl sie nicht an erster Stelle derjenigen steht, die handeln müssten.

„Das Objekt in Gleisberg wird beobachtet“, teilt Cornelia Kluge, Sprecherin des Landratsamtes Mittelsachsen, mit. Außerdem werde die Kreisverwaltung versuchen, mit dem Eigentümer Kontakt aufzunehmen. „Er wird aufgefordert, seinen Pflichten nachzukommen“, so Cornelia Kluge. Weitere Schritte halte die Kreisbehörde gegenwärtig nicht für nötig.

Damit gehört der alte Gasthof in Gleisberg zu insgesamt 230 Immobilien im Landkreis, die die Baubehörde überwacht. Wird der Zustand zu kritisch und handelt der Eigentümer nicht, bleibt nur noch ein Abriss als sogenannte Ersatzvornahme übrig. In Hartha ist das jetzt an der Goethestraße passiert, im Herbst steht ein Abriss in Waldheim an der Talstraße an. Auch in Roßwein an der äußeren Wehrstraße sind auf diesem Weg schon einmal Industriebrachen verschwunden. Die Kosten schießt das Landratsamt vor. Letztlich werden sie dem Besitzer in Rechnung gestellt – notfalls gehen sie per Grundschuld an den nächsten Eigentümer über.

Stadt listet Brachen auf

Der Gasthof in Gleisberg wird eines von Dutzenden Objekten sein, die auch bei der laufenden Brachflächenerfassung eine Rolle spielen, bestätigt Matthias Lange. Wie er sagt, sind die Verwaltungsmitarbeiter im Moment damit beschäftigt, Wohn- und Industriebrachen in der Stadt und den Ortsteilen aufzulisten. Die Übersicht sei vorteilhaft, um die einzelnen Objekte in den passenden Förderprogrogrammen unterzubringen. Die Liste wird letztlich Bestandteil des Stadtentwicklungskonzeptes. Ehe sie allerdings in das Konzept eingeht, werden sich die Stadträte damit noch einmal beschäftigen, die Liste sozusagen bestätigen. Lange rechnet damit, dass dies Ende des Jahres so weit sein wird. Der Aufwand ist durchaus beträchtlich. Es müssen Lage und Größe, Eigentumsverhältnisse, Kostenschätzungen und anderes mehr ermittelt und vorgelegt werden.