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Gas geben für die Rostlauben-Rallye

Mit vielen Ersatzteilen im Gepäck wagen sich Falko, David und Michael auf eine Reise durch halb Europa.

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© Sven Ellger

Von Henry Berndt

Man kann nicht glauben, dass dieses Auto der Schrottpresse schon mal näher war als der Straße. Rund 250 000 Kilometer hat der Audi 80, Baujahr 1991, auf der Uhr. Bis vor wenigen Monaten war er noch in einem erbärmlichen Zustand. Nur eine Pfeife würde sich so ein Auto noch kaufen. Oder drei Pfeifen.

Für Falko Besser (29), David Wollmann (31) und Michael Hänisch (30) schien dieses Gefährt genau die richtige Wahl zu sein. Mit ihrem Team „Vier Ringe, drei Pfeifen“ wollen sie ab Montag beim ersten in Deutschland startenden „Carbage Run“ teilnehmen. Das ist so etwas wie eine Rallye für schrottreife Autos. Die wichtigsten Regeln: Die Autos müssen mindestens 15 Jahre alt sein und dürfen nicht mehr als 500 Euro kosten.

Falko, David und Michael kennen sich schon seit einer Ewigkeit, fuhren gemeinsam in den Urlaub, besuchten Rockfestivals und Tuningtreffen. Vor etwa einem Jahr meldeten sie sich bei der Rallye und machten sich sogleich auf die Suche nach einem fahrbaren Untersatz. Er sollte reichlich Platz bieten, sonst hatten sie kaum Wünsche. In Mobschatz wurden sie fündig. Für 190 Euro schlugen sie zu. „Der Verbrecher wollte erst 300 haben“, sagt Michael lachend, aber da mussten sie knallhart sein. Schließlich war den drei Pfeifen bewusst, dass sie noch einiges an Geld in das Auto stecken mussten, damit es wieder fahrtüchtig wird. Glücklichweise sind sie alle drei vom Fach. Michael ist Mechatronikermeister in einem Autohaus, David Messtechniker und Falko Maschinenbaukonstrukteur. In wochenlanger Kleinarbeit machten sie den Audi wieder flott: Achsaufhängung, Auspuff, Beleuchtung. „Es gab nicht viel, was funktioniert hat“, sagt Michael, der selbst fünf bis sechs Autos sein eigen nennt, darunter einen Pontiac Firebird von 1969, den er selbst liebevoll restauriert hat. Für die Schrott-Rallye kam der natürlich nicht infrage.

Der Dresdner Falko und seine beiden Freunde aus Radeberg machen keinen Hehl daraus, dass es beim Carbage Run vor allem um Eines geht: fünf Tage Spaß mit Gleichgesinnten. „Die ganze Veranstaltung hat keinen tieferen Hintergrund“, sagt Falko – und gerade das sei das Geniale daran. „Erlebnisse mit Freunden zu teilen, ist eines der schönsten Dinge, die man haben kann. Leider hat man neben den stressigen Berufen viel zu wenig Zeit für so was.“

Starten wird das Rennen am Montagmorgen 9 Uhr an der Messe Dresden. Etwa 250 Teams sind dabei. Dann geht es über Tschechien, Polen, die Slowakei, Ungarn und Kroatien bis zum Ziel nach Tolmin in Slowenien. Insgesamt rund 2 500 Kilometer. Für so manchen Teilnehmer wird diese Distanz eine echte Herausforderung sein. Zur Sicherheit haben Falko und seine Crew jede Menge Ersatzteile und Werkzeuge eingepackt, darunter viel Panzertape und Kabelbinder. „Wir wollen ja auch helfen, wenn jemand anderes unterwegs liegenbleibt“, sagt er.

Punkte statt Zeiten

Zeiten und Geschwindigkeiten sind beim Carbage Run eher zweitrangig. Dennoch soll es am Ende einen Gewinner geben. Während der Tour werden die Teilnehmer verrückte Aufgaben erfüllen und dabei Punkte sammeln. Der Punktbeste darf sich am Ende über 1 000 Euro freuen. Wie genau die Aufgaben aussehen werden, ist streng geheim. Möglicherweise müssen Fotos von bestimmten Orten gemacht und am Ende der Etappe vorgezeigt werden. „Es könnte aber genauso sein, dass wir Karaoke singen müssen“, sagt Falko. Sein Team ist auf alles vorbereitet.

Und der Audi 80 sowieso. Er wurde gerade „frisch gepinselt“ – im Camouflage-Muster. An den Seiten ziert ihn nun eine jeweils fast zwei Meter breite Silhouette Dresdens. Auf der Motorhabe wurde außerdem drei rote Pfeifen als Erkennungszeichen angebracht, am Heck wedelt ein aufgeklebtes Kätzchen mit einem Scheibenwischer-Schwanz. So weit, so durchgeknallt. „Man sollte aber nicht glauben, das ginge alles so larifari“, sagt Michael mal kurz ernst. „Da stecken richtig viel Arbeit und Aufwand drin.“

Auch viele andere Teilnehmer haben keine Kosten und Mühen gescheut, ihre Autos fit und hübsch zu machen. Die einen haben wahre Graffiti-Kunstwerke geschaffen, andere ihren Fahrzeugen eine gewaltige Schweinenase verpasst.

Die Idee zum Carbage Rum stammt übrigens aus den Niederlanden. Dort startete die erste Rallye schon 2009 und ist mittlerweile Kult. Für die derzeit 550 Startplätze bewarben sich in diesem Jahr 1 300 Teams. Das Los musste entscheiden, wer teilnehmen durfte.