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Umgang mit Pegida spaltet SPD

Zum einjährigen Dienstjubiläum hat SPD-Generalsekretärin Fahimi eine knifflige Aufgabe zu lösen: Riskiert sie einen Dissens mit dem Pegida-Besucher und Parteichef Gabriel? Oder gibt sie klein bei?

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© dpa

Von Georg Ismar

Berlin. Yasmin Fahimi weiß genau, was jetzt auf sie zukommt. Exakt ein Jahr ist sie nun SPD-Generalsekretärin. Als „Geschenk“ hat ihr der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel mit einem eigenmächtigen Besuch bei Pegida-Anhängern eine Debatte beschert, die sie nun am Montag irgendwie abmoderieren muss. Es ist voll im Willy-Brandt-Haus.

„Ich gehöre eigentlich ins Bett“, sagt die erkältete Fahimi. Aber sie habe sich gedacht, sie könne sich dem nicht entziehen. Eigentlich ist die Pressekonferenz nach der Telefonschaltkonferenz des Präsidiums Routine.

Nicht so heute. So soll die 47-Jährige für Gabriel, der nicht in Berlin ist an diesem Tag, geraderücken, dass er das Auftauchen bei der Dresdner Veranstaltung am Freitag nicht als Privatangelegenheit eingestuft habe.

„Sigmar Gabriel hat niemals gesagt, dass er als Privatmann zu der Veranstaltung gegangen ist, sondern er ist privat in Dresden unterwegs gewesen“, erläutert Fahimi. Alles klar? Zumindest hat der Parteichef versucht, den Eindruck zu erwecken, er schaue nur mal eher zufällig bei den Pegida-Freunden in Dresden rein - in legerer Freizeitkleidung.

Fahimi berichtet, Gabriel habe in der Schalte referiert, wie es denn so gewesen ist bei der von der Landeszentrale für politischen Bildung organisierten Diskussion mit 200 Anhängern der Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida). „Dabei ist deutlich geworden, dass es sich hier und da um Bürger handelt, die einen ganz breiten Frustrationsmix haben“, erzählt Fahimi.

„Spezifisch sächsisches Problem“

Sie spricht von einem „spezifisch sächsischen Problem“, um das man sich zu kümmern habe. Und erwähnt entsprechende Bemühungen von SPD-Landeschef Martin Dulig. Umso mehr stellt sich die Frage, warum Gabriel dort aufkreuzte - zumal der Zuspruch zu Pegida nach den zuletzt gesunkenen Demonstrantenzahlen abflauen könnte.

Fahimi versucht ein Kunststück, das schiefgehen muss: Gabriels Agieren und ihre Ablehnung des Besuchs solcher Veranstaltungen als stimmige Parteilinie darzustellen. Einig sei man sich, dass es keinen Dialog mit den Organisatoren geben könne. Und auch nicht mit Anhängern, die offen rassistisch Stimmung machen gegen Flüchtlinge, Migranten und Muslime. Fahimi hat aber zugleich wiederholt gesagt, dass sie selbst auch keinerlei Gesprächsforen mit Pegida-Anhängern besuchen werde.

Hat sie nun nach Gabriels Besuch ihre Meinung geändert? Die Antwort ist eindeutig: „Nein“. Und: „Ich bin für mich zu der Entscheidung gekommen, dass ich das nicht möchte.“ Die Deutsch-Iranerin ist zuletzt unter anderem als „verschissene Ausländerin“ beleidigt worden - zudem erinnert sie gerne daran, dass man nicht die Anti-Pegida-Demonstranten vor den Kopf stoßen dürfe. Und viele SPD-Anhänger engagieren sich in der Flüchtlingshilfe.

Einen „Frustrationsmix“ gibt es im Willy-Brandt-Haus inzwischen auch über bestimmte Aktionen des Parteivorsitzenden. Fahimi war zuletzt öfter damit beschäftigt, Wogen zu glätten. Anfangs in der SPD mangels Bundestagsmandat und Netzwerk kritisch gesehen, hat sich die von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie gekommene Fahimi mit eigenem Stil etabliert. Sie gibt nicht Gabriels Mädchen, sondern ist in der Pegida-Frage bereit, den Eindruck eines Dissens offen zutage treten zu lassen. Als sie von Gabriels Besuchsplanungen gehört habe, „habe ich das sozusagen zur Kenntnis genommen“, sagt Fahimi. (dpa)