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Futtern wie bei Muttern

Regina Guhr kocht mit ihrer Bischheimer Betriebsküche seit 25 Jahren gesunde Kost. 650 Portionen gehen täglich raus.

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© René Plaul

Ina Förster

Bischheim. Am 1. April gibt es Makkaroni und Gulasch! Das wird die Haselbachtaler Kinder aber freuen. „Nudeln gehen immer“, erzählt Regina Guhr, Chefin des Bischheimer Küchenbetriebs. Für den Rest steht Gulasch, Sauerkraut und Kartoffeln auf dem Speiseplan. Es ist eher selten, dass sich die beiden Wahlgerichte so ähneln. „Aber es muss heute alles etwas schneller gehen. Wir feiern doch unser 25. Jubiläum“, verrät die 64-Jährige stolz. Nach Feierabend wird es deshalb in der Kantine nebenan noch einmal so richtig gemütlich. Viele Gratulanten werden erwartet. Auch gute Kunden. Die „Silberhochzeit“ will zünftig begangen sein.

Hier werden noch täglich 175 Kilogramm Kartoffeln geschält: Sabine Srocka, Cindy Ebischbach, Angela Stephan und Diana Mensch-ner packen zusammen an.
Hier werden noch täglich 175 Kilogramm Kartoffeln geschält: Sabine Srocka, Cindy Ebischbach, Angela Stephan und Diana Mensch-ner packen zusammen an. © René Plaul
Diana Marquardt (r.) ist eine der freundlichen Auslieferinnen.
Diana Marquardt (r.) ist eine der freundlichen Auslieferinnen. © René Plaul

Doch davor steht viel Arbeit auf dem Plan. Regina Guhrs Tag wird wie immer 5.30 Uhr in der Betriebsküche starten. Die Häslicherin genießt diese ruhigen Momente am Morgen. Ehe die geschäftige Unruhe über das achtköpfige Team hereinbricht. Später wird es wieder dampfen und brutzeln. Die Messer werden klingen. Die Kochlöffel klappern. Das ist Musik in den Ohren der Chefin.

Bis zu 650 Portionen gehen täglich aus ihrer Küche ins Kamenzer Land hinaus. „Wir beliefern mittlerweile private Kunden und Firmen in Kamenz, Jesau, Steina und Weißbach, Gersdorf und Reichenbach, Neukirch sowie Gelenau“, erzählt Regina Guhr. „Dazu kommen seit vielen Jahren die drei Haselbachtaler Kindergärten und die Grundschule.“ Mit sechs Autos liefern die Mitarbeiterinnen das Essen aus. In einigen Einrichtungen kümmert sich die Betriebsküche auch noch um die Ausgabe vor Ort.

Das Credo: Gesunde Hausmannskost

Angefangen hat natürlich alles vor 25 Jahren etwas kleiner. „Mit 50 Portionen am Tag war ich damals auch zufrieden. Man musste ja erst einmal testen, wie alles läuft. Das war 1991 alles Neuland für uns“, erinnert sie sich. Essen per Auto anliefern – wo gab es das in den neuen Bundesländern? Doch die Häslicherin erkannte ihre Chance. „Mir wurde damals die ehemalige Betriebsküche der Lausitzer Granitwerke angeboten in Bischheim“, erzählt sie. „Dort hatte ich schon seit vielen Jahren als Köchin gearbeitet und kannte mich aus mit den Gegebenheiten.“ Lausitzer Granit schloss die Tore und der Gebäudekomplex samt Küche stand plötzlich leer. „Da habe ich zugegriffen. Und erst einmal eine Kollegin übernommen.“ Mit einem Auto lieferte Regina Guhr noch selber das Essen aus. Mittlerweile ist es eine kleine Flotte von sechs Fahrzeugen.

Es sind meistens Senioren oder Unternehmen, die gern auf den Service der Bischheimer Betriebsküche zurückgreifen. „Gesunde Hausmannskost lautet unser Credo von Anfang an. Damit fahren wir gut. Die Leute wollen die guten alten Gerichte, wie man sie früher noch von daheim kennt“, so Regina Guhr. Futtern wie bei Muttern, könnte man also auch sagen. „Ja, das stimmt“, schmunzelt die 66-Jährige. Renner sind nach wie vor die guten alten Bratenrezepte oder eine Bratwurst mit Brei. „Unseren Kartoffelbrei mögen vor allem die Kinder sehr“, sagt die Köchin aus Leidenschaft. Der wird hier nämlich selber gerührt. Und aus echten Kartoffeln gemacht. Das schmecken die lieben Kleinen natürlich und würden bei der Mittagsspeisung am liebsten ihre Teller ablecken. „Wir bekommen oft Rückmeldungen, dass sie da wie die ‚Scheunendrescher‘ reinhauen würden!“ Gestern beispielsweise wurden wieder Hunderte kleine Fleischklopse geformt. Die kommen hier nicht als Massenware aus dem Frost!

14 Eimer Kartoffeln am Tag

Apropos Kartoffeln: An die 175 Kilogramm werden täglich noch von Hand geschält. Immer, wenn die aktuellen 650 Portionen aus dem Haus sind, geht es nämlich schon wieder an die Vorbereitungen für den nächsten Tag. Vier Frauen sitzen dabei um die großen Wannen herum. Und lassen die Schälmesser spielen. 14 Eimer werden so täglich gefüllt. „Nachmittagsklatsch“ inklusive. „Bei uns kommen übrigens keine Zusatzstoffe in die Töpfe. Auch unsere Soßen werden alle nach altem Rezept gefertigt“, so Regina Guhr.

Die Kundschaft honoriert das. Nach exotischen Speisen oder gar Diätware sucht man hingegen vergeblich auf dem Wochenplan. Für die Figurbewussten stehen aber dafür Quark mit Kartoffeln, ein leckerer Brathering oder die Salatangebote im sommerlichen Halbjahr bereit. Dabei klingen die Preise noch nach echter Friedensware. Rindfleisch mit Meerrettichsoße für 3,60 Euro – das muss erst einmal jemand nachmachen.

Privat mag Regina Guhr am liebsten Sauerbraten, gibt sie zu. Und ihre Familie! Für die kleine einjährige Enkelpüppi wird sie jetzt demnächst übrigens zwei Nachmittage freischaufeln, wenn die Schwiegertochter wieder arbeiten geht. „Das muss auch mal sein. Und der Laden läuft mal ein paar Stunden ohne mich“, weiß die Chefin. Das klingt nach dem besten Rezept von allem – nach Vertrauen zu den Mitarbeitern. Nach Freude am Beruf. Und nach Weitermachen. „Ein paar Jährchen will ich schon noch“, schmunzelt sie. Gut so!