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Fußmatten-Streit vor Gericht

In einem Wahllokal in Greifswald verrutscht eine Fußmatte. Die Tür fällt in Schloss und bleibt anderthalb Stunden zu. Ein Fall fürs Gericht.

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© dpa

Von Martina Rathke

Kleine Ursache, große Wirkung: Eine simple Fußmatte bringt seit Monaten das politische Leben im vorpommerschen Greifswald zum Beben. Die Oberbürgermeisterwahl vom Mai 2015 muss möglicherweise wiederholt werden, weil wegen eines verrutschten Abtreters die Tür zu einem Wahllokal ins Schloss fiel und für bis zu 90 Minuten verschlossen blieb. Der nur hauchdünn unterlegene CDU-Kandidat Jörg Hochheim legte Klage vor dem Verwaltungsgericht ein. Er geht davon aus, dass die geschlossene Tür ein erheblicher Wahlfehler war, den Ausgang der Stichwahl beeinflusst hat und damit eine Wiederholung zwingend macht. Bei der Wahl in der langjährigen CDU-Domäne – die zudem auch zum Bundestagswahlkreis von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gehört – verlor Hochheim mit nur 15 Stimmen Unterschied gegen den Grünen Stefan Fassbinder. Der Historiker führt seit November nun die Amtsgeschäfte im Greifswalder Rathaus. Doch ob das so bleibt, wird an diesem Dienstag vor dem Greifswalder Verwaltungsgericht verhandelt. „Ich habe die Erwartung, dass das Gericht meine Auffassung teilt“, zeigt sich Hochheim überzeugt.

Pannen bei Kommunalwahlen werden immer wieder vermeldet. So verbrannten Mitarbeiter der Gemeinde Selters im Taunus bei der hessischen Kommunalwahl im März 2011 aus Versehen nicht nur leere Stimmzettel, sondern auch die ausgefüllten Briefwahlunterlagen von 655 Bürgern. Dabei wollten die Angestellten nur aufräumen. Bei der Kreistagswahl im sächsischen Zwickau im Mai 2014 wurden beim Summieren der Stimmen auf den Zähllisten ganze Blöcke vergessen. Offenbar hatte Übermüdung am späten Abend zur Unachtsamkeit geführt. Technische Probleme an Internetleitungen oder Computern, fehlerhafte Stimmzettelvordrucke – der Mensch ist nicht vor Irrtümern und die Technik nicht vor Pannen gefeit.

Der Gang vor Gerichte ist in Deutschland trotzdem die Ausnahme. Meist würden Streitigkeiten in den Rechtsämtern der Kommunen oder den Gemeindeparlamenten entschieden, sagt der Kommunalwahlrechtsexperte Dieter Kallerhoff.

Ein Beispiel aus der Praxis: Auf der Ostseeinsel Hiddensee wurde 2009 die Bürgermeisterwahl per Gericht für ungültig erklärt. Der Amtsinhaber hatte den Bewohnern Gratisfahrten zum Wahllokal versprochen. (dpa)