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Fußfessel für entlassenen Pädophilen

Zweimal saß ein Meißner schon wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Gefängnis. Trotz Verbots nähert er sich immer wieder Jugendlichen.

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© Symbolbild/Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Meißen. Der 52-jährige Meißner erscheint mit einem Minderjährigen bei der Polizei. Er will anzeigen, dass der junge Mann von einem anderen in Dresden sexuell missbraucht worden sei.

Doch die Polizisten werden stutzig. Wieso trägt der Mann eigentlich eine elektronische Fußfessel? Ein Blick in den Computer macht schnell deutlich: Dieser Mann ist ein mehrfach verurteilter Kinderschänder. Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in acht Fällen wurde er im Jahre 2000 vom Amtsgericht Hannover zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Landgericht Dresden hat ihn im September 2011 wegen gleichartiger Straftaten für drei Jahre und zehn Monate hinter Gitter geschickt. Der Mann hatte nach Überzeugung des Gerichtes damals 13 und 15 Jahre alte Brüder einer Meißner Familie in seiner Wohnung mehrfach sexuell missbraucht.

Beide Strafen hat er vollständig abgesessen. Am 21. Januar 2015 wurde er aus der letzten Haft entlassen. Die Führungsaufsicht, der er sich nach der ersten Verurteilung für vier Jahre unterziehen musste, wurde auf unbefristete Zeit verlängert. Der gebürtige Dessauer darf demnach zu Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren keinerlei Kontakt halten, sie nicht beschäftigen, ausbilden, beherbergen. Insbesondere gilt das für die Kinder der Meißner Familie, die er missbrauchte.

Genau mit solch einem Kind aber taucht der Mann ein halbes Jahr nach der Haftentlassung bei der Polizei auf. Er war mit dem damals 16 Jahre alten, geistig behinderten Jungen mit der S-Bahn nach Dresden gefahren. Angeblich hat dieser ihn darum gebeten. In der Wohnung eines Dritten soll der Junge dann von dem Dresdner sexuell missbraucht worden sein. Doch selbst gesehen haben will das der Angeklagte nicht. Ausgerechnet in diesem Moment habe er dringend auf die Toilette gemusst, sagt er. Der Junge soll auch für mehrere Wochen in der Wohnung des Angeklagten gelebt haben, offenbar freiwillig. Denn dort gibt es Schnaps und Bier, kann er machen, was er will und muss vor allem nicht auf die nervenden Ratschläge seiner Eltern hören.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten auch vor, den Jungen mehrfach am „bedeckten Geschlechtsteil angefasst“ zu haben. Erst als es an der Tür klopfte, weil der Junge jemanden per SMS benachrichtigt hatte, soll er damit aufgehört haben. Doch angeklagt ist nicht sexueller Missbrauch von Kindern, sondern dass er gegen die Weisungen während der Führungsaufsicht verstoßen hat.

Der Angeklagte räumt das zwar ein. Dass er keinen Kontakt zu den Kindern der betroffenen Meißner Familie halten durfte, habe er jedoch nicht gewusst. Den entsprechenden Gerichtsbeschluss habe er nicht erhalten. Auch sein Bewährungshelfer, bei dem er sich alle zwei Wochen melden muss, habe ihn darüber nicht informiert, behauptet der Mann, der von den Behörden als Hochsicherheitsrisiko eingestuft wird. Auch wenn die Angaben des Angeklagten höchst unglaubwürdig sind, müssen sie überprüft werden. Das geht aber nicht, weil der Bewährungshelfer derzeit im Urlaub ist. Er soll nun bei einem Fortsetzungstermin gehört werden ebenso wie weitere Zeugen. Im Falle einer Verurteilung droht dem Angeklagten eine lange Haftstrafe. Pro Tat sind laut Strafgesetzbuch bis zu drei Jahre Gefängnis möglich.

Die Verhandlung wir am 4. August fortgesetzt.