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„Füße verzeihen nicht“

Der Oberarzt Frank Traupe spricht im SZ-Interview über ein oft missachtetes Problem und was man gegen Fehlstellungen tun kann.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Dippoldiswalde/Freital. Schmerzen, Druckstellen, Schwielen – obwohl sie täglich Schwerstarbeit leisten, finden sie meist erst dann Beachtung, wenn sie Probleme bereiten: Füße. Dabei muss es gar nicht so weit kommen, sagt Frank Traupe. Der Orthopäde ist seit Sommer Oberarzt in der 2015 gegründeten Abteilung für Fußchirurgie bei den Helios Weißeritztal-Kliniken.

Herr Traupe, Sie referieren am 25. Oktober in Freital über Fußfehlstellungen und ihre Behandlung. Warum ist das Thema so wichtig?

Unsere Füße sollen uns durchs Leben tragen. Wir erwarten einfach, dass sie funktionieren. Dabei bekommen sie relativ wenig Aufmerksamkeit. Signale, dass etwas nicht stimmt, werden einfach überhört, bis daraus irgendwann ernsthafte Probleme werden. Ziel meines Vortrags ist, die Menschen zu sensibilisieren, mehr auf ihre Füße und eventuelle Probleme zu achten.

Oft heißt es, dass das falsche Schuhwerk schuld ist, wenn der Fuß Probleme bereitet. Stimmt das?

Nein. Es gibt dafür viele Ursachen. Das können Stoffwechselerkrankungen sein, etwa Diabetes, oder aber eine genetische Veranlagung. Gerade der oft genannte Hallux valgus, der Ballenzeh, wird sehr oft auf das zu häufige Tragen von hohen und engen Schuhen zurückgeführt. Aber das stimmt nicht immer. Ich habe auch 16-jährige Patientinnen vor mir, die nie in ihrem kurzen Leben Absatzschuhe anhatten.

Was kann man denn frühzeitig tun?

Schon im Kindesalter, wenn die Füße noch wachsen, kann man viel machen. Mit Einlagen etwa ist eine gewisse Wuchslenkung möglich, um späteren Problemen vorzubeugen. Schwierig ist allerdings, dass Eltern etwa ab dem Teenager-Alter ihrer Kinder nicht mehr so auf deren Füße oder Haltung schauen.

Und später geht es dann nicht mehr ohne Operation?

Nein. Manchmal kann man auch später noch auf konservative Weise, also mit Einlagen oder Schuhen, einiges bewirken. Auch Fußgymnastik kann helfen, die Muskeln um den Fuß oder in der Wade zu trainieren und so Schmerzen zu beseitigen. Tut der Fuß dennoch weh oder beeinträchtigt die Fehlstellung über die Zeit auch andere Teile des Fußes, etwa andere Zehen, so kommt man um eine OP nicht herum. Die unter Medizinern noch immer weiterverbreitete Meinung, dass eine Operation so lange wie möglich heraus gezögert werden sollte, ist ein Irrglaube. Meist verschlimmern sich die Probleme dann nur und eine Behandlung wird schwieriger.

Wie lange dauert es, bis man nach einer Fuß-OP wieder auf den Beinen ist?

Das ist die bittere Pille. Anders als etwa nach einer Handoperation dauert die Heilung beim Fuß länger. Bei kleineren Eingriffen sind es etwa vier bis sechs Wochen. Größere Operationen sind in der Regel mit sechs Wochen Gips verbunden. Danach kann es bis zu drei Monate dauern, bis der Fuß komplett verheilt ist. Das ist aber immer auch vom Patienten abhängig.

Inwiefern?

Auch der Patient muss seinen Teil beitragen, indem er nach der Operation fleißig Gymnastik macht oder zum Beispiel auch diszipliniert die Orthesenstiefel trägt, die nicht unbedingt schön sind, aber nach gewissen Operationen eben nötig sind.

Seit zwei Jahren gibt es an den Weißeritztal-Kliniken eine Abteilung für Fußchirurgie. In Sachsen gibt es nicht viele Spezialisten für Füße. Warum ist das so?

Viele Jahre wurde die Fußchirurgie eher stiefmütterlich behandelt und in der Orthopädie quasi nebenbei mitgemacht. Zum Glück hat sich das Denken in der Medizin inzwischen gewandelt. Denn der Fuß ist ein hochkomplexes Gebilde mit vielen Knochen und Sehnen. Wie die Handchirurgie hat sich so auch die Fußchirurgie mit den entsprechenden Spezialisten durchgesetzt.

Was reizt Sie persönlich so an Ihrem Fachgebiet?

Füße verzeihen nicht. Sie sind ein wichtiges Körperteil. Und für mich als Chirurgen auch operativ sehr reizvoll, weil alles sehr filigran und klein ist.

Wohin kann man sich bei Fuß-Beschwerden wenden?

Die Abteilung Fußchirurgie befindet sich in der Klinik Dippoldiswalde, wo wir regelmäßig Sprechstunden durchführen. Um den großen Bedarf zu decken, bieten wir außerdem im Medizinischen Versorgungszentrum Dresden-West auf der Tharandter Straße 43 Sprechstunden an, in denen sich Patienten mit Fußproblemen vorstellen können.

Leiden die Menschen heute öfter unter Fußproblemen als früher?

Sagen wir mal so: Die Bereitschaft zu leiden, hat abgenommen. Anders als unsere Vorfahren wollen wir Hilfe haben, wenn uns etwas weh tut, auch weil die Hilfe leichter zugänglich ist. Außerdem haben die Ursachen, die zu Fußproblemen führen, zugenommen. Mit unserer Wohlstandsgesellschaft gibt es zum Beispiel mehr Übergewichtige. Das Schuhwerk ist ein anderes, wenn auch nicht immer gleich der Auslöser für Fußprobleme. Und nicht zuletzt werden die Menschen auch immer älter.

Das Interview führte Carina Brestrich.

Unter dem Titel „Wenn der Fuß schmerzt, weil der Schuh drückt“ spricht Frank Traupe am Mittwoch, 25. Oktober, über Vorfußdeformitäten und deren Therapie. Beginn ist 17 Uhr im Foyer des Klinikums Freital in der Bürgerstraße 7.