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Fürs Weltnaturerbe auf den Pfaffenstein

Aktivisten aus Deutschland und Tschechien wandern für den Unesco-Titel. Sie hoffen auf ein Gutachten.

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© Marko Förster

Von Marcus Herrmann

An interessierten Frühaufstehern fehlt es an diesem Sonnabendmorgen nicht. Etwa 60 Wanderer sind nach Königstein gekommen, um ihren Wunsch nach dem Titel Unesco-Weltnaturerbe für die Sächsisch-Böhmische Schweiz auszudrücken. Darunter Landrat Michael Geisler (CDU), der Geschäftsführer der Euroregion Elbe/Labe, Rüdiger Kubsch, und mehrere Bürgermeister und Gemeinderäte aus der Region. Gegen 10 Uhr startet der Trupp. Angeführt von den Veranstaltern Klaus Fiedler, Koordinator der SPD-AG Euroregion Elbe/Labe und dem Direktor der Nationalparkverwaltung Böhmische Schweiz, Pavel Benda, geht es in Richtung des vier Kilometer entfernten Pfaffensteins.

„Dass viele wichtige Vertreter aus unserem Nachbarland gekommen sind, zeigt deren Einsatz für unser gemeinsames Ziel“, sagt Klaus Fiedler. Dafür sei er sehr dankbar. Mit dem tschechischen Generalkonsul in Dresden, Jiri Kudela und Jiri Rak, Nationalparkführer der Böhmischen Schweiz, erläutert Fiedler beim ersten Zwischenstopp am Fuß des Pfaffensteins, die Wichtigkeit des Vorhabens. „Dafür brauchen wir die Unterstützung vieler Leute in beiden Ländern der Grenzregion“, bekräftigt Jiri Benda. Auf tschechischer Seite sei man gewillt, dieses Ziel anzugehen. Ein Arbeitskreis trifft sich mehrmals im Jahr, um zu beraten, wie eine Bewerbung angeschoben werden kann. „Außerdem stehe ich in engem Kontakt zum Verantwortlichen der Unesco, Professor Paul Williams aus Neuseeland“, erklärt Benda. Der Geologe weilt derzeit in der Böhmischen Schweiz, um der Einmaligkeit des Naturgebietes auf den Grund zu gehen. Er ist eine entscheidende Instanz auf dem Weg zu einem möglichen Weltnaturerbe. „Vielleicht kann er schon bald Näheres sagen. Sieht seine Expertise die nötigen Kriterien erfüllt, dann haben wir eine Chance“, sagt Benda.

Bevor das Gutachten aber nicht vorliege, müsse man abwarten, mahnt Landrat Michael Geisler. So wie der Weg zum Gipfel des Pfaffensteins, den die Wandergruppe zur Mittagszeit erreicht, ist auch der zum Titel Weltnaturerbe unwegsam. „Das Engagement von tschechischer Seite ist gut und wichtig. Dort hat man erkannt, dass ein Weltnaturerbe nicht Massentourismus und Verschmutzung in die Region bringt, sondern vor allem echte Naturliebhaber aus der ganzen Welt, denen das Erlebnis in nahezu unberührter Natur wichtig ist“, erklärt Geisler. Die Möglichkeiten des Nachbarlandes auf einen Erfolg bei der Unesco schätzt er höher ein als auf deutscher Seite, weil es in Deutschland bereits wesentlich mehr Regionen mit Weltnaturerbe gibt. „Es ist daher damit zu rechnen, dass die Unesco zunächst in Länder und Regionen guckt, die weniger vertreten sind, aber trotzdem viel zu bieten haben“, so Geisler weiter. Doch selbst wenn die Sächsisch-Böhmische Schweiz auf die Bewerberliste komme, würde der Auswahl- und Vergabeprozess Jahre dauern. „Sollte die Auszeichnung in zehn Jahren da sein, wäre das ein Erfolg“, sagt der Landrat.

Auch Organisator Klaus Fiedler weiß um die langwierige Prozedur, fordert aber nichtsdestotrotz eine veränderte Position vom Freistaat. „Dass heute kein Landtagsabgeordneter hier ist, werte ich als klares Zeichen. Im Landtag sträubt man sich gegen ein klares Ja zum Weltnaturerbe. Das ist mehr als ärgerlich“, sagt Fiedler. Er hofft nun auf ein positives Ergebnis seitens des Unesco-Experten, damit sich der Druck auf die sächsische Landesregierung erhöht.

Das hofft auch Ralf Schmädicke, Nationalparkführer der Sächsischen Schweiz und einer von etwa 20 Mitgliedern des Vereins Naturfreunde Deutschland, die den Anstieg zum Pfaffenstein bewältigen. „Wir glauben, dass der Titel einen enormen Impuls für den sogenannten sanften Tourismus bedeuten würde“, sagt Schmädicke. Er erlebe selbst, dass die Zahl derer, die schutzwürdige Landschaften und intakte Natur schätzen und gern besuchen, immer größer wird. Diese Tendenz müsse die Region für sich nutzen. „Das Weltnaturerbe würde einen riesigen Werbeeffekt für das Gebiet zeitigen“, ist Schmädicke überzeugt.

Wie schnell es damit gehen kann, hängt zwar von vielen Faktoren ab. Doch die bilaterale Komponente könnte ein wichtiger Vorteil beim Kampf um das Weltnaturerbe sein. „Das gibt es in der Art kein zweites Mal“, sagt Klaus Fiedler. Aus diesem Grund will er weiter für sein Ziel einstehen. Die Zustimmung in der Bevölkerung sei jedenfalls spürbar. „Darum wird es auch im nächsten Jahr eine Wanderung geben.“ Ob bis dahin schon mehr Bewegung in die Sache gekommen ist, könnte sich nach der Unesco-Expertise in den nächsten Tagen abzeichnen. Die SZ bleibt dran.