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Führerschein für Pferdestärken

Neuerdings brauchen auch Kutscher eine Fahrerlaubnis. Ein Grumbacher bietet Kurse an.

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© Andreas Weihs

Von Hauke Heuer

Grumbach. Nur wenig ist so romantisch und erinnert so sehr an die guten alten Zeiten wie eine Kutschfahrt. Drum erfreut sich diese traditionelle Art der Fortbewegung ungebrochen einer großen Beliebtheit – egal ob bei Stadtrundfahrten, Männertagsausflügen im Kremser oder beim Transfer von Hochzeitspaaren vom Standesamt zur Feier. Doch immer wieder kommt es bei den Ausfahrten zu schweren Unfällen. So verunglückte im Februar ein Pferdeschlitten im Erzgebirge. Zwei Menschen starben.

Wegen Vorfällen wie diesem brauchen Kutscher, egal, ob sie privat oder gewerblich unterwegs sind, nun einen Kutschenführerschein. Mario Junghanns, der seit 1996 einen Hof in Grumbach betreibt, ist zertifizierter Kutschfahrlehrer und bietet entsprechende Kurse an. „Es gibt zwar kein Gesetz, das den Schein vorschreibt, aber die Versicherungen bestehen seit Sommer vergangenen Jahres auf dieses Dokument“, erklärt er. Doch auch darüber hinaus hält der Pferdenarr die Teilnahme an einem Kurs gerade für unerfahrene Kutscher für eine gute Idee. „Das Umfeld, in dem wir uns bewegen, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert. Es gibt auch auf dem Land mehr Verkehr. Früher konnte ich ohne Probleme mit der Kutsche auf der Bundesstraße fahren. Heute funktioniert das nur noch in Ausnahmefällen, und man ist froh, wenn es vorbei ist“, berichtet Junghanns.

Gerade aufgrund der gestiegenen Anforderungen auf öffentlichen Straßen sei es heute wichtiger denn je, die richtige Fahrtechnik zu beherrschen und mit den Tieren umgehen zu können. „Pferde sind Fluchttiere. Jeder falsche Handgriff kann schief gehen und einen Unfall auslösen“, sagt der Pferdehalter. Aufgrund dessen hätten zumindest sächsische Kutscher, die ein Gewerbe mit ihren Tieren betreiben, schon immer einen Gespannführer-Schein ablegen müssen. Jetzt gilt die Regelung auch für diejenigen, die privat anspannen.

Der Aufbau des Kurses ähnelt tatsächlich dem, der für einen Pkw-Führerschein absolviert werden muss. So ist der Lehrgang in einen theoretischen und einen praktischen Bereich unterteilt. Auf fünf Einheiten Theorie folgt die praktische Ausbildung auf der Kutsche. Den Teilnehmern wird gezeigt, wie sie richtig aufschirren und anspannen. Auch das Fahren im echten Verkehr wird geübt. Besonders wichtig ist die richtige Haltung der Zügel, die die Pferde über die Trense im Maul bei Richtungswechseln unterstützen. Dies kann zunächst an einer Art Simulator geübt werden. Die Zügel sind über Rollen mit relativ leichten Gewichten versehen und simulieren so den Widerstand, den ein echtes Pferd entgegensetzen würde.

Eines ist sicher: Die angehenden Kutscher sind bei Junghanns in guten Händen. Der passionierte Pferdefreund betreibt seit mehr als 20 Jahren auf seinem Hof eine Reitschule und Pferdepension. Insgesamt rund 50 Pferde stehen in seinem Stall. Die Hälfte der Tiere ist in seinem Besitz. Junghanns hat während seiner Laufbahn sogar schon einige Preise gewonnen. So konnte er bereits 1998 und 2004 die Deutsche Meisterschaft im Zweispänner gewinnen. Auch als Vierspänner-Fahrer startete er bundesweit erfolgreich und wurde mehrfach Meister in Sachsen. In seiner Jugend wurde er DDR-Meister im Vielseitigkeitsreiten. Eine Disziplin, die Dressur, Geländeritt und Springreiten umfasst. Auch noch heute nimmt Junghanns mehrmals im Jahr an Wettkämpfen teil.

Einer findet in diesem Jahr direkt auf seinem Hof in Grumbach und der Vereinsanlage des Reit- und Fahrvereines Grumbach statt. Der Verein, in dem auch Junghanns aktiv ist, veranstaltet vom 22. bis 23. September ein Fahrturnier, das traditionell aller zwei Jahre in Grumbach stattfindet. Unter anderem wird hier das mitteldeutsche Championat der Vier- und die Sächsische Meisterschaft der Zweispänner ausgetragen. Alle, die sich für das Kutschfahren begeistern, können hier einen Einblick gewinnen. Auch sonst steht der Hof in Grumbach für Interessenten offen.