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Frust bei den Geflügelzüchtern

Die Stallpflicht wegen der Vogelgrippe trifft auch Vereine. Sie büßen finanziell ein. Und nicht nur das.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Egal, wann die Vogelgrippe ausbricht, sie kommt immer zur falschen Zeit. Den Putzkauer Rassegeflügelzüchterverein trifft sie aber besonders hart. Der Verein besteht 60 Jahre. Die seit Langem geplante Jubiläumsschau an diesem Wochenende sollte ein Höhepunkt werden. Doch wegen der Stallpflicht musste der Verein die Ausstellung absagen. Ein Verlust in mehrfacher Hinsicht. Finanziell. Fachlich. Und ideell.

Dabei hat der Verein noch Glück. Die Gemeinde stellt den Ausstellungsraum im Freizeit-Center Putzkau mietfrei zur Verfügung. Der Verein zahlt nur die Betriebskosten fürs Wochenende. Und auch die werden ihm diesmal erlassen. „Wir konnten die Ausstellung rechtzeitig absagen. So kann bis Freitag ganz normal der Sportunterricht der Grundschule in der Halle stattfinden“, sagt der stellvertretende Vereinsvorsitzende Marco Käsler.

Einnahmen fehlen

Allerdings fehlen durch die Absage Einnahmen, mit denen die Geflügelzüchter für ihren Verein fest gerechnet hatten. Der Gewinn aus Getränke- und Imbissverkauf, Tombola und Eintrittsgeldern summiert sich auf mehrere hundert Euro. Für den kleinen Verein mit 29 Mitgliedern viel Geld. Geld, von dem man neue Käfige für Ausstellungen kaufen wollte.

Hinzu kommt der fachliche Schaden. Ausstellungen, bei denen die Zuchtergebnisse des zurückliegenden Jahres präsentiert und bewertet werden, sind für die Züchter wichtige Leistungsvergleiche. Sie sagen ihnen, wo sie stehen. Darüber hinaus ist es usus, bei Ausstellungen Tiere abzugeben oder neue zu erwerben. Für die Entwicklung einer Zucht ist das unerlässlich. Ausstellungen sind die beste Möglichkeit für einen Verein, sich zu präsentieren und um neue Mitglieder zu werben. Und auch fürs Dorfleben sind die Schauen wichtig. Über 400 Besucher kommen jedes Mal zu den Putzkauer Rassegeflügelzüchtern. Bereits am Freitag, dem Tag vor der offiziellen Ausstellungseröffnung, dürfen Schüler und Kindergartenkinder schon mal schauen. Sie bringen Gemaltes oder Gebasteltes mit und bekommen dafür von den Züchtern Gummibärchen oder andere Süßigkeiten geschenkt. Auch daraus wurde in diesem Jahr nun leider nichts.

Stress für die Tiere

Züchter wie Marco Käsler oder Richard Gottstein sind über die Stallpflicht verärgert. Diese bedeutet für sie mehr Arbeit – und finanzielle Einbußen. Denn Stallpflicht bringt Hühnern, Enten und Gänsen Stress pur. Sie brauchen den Auslauf an frischer Luft. Obwohl selbst nicht von der Vogelgrippe betroffen, schlachtete Richard Gottstein fast 20 seiner 60 Hühner. Einfach, damit die verbleibenden Tiere im Stall mehr Platz haben. „Wertvolle Zuchtbestände werden dadurch vernichtet“, sagt der 29-Jährige bitter. Für ein Zuchttier, das er einem anderen Züchter verkaufen kann, bekommt er 30 bis 40 Euro. Nun landete ein Großteil der geschlachteten Hühner erst mal in der Kühltruhe.

Hinzu kommen höhere Futterkosten. Weil die Tiere jetzt draußen nicht scharren dürfen, muss er ihnen etwa die dreifache Menge an Rassegeflügel-Pelletts als sonst geben. Dazu kommt mehr Arbeit im Stall, den er nun täglich sauber machen muss.

Gänse werden erst Weihnachten geschlachtet

„Hühner hatten wir schon immer auf unserem Hof“, sagt Richard Gottstein. Seit dem Jahr 2011 züchtet er in seiner Freizeit Hühner der Rasse Dresdner und Zwergdresdner. Er kann bereits auf beachtliche Erfolge verweisen. So wurde er 2014 Bundessieger. Vor allem der Wunsch, traditionelle Gefügelrassen zu erhalten, motiviert. Hinzu kommen täglich frische Eier und Geflügelfleisch aus eigener Haltung. Eine bis anderthalb Stunden widmet der Putzkauer täglich seinen Hühnern – vor und nach der Arbeit in einem Bischofswerdaer Autohaus, wo er als Kfz-Mechatroniker tätig ist.

Auch Marco Käsler schlachtete bereits einige seiner Tiere. Nur die Gänse im Stall müssen bis Weihnachten alle durchhalten. Sie sind bestellt, und die meisten Abnehmer wollen ein frisch geschlachtetes Tier. Vermutlich werden diese Gänse die letzten sein, die er mästet, sagt der 39-Jährige. Ältere Vereinsmitglieder könnten möglicherweise ganz mit der Geflügelzucht aufhören, befürchten er und Richard Gottstein.

Die wegen des gefährlichen H5N8-Virus ausgerufene Stallpflicht gilt voraussichtlich zwölf Wochen. Richard Gottstein wollte mit seinen besten Tieren auf mehrere deutschlandweite Schauen fahren, zum Beispiel nach Leipzig und Kassel. Darauf muss er nun verzichten. Unsicher ist, ob der Putzkauer Kleintiermarkt – jedes Jahr Anfang Februar ein Highlight für die Region – stattfinden kann. Doch auch bei den Geflügelzüchtern stirbt die Hoffnung zuletzt. Sollte der Markt im Februar 2017 nicht stattfinden können, wird er im Herbst nächsten Jahres nachgeholt.