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Frische Fische für das Königreich

Seit 130 Jahren gibt es Fischzüchter an der Tharandter Weißeritz. Einst verkauften sie ihre Ware sogar in Venedig.

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© Andreas Weihs

Von Franz Werfel

Tharandt. Fischzüchter haben es nicht leicht. Sie sind von ihrer Umwelt abhängig – einer guten Wasserzufuhr etwa oder geschützten Gewässern, bei denen es Reiher und Kormoran schwer haben. Im Tharandter Weißeritztal gab es die ersten Fischzüchter in den 1880er-Jahren. Zwischen Tharandt und Edle Krone begründete Rudolf Linke seine Forellenzucht – mit einer Wasserfläche von 3 600 Quadratmetern und beachtlichem Erfolg. Trotz widriger Bedingungen. Denn schon 1897, nur zehn Jahre nachdem Linke seine Anlage direkt neben der Weißeritz aufgebaut hatte, schwamm ihm diese bei einem Hochwasser komplett davon. „Das Leben als Fischzüchter in dieser Region war schon immer hart“, sagt Peter Voss.

So sah die Teichanlage Ende der 1950er-Jahre aus.
So sah die Teichanlage Ende der 1950er-Jahre aus. © privat
Walter Voss geht mit seinem Stromgenerator zum Bachforellenfischen.
Walter Voss geht mit seinem Stromgenerator zum Bachforellenfischen. © privat

Er sitzt fast 120 Jahre nach der ersten großen Weißeritzflut, die den Gründer der Anlage eingeholt hat, mit seiner Frau Gabriele am selben Ort. Mittlerweile steht hier das erfolgreiche Restaurant Teich-Wirtschaft. Peter Voss betreibt die Anlage heute – in dritter Generation. Seit ein paar Jahren ist sein Sohn Rico mit an Bord. Als Koch und als Fischzüchter.

Den Startschuss zur professionellen Fischzucht in der Region gab einst der Staat. Denn ab 1877 versuchte sich die Königlich-Sächsische Forstakademie in Coßmannsdorf erstmals an Edelfischen. „Sie sollten sich für den sächsischen König darum kümmern, hier Lachse anzusiedeln“, sagt Peter Voss. 80 000 Lachseier wurden in jenem Jahr vom Rhein zur Erbrütung an die Weißeritz geschafft. Mit nur geringen Verlusten konnten mehr als 70 000 Fische als Besatzmaterial gewonnen werden. Der Grundstein für die Fischzucht war gelegt.

Alkohol und Frauen lenken vom Fischen ab

Rudolf Linke trieb diese Entwicklung als Unternehmer voran. Er entwickelte eine Brutanlage für Forellen, die in den Erdboden eingelassen war. „So nutzte er den natürlichen Wasserlauf der Weißeritz und hatte in seinen Becken immer frisches Flusswasser“, erklärt Peter Voss. Nach diesem Prinzip funktioniert die Anlage noch heute. Doch nicht nur das. Rudolf Linke, bei dem Walter Voss, der Großvater von Peter Voss, einst als Angestellter begann, war eine äußerst erfinderische Persönlichkeit. „Im Bahnhof in Edle Krone hatte Linke seinen eigenen Eisenbahnwaggon stehen“, sagt Peter Voss. Er handelte mit seinen wertvollen Brütlingen – und fuhr diese bis zur Mailänder Messe und nach Venedig.

„Damit die Fische auf der langen Fahrt nicht umkamen, hat Rudolf Linke ein eigenes Belüftungssystem entwickelt“, so Voss. Dabei wälzte eine Motorpumpe das Wasser während der Fahrt ständig um – die kleinen Fische bekamen so genug Sauerstoff.

1934 ging Rudolf Linke pleite. Der Fischzüchter muss ein echter Lebemann gewesen sein. Alkohol und Frauen hatte er zu Genüge. So schlug in den 1930ern die Stunde von Walter Voss. Er kaufte die Anlage und betrieb sie bis zu seinem Tod 1981. Peter Voss hat viele Erinnerungen an seinen Opa. „Mit einem Stromgenerator fuhr er an den Bach. Dann wurden zwei Pole ins Wasser gehalten und wir konnten die Forellen aus dem Wasser sammeln.“ Als Walter Voss starb, übernahm Peter mit 18 Jahren die Anlage. Er will das Andenken an die ersten Fischzüchter bewahren. Im Seerenteich und den Schlossteichen in Grillenburg und Tharandt lässt er die Tradition weiterleben. Und er gesteht: „Vom Angeln hab ich keine Ahnung. Wenn ich frische Fische haben will, lasse ich den Teich ab.“ Das plant Familie Voss auch an diesem Wochenende wieder, wenn sie in Grillenburg den Stöpsel ziehen.

Das Grillenburger Abfischen findet am Sonnabend und Sonntag jeweils von 9 bis 15 Uhr statt. Am Sonntag gibt der sächsische Schauspieler Uwe Steimle Autogramme.