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Frisch und lecker

In der Glashütter Kita bereiten sich die Kinder selbst das Essen zu. Und das hat Wirkung bis ins Elternhaus.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Glashütte. Lukas ist kaum zu bremsen. Er hält eine Karotte in der Hand, die er ganz schnell auf der Raspel hoch und runter flitzen lässt. Nach ein paar Minuten hat er die Karotte in feine Möhrenschnipsel verwandelt. Hannah, die neben ihm steht, war genauso schnell. Erzieherin Marlies Herold schaut den beiden über die Schulter. Sie lächelt zufrieden, denn den Kindern der großen Gruppe im Glashütter Kindergarten Sonnenuhr macht es immer noch Spaß, sich das Essen selbst zuzubereiten.

Seit gut zehn Jahren ist das in der Kita möglich. „Damals wurde unsere Kinderküche in Betrieb genommen“, sagt die 52-jährige Erzieherin. Seit September letzten Jahres gehören der gemeinsame Einkauf von Obst, Gemüse und anderen Zutaten und das anschließende Kochen und Zubereiten von Speisen zum festen Programm in der Kita. Regelmäßig bereiten die Kinder eine Zwischenmahlzeit und ein Mittagessen zu. Die Kinder haben dabei ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Gerichte.

Ganz frei in ihrer Entscheidung sind sie nicht, da einige Kinder Allergien haben oder bestimmte Speisen nicht essen dürfen. Deshalb lenkt die Erzieherin die Diskussion unter den Knirpsen. Die Auswahl ist trotz der Einschränkungen groß, sagt Marlies Herold, die selbst leidenschaftlich kocht und backt. Deshalb musste sie nicht lange überlegen, als Kita-Chefin Ilona Kochel im vorigen Jahr fragte, ob sie an einer Weiterbildung zur Genussbotschafterin teilnehmen wolle. Frau Herold willigte ein.

Initiiert hatte diese die Krankenkasse Barmer und die Stiftung der bekannten Köchin Sarah Wiener. Beide haben ein Programm unter dem Titel „Ich kann kochen“ aufgelegt, an dem Kindergärten, Horts und Schulen mit Ganztagsangeboten kostenfrei teilnehmen können.

„Immer weniger Kinder lernen, wie sie sich gesund und ausgewogen ernähren“, erklärt Tino Schwabe von der Barmer in Pirna den Sinn dieser Aktion. Über das Programm sollen Mädchen und Jungen ermuntert werden, sich Ernährungswissen und Küchentechniken anzueignen und selbst zu kochen. Den Genussbotschaftern kommt die Aufgabe zu, die Kinder anzuleiten. Doch nicht nur in der Glashütter Kindertagesstätte Sonnenuhr fand man diesen Ansatz gut, sondern auch im Glückauf-Gymnasium in Altenberg. Die Schule ließ die Leiterin des Ganztagesangebotes, Regine Frenzel, zur Genussbotschafterin ausbilden. Sowohl sie als auch Frau Herold nahmen an dem eintägigen Kurs teil. Dort habe es sehr viele Anregungen gegeben, sagt Frau Herold. Sie habe nicht nur Zubereitungstipps bekommen, sondern auch Hinweise, was zu einer ausgewognen Ernährung gehört und wie man die Kinderküche organisiert. Über ein Online-Portal hat sie seither Zugriff auf Rezepte von leicht zuzubereitenden Gerichten, darunter sind auch solche, die Lust machen, etwas Neues wie Gemüse-Nuss-Bratlinge oder einen Couscous-Salat mit einer Joghurt-Minze-Soße zu probieren. In den letzten Monaten gab es eher Speisen, die vielen Kindern vertraut sein müssten. Zum zweiten Frühstück bereiteten sie unter anderem Obstsalate, Gemüsespieße und Müsli zu. Mittags kochten sich die Kinder eine Kartoffelsuppe und eine frische Tomatensoße, die es zu Nudeln gab. „An Nudeln kommt man bei Kindern nicht vorbei“, sagt Frau Herold mit einem Lächeln. Deshalb möchte sie in naher Zukunft mal selbst Nudeln herstellen. Sie hofft, dass die Kinder vielleicht ein Aha-Erlebnis haben. Bei Pommes gab’s dieses. Die Kinder konnten Selbstgemachte mit Fertigprodukten aus dem Supermarkt vergleichen. „Die Selbstgemachten hatten ihnen besser geschmeckt“, sagt sie. Doch nicht nur darüber habe sie sich gefreut, gesteht sie. Einige Male hatte sie schon gehört, wie die Kinder versuchten, ihre Eltern fürs Kochen zu begeistern, in dem sie denen vorschwärmten, wie lecker das selbst zubereitete Gericht war.

Für Anfang Mai hat Marlies Herold die Eltern der großen Gruppe zu einem gemeinsamen Kochen mit anschließendem Essen eingeladen. Das Angebot ist kostenfrei, weil die Barmer jeder Einrichtung, die an dem Programm teilnimmt, 500 Euro spendiert hat. Damit lässt sich schon einiges machen, sagt Frau Herold. Sie geht davon aus, dass das Geld ausreicht, um die Angebote in der Kinderküche in diesem Jahr komplett zu finanzieren. Vorher wurden die Eltern um einen Obolus gebeten, erzählt die Erzieherin. Lukas und die anderen 15 Kinder sind längst fertig mit dem Karottensalat, in den sie noch Apfelstücke und Rosinen gegeben haben. Die Kinder sind ungeduldig. Marlies Herold ruft die Gruppe zum Essen an den Tisch. Danach gehen die Kinder gut gestärkt auf den Spielplatz.