Von Dirk Schulze
Porschendorf. Carola Reichel-Lissel macht sich gut in der Rolle der fröhlichen Müllerin. Bestens gelaunt und auskunftsfreudig führt sie durch ihr Mühlenreich. Dabei ist sie im Hauptberuf eigentlich Buchhalterin, und auch gemahlen wird in der Porschendorfer Mühle schon seit gut zwanzig Jahren nicht mehr. Die Familientradition wird trotzdem am Leben erhalten. Ihr Urgroßvater hat die Mühle 1929 erworben. Der erste bekannte Hinweis auf ein Mahlwerk an dieser Stelle des Wese-nitzufers stammt von 1547. Lange Zeit wurde hier Streumehl hergestellt. Das ist das etwas gröbere Mehl, das die Bäcker unter die Brotlaibe streuen, damit diese nicht anbacken, erklärt Carola Reichel-Lissel. Zu DDR-Zeiten wurde die Mühle zum volkseigenen Betrieb erklärt, nach der Wende bekam ihr Opa sie zurück. Nachdem der Mühlenbetrieb 1994 eingestellt wurde, drohte auch das Wasserrecht zur Nutzung der Wesenitz bald zu erlöschen. Von einem Wehr wird das Wasser in den Mühlgraben abgezweigt. Damit das so bleiben darf, mussten Carola Reichel-Lissel und ihre Eltern die Anlage modernisieren. Eine Fischtreppe hilft den Flussbewohnern jetzt, die Sperre zu überwinden.
2002 zog sie mit ihrem Mann in das alte Mühlengebäude ein. Mittlerweile ist die Familie um zwei Jungs gewachsen, Stück für Stück wird das Haus saniert. In den alten Fachwerkmauern sind zwei Ferienwohnungen entstanden, aber es sollte noch etwas hinzukommen. „Wir wollten ein eigenes Mühlenprodukt kreieren“, sagt Carola Reichel-Lissel. Der Familienrat tagte, heraus kam die Idee mit dem Öl – naturbelassen und kaltgepresst. Vor dem Mühlentag im vergangenen Jahr lieh sich die Familie eine Ölpresse aus, um mal zu probieren: Können wir das? Ist die Nachfrage da? Das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung wächst, immer mehr Menschen wollen weg von Industrielebensmitteln. „Die Idee hat einen Riesenanklang gefunden“, sagt Carola Reichel-Lissel. „Und es hat Spaß gemacht, das auszuprobieren“. Eine eigene Ölpresse musste her.
Seit September verkauft Carola Reichel-Lissel die eigenproduzierten Öle im neu eröffneten Hofladen. Bisher gibt es Rapsöl, Sonnenblumenöl, Hanföl, Kürbiskernöl, Walnussöl und Leinöl. „Es wird nur die pure Saat ausgequetscht und abgefüllt“, erklärt die Mühlenbesitzerin. Nichts kommt hinzu. Ganz neu ab dem Mühlentag am Pfingstmontag sind Leindotteröl und Sesamöl im Sortiment. Für jede Sorte gibt es einen Handzettel mit Wissenswertem und Rezeptvorschlägen.
Der Mühlentag im Landkreis (Auswahl)
Die Öle sind vorwiegend für die kalte Küche gedacht, erklärt Carola Reichel-Lissel, für Salate oder zum Verfeinern. Erhitzt man sie zu stark, verfliegen die wertvollen Inhaltsstoffe. Kürbiskern- oder Walnussöl machen sich gut zu Süßem oder Eis. Mit Raps- oder Sesamöl lässt sich aber auch Gemüse dünsten. Die Manufaktur ist ein kleiner Familienbetrieb nach Feierabend: Carola Reichel-Lissels Vater ist als Pressmeister für die Technik zuständig, die Mutter hilft beim Verkaufen. Der Hofladen hat dreimal die Woche für drei Stunden geöffnet. Das wird sich auch nur allmählich ändern. „Das Öl wird langsam und schonend hergestellt, und so soll auch das Unternehmen wachsen“, sagt Carola Reichel-Lissel.
Das alte Wasserrad gibt es schon seit 1963 nicht mehr, es ging bei einem Hochwasser zu Bruch. Mit der Kraft der Wesenitz wird heute Strom erzeugt. Wie das funktioniert, und wie früher gemahlen wurde, können sich Besucher am Pfingstmontag bei Führungen erklären lassen.
16. Mai ab 10 Uhr, Porschendorfer Mühle, Lindenstraße 17, 01833 Dürrröhrsdorf-Dittersbach, OT Porschendorf