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Frisch gepresst statt gemahlen

In der Porschendorfer Mühle wird jetzt Öl hergestellt. Zum Mühlentag am Montag ist noch mehr los.

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© Steffen Unger

Von Dirk Schulze

Porschendorf. Carola Reichel-Lissel macht sich gut in der Rolle der fröhlichen Müllerin. Bestens gelaunt und auskunftsfreudig führt sie durch ihr Mühlenreich. Dabei ist sie im Hauptberuf eigentlich Buchhalterin, und auch gemahlen wird in der Porschendorfer Mühle schon seit gut zwanzig Jahren nicht mehr. Die Familientradition wird trotzdem am Leben erhalten. Ihr Urgroßvater hat die Mühle 1929 erworben. Der erste bekannte Hinweis auf ein Mahlwerk an dieser Stelle des Wese-nitzufers stammt von 1547. Lange Zeit wurde hier Streumehl hergestellt. Das ist das etwas gröbere Mehl, das die Bäcker unter die Brotlaibe streuen, damit diese nicht anbacken, erklärt Carola Reichel-Lissel. Zu DDR-Zeiten wurde die Mühle zum volkseigenen Betrieb erklärt, nach der Wende bekam ihr Opa sie zurück. Nachdem der Mühlenbetrieb 1994 eingestellt wurde, drohte auch das Wasserrecht zur Nutzung der Wesenitz bald zu erlöschen. Von einem Wehr wird das Wasser in den Mühlgraben abgezweigt. Damit das so bleiben darf, mussten Carola Reichel-Lissel und ihre Eltern die Anlage modernisieren. Eine Fischtreppe hilft den Flussbewohnern jetzt, die Sperre zu überwinden.

Die elektrischen Hammermühlen machten früher einen Höllenlärm.
Die elektrischen Hammermühlen machten früher einen Höllenlärm. © Steffen Unger
Im Hofladen gibt es jetzt kaltgepresste Öle aus eigener Produktion.
Im Hofladen gibt es jetzt kaltgepresste Öle aus eigener Produktion. © Steffen Unger

2002 zog sie mit ihrem Mann in das alte Mühlengebäude ein. Mittlerweile ist die Familie um zwei Jungs gewachsen, Stück für Stück wird das Haus saniert. In den alten Fachwerkmauern sind zwei Ferienwohnungen entstanden, aber es sollte noch etwas hinzukommen. „Wir wollten ein eigenes Mühlenprodukt kreieren“, sagt Carola Reichel-Lissel. Der Familienrat tagte, heraus kam die Idee mit dem Öl – naturbelassen und kaltgepresst. Vor dem Mühlentag im vergangenen Jahr lieh sich die Familie eine Ölpresse aus, um mal zu probieren: Können wir das? Ist die Nachfrage da? Das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung wächst, immer mehr Menschen wollen weg von Industrielebensmitteln. „Die Idee hat einen Riesenanklang gefunden“, sagt Carola Reichel-Lissel. „Und es hat Spaß gemacht, das auszuprobieren“. Eine eigene Ölpresse musste her.

Seit September verkauft Carola Reichel-Lissel die eigenproduzierten Öle im neu eröffneten Hofladen. Bisher gibt es Rapsöl, Sonnenblumenöl, Hanföl, Kürbiskernöl, Walnussöl und Leinöl. „Es wird nur die pure Saat ausgequetscht und abgefüllt“, erklärt die Mühlenbesitzerin. Nichts kommt hinzu. Ganz neu ab dem Mühlentag am Pfingstmontag sind Leindotteröl und Sesamöl im Sortiment. Für jede Sorte gibt es einen Handzettel mit Wissenswertem und Rezeptvorschlägen.

Der Mühlentag im Landkreis (Auswahl)

Niedermühle Hinterhermsdorf

Die Niedermühle lädt am Montag zur Besichtigung, das historische Sägegatter ist in Betrieb. Besucher können sich ihre Sense in einer historischen Dengelmaschine schärfen lassen, es gibt Wasserspiele für die Kinder. Beginn ist 10 Uhr, Adresse: An der Kirnitzsch 3, Parken am Haus des Gastes Hinterhermsdorf.

Schmilk’sche Mühle

„Das Mahlen ist des Müllers Lust!“ heißt es in Schmilka. Im Grenzort steigt vom 14. bis 16. Mai ein Mühlenfest. Die 351 Jahre alte Schmilk’sche Mühle am Fuße des Winterberges kann jeweils ab 10 Uhr besichtigt werden. Beim Schaumahlen können Besucher dem Müller über die Schulter schauen und erleben, wie er Korn zu Mehl verarbeitet. Livemusik sorgt für beschwingte Unterhaltung bis in die Abendstunden. Außerdem hat die erste Bio-Bier-Braumanufaktur der Sächsischen Schweiz geöffnet. (df)

Bähr-Mühle Bad Gottleuba

In der historischen Bähr-Mühle steigt am 15. Mai und 16. Mai das Mühlenfest. Die Eigentümer, Familie Mäke, führen die mehr als einhundert Jahre alte Mahl- und Sägetechnik vor. Im Holzbackofen wird Mühlenbrot gebacken. Die neue Attraktion der Bähr-Mühle ist eine funktionstüchtige Dampfmaschine von 1942. Anlässlich des Mühlenfestes soll sich das erste Mal vorgeführt werden. Außerdem zu erleben: Schaudreschen und Feldschmiede, museale Landtechnik und ein Schrotsägen-Wettbewerb. Am Montag sind alte Traktoren ausgestellt. (df)

Wassermühle Langenhennersdorf.

Am 16. Mai öffnet die Wassermühle an der Waldburg (am alten Bahnhof) von 10 bis 17 Uhr und lädt zu Technik-Führungen, Flohmarkt und Imbiss ein.

Ausflug mit der Ferkeltaxe

Von den Wassermühlen in der Sächsischen Schweiz zu den Windmühlen in der Oberlausitz: Die Ostsächsischen Eisenbahnfreunde sind am Pfingstmontag mit der Ferkeltaxe unterwegs. Der Triebwagen pendelt im Zwei-Stunden-Takt zwischen Löbau und Rumburk. Dorthin gelangen Besucher aus Richtung Sächsischer Schweiz und Elbtal mit der Nationalparkbahn U28. (cb)

Weitere Infos

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Die Öle sind vorwiegend für die kalte Küche gedacht, erklärt Carola Reichel-Lissel, für Salate oder zum Verfeinern. Erhitzt man sie zu stark, verfliegen die wertvollen Inhaltsstoffe. Kürbiskern- oder Walnussöl machen sich gut zu Süßem oder Eis. Mit Raps- oder Sesamöl lässt sich aber auch Gemüse dünsten. Die Manufaktur ist ein kleiner Familienbetrieb nach Feierabend: Carola Reichel-Lissels Vater ist als Pressmeister für die Technik zuständig, die Mutter hilft beim Verkaufen. Der Hofladen hat dreimal die Woche für drei Stunden geöffnet. Das wird sich auch nur allmählich ändern. „Das Öl wird langsam und schonend hergestellt, und so soll auch das Unternehmen wachsen“, sagt Carola Reichel-Lissel.

Das alte Wasserrad gibt es schon seit 1963 nicht mehr, es ging bei einem Hochwasser zu Bruch. Mit der Kraft der Wesenitz wird heute Strom erzeugt. Wie das funktioniert, und wie früher gemahlen wurde, können sich Besucher am Pfingstmontag bei Führungen erklären lassen.

16. Mai ab 10 Uhr, Porschendorfer Mühle, Lindenstraße 17, 01833 Dürrröhrsdorf-Dittersbach, OT Porschendorf