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Friedhof Bienenstock

Die amerikanische Faulbrut breitet sich aus. Viele Bienen hat sie schon getötet. Steffen Wittig weiß, wie man sie schützt.

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© Dietmar Thomas

Von Franziska Klemenz

Großhartmannsdorf. Ist die Faulbrut einmal da, gibt es für ein Bienenvolk nur noch den Feuertod. Oder Schwefel, wie im Mittelalter. Alle Tiere müssen ausgerottet werden. Seit Jahren werden immer wieder neue Fälle in Sachsen bekannt. Jetzt hat das Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt Mittelsachsen die amerikanische Faulbrut, wie sie mit vollem Namen heißt, auch in Großhartmannsdorf festgestellt. Sperrbezirke sollen die weitere Ausbreitung verhindern.

Auf verlorenem Posten

Heimtückisch schleicht sich die Seuche in den Bienenstock und infiziert Larven über den Futtersaft. Sie verkommen zu einem schlabbrigen Moder-Klos, vertrocknen schließlich in der eigenen Wabe. Experte Steffen Wittig beschreibt eine „fädenziehende Masse“ und heruntergeklappte Zelldeckel als charakteristische Merkmale der Krankheit. Das in der Wabe übrig gebliebene Stück Schorf trägt 2,5 Milliarden ansteckender Sporen in sich. Putzerbienen nehmen sie beim Wabensäubern auf und tragen sie weiter. „Selbst wenn die Bienen bemerken, dass etwas nicht stimmt und die infizierte Larve rausschaffen, verteilen sie nur noch viel mehr Sporen im Stock“, sagt Steffen Wittig. Der Nachwuchs stirbt, irgendwann ist das ganze Bienenvolk tot. „Sie haben keine Chance auf Selbstheilung“, sagt Wittig. Der 49-Jährige Imker aus Rhäsa in Nossen hat 35 Wirtschaftsvölker mit 40 000 Bienen und zehn Jungvölker mit 1 000 Bienen. Insgesamt rund 1,4 Millionen Bienen. Bislang sind alle gesund geblieben. Das könnte daran liegen, dass Ziehvater Wittig akribisch auf Hygiene achtet.

Bloß kein Supermarkt-Honig

Der Name Faulbrut rührt von dem fauligen Geruch, den die Seuche im fortgeschrittenen Stadium entwickelt. Dafür muss sie sich über Jahre ausbreiten. Das könnte Wittig nicht passieren. „Ich lasse meine Bienen sehr oft neue Waben bauen. Dunkles Wabenwerk sollte man erst gar nicht entstehen lassen“, sagt er. Je heller, desto neuer.

Wittig rät dringend davon ab, fremden Honig zu verfüttern. „Am schlimmsten ist Honig aus dem Supermarkt. Manche Imker denken, sie würden ihren Bienen damit etwas Gutes tun. 70 Prozent des oft aus dem Ausland stammenden Honigs weisen aber Spuren der Faulbrut auf“, sagt er. Für Menschen ist der Verzehr ungefährlich, für Bienenvölker endet er tödlich. 77 Ausbrüche der Krankheit wurden dieses Jahr in Deutschland gemeldet, neun davon in Sachsen. Wer die Faulbrut feststellt, ist verpflichtet, sie dem Amt zu melden. In Großstädten breitet sich die Seuche besonders penetrant aus, weil Bienen dort häufiger auf fremde Völker treffen. Auch auf dem mittelsächsischen Land mussten Sperrbezirke eingerichtet werden. Ihr Radius beträgt meist drei Kilometer, weiter schwärmen Bienen kaum aus. „Die Sperrbezirke in Langenau und Kleinwaltersdorf hoffen wir in Kürze aufheben zu können“, sagt André Kaiser vom Landratsamt Mittelsachsen auf Anfrage des DA. Nur eine letzte Untersuchung fehlt dazu noch.

In Großhartmanns wurde die Krankheit erst im Juni festgestellt. Momentan müssen sich alle Imker einer ersten Untersuchung stellen. Der Sperrkreis umfasst Großhartmannsdorf, Helbigsdorf, Müdisdorf und den Freiwald von Brand-Erbisdorf. 15 Imker mit 55 Völkern sind betroffen. Erst wenn alle einen Negativbefund erhalten, wird der Sperrbezirk aufgelöst. Bis dahin dürfen keine Bienen aus oder in den Sperrbezirk bewegt werden. Zu riskant. André Kaiser vom Landratsamt rät Imkern, nur Völker oder Ableger zu kaufen, für die ein aktuelles Gesundheitszeugnis vorliegt.

Steffen Wittig lässt so ein Zeugnis jedes Frühjahr anfertigen, gibt Futterkranz-Proben seiner Bienen in ein Labor. Futterkränze sind die oberen Teile einer Wabe, dort lagern Bienen Nahrungsvorräte. Den Labortest kriegt ein Imker zwar nur bei positivem Befund vom Amt erstattet, das ist es Wittig aber wert. „Stelle ich später fest, dass meine Bienen infiziert sind, ist die ganze Jahresernte dahin.“ Vor jeder Wanderung mit seinen Völkern informiert der Bienenfan sich beim Veterinäramt über etwaige Warnungen. Zuletzt ging es nach Brandenburg. Dort blühte die Robinie, besser bekannt als Akazie. Als nächstes kommen Wittigs Bienen auf Blühflächen im Erzgebirge, danach dürfen sie den Nektar von Erika in der Kamenzer Heide trinken. Warum Steffen Wittig sich den ganzen Stress antut? „Als ich den Duft des Honigs roch und die Abläufe im Bienenstock sah, wurde die Faszination in mir geweckt“, sagt er. Das war 1989. Wittigs Faszination hat bis heute gehalten. Vielleicht ist auch das sein Wundermittel gegen Seuchen.

Warum ist die Faulbrut amerikanisch? Ist sie gar nicht, schon der alte Grieche Aristoteles hat drüber geschrieben. Amerika ist nicht der Ursprungsort der Seuche, sie tritt auf der ganzen Welt auf. Amerika hat ihr nur den Namen gegeben, weil sie dort zuerst entdeckt wurde. Neben der amerikanischen Faulbrut gibt es auch noch die europäische. Sie gilt als harmlos, wird wegen ihres säuerlichen Geruchs auch als Sauerbrut bezeichnet.