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Friedersdorfer Kirche ganz in weiß

Die Sanierung des barocken Gotteshauses ist nach 20 Jahren (fast) beendet. Am Sonntag um 14.30 Uhr wird das mit einem Gottesdienst gefeiert.

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© nikolaischmidt.de

Von Rita Seyfert

Berauschend barock, ganz in weiß und mit neuer Christusfigur. Nach umfangreicher Sanierung strahlt die Friedersdorfer Kirche im neuen Glanz. Die Risse im Gewölbe sind verdämmt und vermörtelt, die Holzwürmer gebannt, die Bonbon-Farben ocker, rosa und graublau aus den 1920er-Jahren heruntergewaschen, und zu hohe Luftfeuchtigkeit wird durch sensorgesteuerte Fensterluken reguliert.

Die Inschrift „Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit Anno 1663“ und die Stuckornamente wie zur Zeit der Erbauung.
Die Inschrift „Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit Anno 1663“ und die Stuckornamente wie zur Zeit der Erbauung. © nikolaischmidt.de
Andreas Bertram, Pfarrer der frisch sanierten Friedersdorfer Kirche, traf die Vertreter aus Kirchbauverein und Politik in der vergangenen Woche. Der Landtagsabgeordnete Octavian Ursu ebenso wie der Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer (hinten rechts)
Andreas Bertram, Pfarrer der frisch sanierten Friedersdorfer Kirche, traf die Vertreter aus Kirchbauverein und Politik in der vergangenen Woche. Der Landtagsabgeordnete Octavian Ursu ebenso wie der Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer (hinten rechts) © nikolaischmidt.de
Der sitzende, auferstandene Jesus wurde neu geschnitzt. Die alte Figur war seit den 1970er-Jahren verschollen.
Der sitzende, auferstandene Jesus wurde neu geschnitzt. Die alte Figur war seit den 1970er-Jahren verschollen. © nikolaischmidt.de

Nun ist auch der dritte Bauabschnitt abgeschlossen. 20 Jahre Arbeit gehen damit zu Ende. Nach einjähriger Pause laden Pfarrer Bertram und der Kirchbauverein am Sonntag (28. August) zur Wiedereinweihung ein. Nach dem öffentlichen Festgottesdienst mit anschließender goldener Konfirmation gibt es einen Empfang hinter dem Pfarrhaus. Dort baut die freiwillige Feuerwehr ein Festzelt auf. Bei Regen ist Platz für 120 Personen.

Ganz außer Betrieb war die Kirche im vergangenen Jahr aber nicht. Zwei Paare gaben sich trotz Restaurierung das Ja-Wort. „Die Baugerüste schmückten sie mit Girlanden“, erzählt der Pastor, der stolz darauf ist, dass die Friedersdorfer ihrer Kirche so zugeneigt sind. Sie waren es auch, die vor nunmehr 30 Jahren den Stein ins Rollen brachten. Den Anstoß gab die defekte Augustin-Arnold-Orgel. Ihre 700 Pfeifen gaben keinen Ton mehr von sich. „Wenn wir die noch einmal hören könnten“, machten die älteren Herrschaften Druck. Also sammelte der damalige Pfarrer Gottfried Döring Kollekten. Erfolgreich. Für 120 000 Euro ist das Instrument längst grundsaniert.

Doch die Orgel-Sanierung war im Fall der Friedersdorfer Kirche der zweite Schritt vor dem ersten. Die Bausubstanz hatte Priorität. In drei Etappen arbeiteten sich die Restauratoren von außen nach innen vor. Nach der Sanierung von Dach, Kirchturm, Glockenstuhl und Gebälk verputzten sie die Außenhaut, bevor zuletzt Innenraumschale und Altar an die Reihe kamen.

Die größte Herausforderung war die Finanzierung. Der dritte Bauabschnitt kostete 105 000 Euro, die für die gesamten Arbeiten eingesetzten Mittel belaufen sich auf etwa eine Million Euro. Große Teile davon flossen aus Förderungen des Freistaates Sachsen, Landkreis und Bund. Zahlreiche Stiftungen beteiligten sich, teils nahm auch die Kirchengemeinde Kredite auf. Nicht zuletzt waren es aber auch die Friedersdorfer, die sich der Finanzmittel-Beschaffung beherzt annahmen. Gemeinsam mit dem langjährigen Vorsitzenden Wilfried Renger organisierten die 40 Mitglieder des extra gegründeten Kirchbauvereins Gospel-Konzerte und Benefizveranstaltungen, sammelten Spenden und Beiträge – und kamen so in zehn Jahren auf immerhin 80 000 Euro.

Eine stolze Summe, die unter anderem in den neuen Jesus floss. Der alte Christus stürzte in den 1970er-Jahren bei Sprengungen in der Grube vom Altar und zerbrach. Das geht aus handschriftlichen Aufzeichnungen von Pastor Wilhelm Rüster hervor. Auch Paulus strahlt wieder, allerdings ohne Patina. Das weiche Lindenholz zerbröselte den Restauratoren während der ersten Altar-Sanierung von 1992 bis 1994 unter den Händen weg. Nur Petrus ist noch original. Nun wurden auch die Flügel der Engel neu geschnitzt und der Rahmen gegen Würmer und Anobien imprägniert.

Architektin Doris Kohla begleitet das Projekt seit 1992. „Der Chorbogen war eine besondere Herausforderung“, sagt sie. Massive Risse durchzogen die gotischen Sandsteinbögen. Der barocke Stuck darüber drohte abzufallen. Mörtel wurde in die Fugen gepresst, um die verschiedenen Gesteinsarten miteinander zu verbinden. „Zwei Rissmonitore stecken noch beidseitig und überprüfen, ob Bewegungen stattfinden“, erklärt Fachingenieurin Kohla. Wenn sich eine der beiden tragenden Teile bewegt, ändern sich die Skalen auf den Rechenschiebern. Regelmäßig im Frühjahr und Herbst sollen sie überprüft werden. Denn wenn sich das Gebäude am meisten aufheizt, finden die größten Wärmedehnungen statt.

Mit Taufengel, Kanzel und den Emporenbildern stehen noch ein paar Aufgaben an. Vom fast fertigen Sanierungsstand können sich die Friedersdorfer aber schon jetzt überzeugen.