Merken

Freuden und Bürden des Landlebens

An die tausend Besucher kamen zur Saisoneröffnung des Zabeltitzer Bauernmuseums.

Teilen
Folgen
NEU!
© Kristin Richter

Von Manfred Müller

Zabeltitz. Erika Däweritz hat ans Federschleißen nur gute Erinnerungen. „Da gab es immer gutes Essen“, erzählt sie, „Hausschlachtenes und Eierschecke und am Abend etwas Hochprozentiges.“ Es war eine Tradition in Zabeltitz, dass die Bauern die geschicktesten Frauen zu sich nach Hause einluden, um die Federn der geschlachteten Gänse von den Kielen zu trennen. Mit den Daunen wurden dann die Federbetten und Kopfkissen ausgepolstert. „Das Wohnzimmer sah nach dem Schleißen natürlich entsprechend aus“, lächelt Erika Däweritz. „Da flogen noch wochenlang die Federreste herum.“

Mechthild Kurz lernt das Spinnereihandwerk von ihrer Mutter Senta Eichhorn.
Mechthild Kurz lernt das Spinnereihandwerk von ihrer Mutter Senta Eichhorn. © Kristin Richter
Auch ein altes Handwerk: Sarah Marie (9 Jahre) flechtet einen Korb.
Auch ein altes Handwerk: Sarah Marie (9 Jahre) flechtet einen Korb. © Kristin Richter
Natürlich durfte bei der Wiedereröffnung des Museums der Spielmannszug Zabeltitz nicht fehlen.
Natürlich durfte bei der Wiedereröffnung des Museums der Spielmannszug Zabeltitz nicht fehlen. © Kristin Richter

Heute ist Federschleißen eher eine exotische Angelegenheit, die der Heimatverein staunenden Kindern vorführt. Aber Spaß haben die Frauen noch immer daran. In der guten Stube des Zabeltitzer Bauernmuseums ist es nicht ganz so schlimm, wenn die Federn fliegen. Zur traditionellen Saisoneröffnung lugten Hunderte von Besuchern durch die Tür, und viele wollten ein kleines Schwätzchen mit den Landfrauen abhalten. Draußen vor der Tür hat Mechthild Kurz ihr Spinnrad aufgebaut und verarbeitet Schafwolle zu rustikalen Fäden. „Das muss jetzt noch verzwirnt werden, und anschließend kann man schöne, warme Socken daraus stricken“, erklärt sie. Jeder Winterdienstler und jeder Outdoor-Reisende weiß Schafwollsocken zu schätzen. Nicht nur, weil sie vor Erfrierungen schützen, sondern auch, weil man darin keine Schweißfüße bekommt.

Die Eröffnungsveranstaltung des Bauernmuseums ist einer der kulturellen Höhepunkte im Zabeltitzer Dorfleben. Die musikalische Umrahmung übernimmt der Spielmannszug, der im Dreiseithof sein erstes Freiluftkonzert des Jahres veranstaltet. Vorm Gebäude wird ein kleiner Markt abgehalten, auf dem regionale Händler ländliche Produkte feilbieten. Natürlich ist auch das ortsansässige Handwerk vertreten – die benachbarte Bäckerei Haase etwa oder der Imker Fritz Woitaß. Im Hof selbst werden ländliche Handarbeiten vorgeführt, und für die Kinder gibt es jede Menge Bastelangebote. „Wir erwarten heute fast tausend Besucher“, sagt Christine Schmieder. Die Mitarbeiterin des Museums „Alte Lateinschule“ freut sich, dass der Publikumszuspruch stetig gewachsen ist. Im vorigen Jahr kamen etwa 2000 Wissbegierige, um einen Einblick ins Bauernleben zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu bekommen.

Das Zabeltitzer Museum zeigt das schwere Leben einer Mittelbauernfamilie in der Großenhainer Pflege. Früher lebten auf dem Hof bis zu zehn Personen, die Bauern mit ihren Kindern, die Eltern des Hofbesitzers, Knecht und Magd. Heute werden zahlreiche Stücke aus der bäuerlichen Vergangenheit der Dörfer rund um Zabeltitz gezeigt. Zum Bauernhof gehören das Wohnhaus mit Wohn- und Wirtschaftsbereich sowie Hornviehstall, die Scheune und natürlich ein Auszugshaus, in dem die Altbauern wohnten. Die Wohnräume sind wie zu Urgroßmutters Zeiten eingerichtet. Im Wirtschaftsbereich wie in der Scheune sind alte haus- und landwirtschaftliche Geräte ausgestellt. Um 1810 errichtet, stand der sehenswerte Fachwerkbau kurz vorm Verfall, als die Gemeinde ihn 1981 übernahm und ab 1982 saniert und als künftiges Bauernmuseum ausgebaut wurde.

Besonderer Beliebtheit erfreuen sich die fünf Veranstaltungen für Kinder, die vom Bauernmuseum angeboten werden. Da gibt es einen Kartoffeltag, an dem die alten Lege- und Erntemaschinen ausprobiert werden können. Oder einen Kräutertag, an dem die Kleinen einen Tee aus einheimischen Gewächsen zusammenmixen und verkosten. „Vom Brot zum Korn“ heißt eine Veranstaltung, bei der die Geschichte des Getreides spannend wie ein Krimi erzählt wird. Die dazugehörende Ernte- und Verarbeitungstechnik ist komplett im Museumsfundus vorhanden. Außerdem gibt es Führungen, die mit historischen Spielen angereichert sind und eine märchenhafte Entdeckungsreise, bei der am Lagerfeuer Knüppelkuchen gebacken wird. Die Gruppenangebote und -aktionen eignen sich gut für Wandertage und Kita-Ausflüge und werden nicht nur von Großenhainer Einrichtungen genutzt. Auch Gruppen aus Nünchritz, Gröditz und Riesa und selbst aus Radebeul und Nossen waren schon hier. „Wer das einmal für sich entdeckt hat“, sagt Christine Schmieder, „der kommt auch wieder her.“