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Fressen Mäuse die Felder leer?

Der Landesbauernverband befürchtet eine Nager-Plage in der Oberlausitz. Das liegt nicht nur am milden Winter.

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© dpa

Manuela Reuß

Landkreis. Ein Schreckensszenario lauert: Der milde Winter wird aller Voraussicht nach eine Feldmausplage bescheren. Das prognostizierte Manfred Uhlemann, Hauptgeschäftsführer des Sächsischen Landesbauernverbandes jetzt in Dresden. „Wir befürchten die nicht nur, sondern wir werden sie bekommen.“ Da es bislang kaum Schnee gab, habe aller Wahrscheinlichkeit nach der Großteil der Mäuse in den Winterquartieren überlebt. In schneereichen Wintern ertrinken die Tiere in ihren Löchern, wenn die weiße Pracht schmilzt.

Zudem vermehren sich die Nager außergewöhnlich schnell. Die Feldmaus hat eine Tragzeit von 21 Tagen. Dann bringt sie meist ein Dutzend Junge zur Welt. Nach zwei weiteren Wochen ist auch ihr Nachwuchs geschlechtsreif. Unter optimalen Bedingungen werfen Weibchen alle 20 Tage. So breitet sich die Population rasant aus.

„Mäuselöcher gibt es genug“, schätzt Mario Voigt, Chef der Geißmannsdorfer Agrar GmbH, ein. Auf den Wiesen sowieso, doch jetzt gehe es auch auf den Feldern los. Ob die Entwicklung bedenklich ist, könne er noch nicht einschätzen. „Ich habe mich noch nicht intensiv damit beschäftigt.“ Im vergangenen Jahr hatten die Geißmannsdorfer schon so einige Probleme mit den gefräßigen Nagern, allerdings sei es noch keine akute Beeinträchtigung gewesen.

Mäuse ziehen ihre Kreis

Auch Thomas Adler kennt die Problematik. Der Vorstandsvorsitzende der Großröhrsdorfer Agrargenossenschaft hat auf seinen Feldern auch schon kreisrunde kahle Stellen entdeckt. „Im Raps sieht man das schon von Weitem.“ Denn von der Mäuseburg aus würden die Tiere ihre Kreise ziehen. Auf Wiesen sei der Schaden, den sie anrichten, nicht so gut erkennbar. Denn die Mäuse fressen nicht alle Gräser. Doch der Raps mundet. In seinem Unternehmen sei die Mäuseplage aber noch nicht ganz so schlimm, erklärt Thomas Adler. „Denn wir arbeiten auch noch mit dem Pflug.“

Ob die befürchtete Mäuseplage eintritt, könne man momentan noch nicht einschätzen, sondern erst wenn belastbare Daten zum aktuellen Befall vorliegen, erklärt die Pressesprecherin des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Karin Bernhardt. „Erste Ergebnisse aus unserer sogenannten Schaderregerüberwachung sind voraussichtlich ab Mitte März zu erwarten.“ Im vergangenen Jahr habe es in Sachsen und in angrenzenden Bundesländern einen starken Befall durch Feldmäuse gegeben. „Die Erfahrung zeigt jedoch, dass auch nach einem solchen ,Mäusejahr‘ die Feldmauspopulation in kurzer Zeit zusammenbrechen kann.“ Ein milder, weitgehend schneefreier Winter allein sei noch kein Indiz dafür, dass es eine erhöhte Feldmauspopulation geben wird, betont die Pressesprecherin. „Auch die weit verbreitete Meinung, dass die Mäuse bei strengem Frost kaputtgehen, ist so nicht richtig. Sie kommen mit knackiger Kälte viel besser zurecht als zum Beispiel mit nassem Wetter oder ständigen Schwankungen von warm auf kalt und umgekehrt.“

Von Vorteil: das Pflügen

Der Chef der Saritscher Agrar GmbH Stefan Triebs sieht die Nager-Plage relativ gelassen. Auf den Feldern seines Betriebes gibt’s kaum Mäuse. Denn die Saritscher gehören zu den wenigen Unternehmen, die noch pflügen. Dadurch werden die Höhlen der Tiere zerstört. In einer intensiven und ausreichend tiefen Bodenbearbeitung sieht auch Pressesprecherin Karin Bernhardt eine Möglichkeit, die Feldmauspopulation in den Griff zu bekommen. „Das ist aber nicht überall möglich, zum Beispiel nicht auf Wiesen und Weiden.“

Allerdings steht dieser Vorschlag in Diskrepanz zur bisherigen Einstellung der Landespolitik, weiß Stefan Triebs, der gleichzeitig Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Bautzen/Kamenz ist. Seit Jahren fördere Sachsen nämlich aus Erosionsschutzgründen flächendeckend die pfluglose Bodenbearbeitung. „Deshalb wird ja auch kaum noch gepflügt. Betriebe, die ihre Pflüge verkauft haben, gucken jetzt bissel in die Röhre.“

Landwirte könnten auch die natürlichen Feinde der Feldmäuse fördern, schlägt die Landesamts-Sprecherin vor. Sitzkrücken für Greifvögel seien eine Möglichkeit. „In extremen Befallsjahren schaffen es die Gegenspieler allerdings nicht, den Befall unter Kontrolle zu halten“, gibt sie zu. Zurzeit könnten auf befallenen Kulturflächen auch zugelassene Mausköder verdeckt ausgebracht werden. Dazu muss der Landwirt mit der sogenannten Legeflinte – einem Rohr, mit dem man Giftkrümel in die Mäuselöcher einstreuen kann – von Mauseloch zu Mauseloch laufen. Ein ungemein zeit- und arbeitsintensives Prozedere. „Das hilft aber auch nicht richtig“, weiß Stefan Triebs. Deshalb gab es im vorigen Jahr einen heißen – allerdings erfolglosen – Kampf darum, per Ausnahmegenehmigung Köder großflächig mit dem Düngerstreuer ausbringen zu dürfen. Vor allem Thüringer Berufskollegen hätten seinerzeit unter einer enormen Mäuseplage gelitten.