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Freitals lauteste Baustelle

Für die neue Rettungswache werden 100 Stahlbetonsäulen in den Boden gerammt. Aus gutem Grund.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Freital. Freitals lauteste Baustelle liegt derzeit nahe der Kreuzung Dresdner Straße/Lutherstraße. Gegenüber dem Kulturhaus rammt ein riesiges Monstrum – gleichzeitig Kran und Hammer – seit einigen Tagen gut 100 Pfähle aus Stahlbeton in den Boden. „Wumm, wumm, wumm“, dröhnt es, mit jedem Schlag spürt man unter den Schuhsohlen, wie der Boden vibriert. „Tolle Technik, was?“, ruft Andreas Fischer gegen den Lärm an. Fischer ist Planer und Bauüberwacher für die neue Rettungswache des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Sie soll gleich hinter dem jetzigen Domizil entstehen. Geplant ist eine Kombination aus Bürobau und Garagenhof. Dafür wird nun die Gründung angelegt.

Weil das Gelände, einst Lagerplatz des angrenzenden Glaswerks, aufgefüllt ist, wäre das übliche Aufschachten für ein Fundament viel zu aufwendig. Zudem befinden sich unter dem lockeren Boden Flusskiese der Weißeritz. Sie würden ebenfalls nicht den notwendigen Halt liefern. Also werden durch die neun bis elf Meter dicke Schicht Pfähle aus Stahlbeton getrieben – so tief, bis sie auf den anstehenden Fels treffen. Stehen alle 100 Stützen, werden sie knapp über dem Boden in gleicher Höhe gekappt. In einem nächsten Schritt wird auf die 100 Stützen ein riesiges Trägerrost gesetzt und darauf wiederum die Rettungswache errichtet. „Der gesamte Komplex ruht also auf Pfählen“, erklärt Fischer. Der Komplex nimmt eine Grundfläche von gut 1 200 Quadratmetern in Anspruch.

Der Rettungsdienst ist bisher in einem Gebäude untergebracht, das einst öffentliche Bedürfnisanstalt und später eine Taxi-Zentrale war. 1997 zog der Rettungsdienst des DRK ein. Dafür wurde ein Anbau mit mehreren Garagen errichtet. Von hier aus starten die Notfallteams zu Einsätzen in der Stadt Freital, Rabenau und Bannewitz.

Doch das Domizil ist zu klein geworden. Die mittlerweile 18 Fahrzeuge parken im gesamten Gelände, teils unter freiem Himmel. Und die 80 Mitarbeiter haben in ihren Aufenthalts-, Büro- und Umkleideräumen kaum noch Platz. „Die Kapazitätsgrenze ist überschritten“, sagt Eyk Klügel, Leiter des Rettungsdienstes. Als das DRK Ende 2016 eine neue Ausschreibungsrunde für das Rettungswesen im Landkreis gewann, fiel die Entscheidung für den Neubau einer Wache. Dazu kam, dass mittlerweile neue Vorschriften in Kraft traten: Pro Rettungsfahrzeug müssen 55 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung stehen. Klügel: „In unserem jetzigen Gebäude ist das gar nicht umsetzbar. Das ist alles viel zu eng.“

Das DRK musste ein Baugrundstück im Umfeld des bisherigen Standortes suchen. Klügel: „Am Stadtrand zu bauen ist Quatsch, wir müssen zentral liegen.“ Fündig wurde man gleich in der Nachbarschaft. Kürzlich war Baustart. Errichtet wird nahe der Dresdner Straße ein zweigeschossiger Büro- und Sozialbau, in dem auch Seminar- und Fitnessräume untergebracht werden. Dahinter entsteht ein Flachbau für insgesamt 18 Fahrzeuge, Werkstatt und Waschanlage. Die Ausfahrt im Einsatzfall läuft über die Dresdner Straße. „Weil das Baugelände höher als die Fahrbahn liegt, legen wir eine Rampe an“, erklärt Planer Fischer. Die Wirtschaftszufahrt soll an der Lutherstraße abzweigen.

Es geht aber nicht nur um bessere Arbeitsbedingungen, sondern auch optimale Laufwege. Der Neubau ist so geplant, dass die Sanitäter schneller von ihren Aufenthaltsräumen an ihre Fahrzeuge kommen. Denn jede Sekunde zählt, wie Rettungsdienstleiter Klügel erläutert: „Uns ist von der Alarmierung durch die Leitstelle bis zum Losfahren maximal eine Minute Ausrückezeit vorgeschrieben.“ Das sei im alten Gebäude zwar einzuhalten, aber nur knapp. „Im neuen Haus sind die Wege und dadurch die Ausrückezeit kürzer.“

Der Rohbau soll vor dem Winter stehen, sodass in der kalten Jahreszeit der Innenausbau erfolgen kann. Die Inbetriebnahme der neuen Rettungswache ist für Mitte 2019 geplant. Den Altbau wird das Rote Kreuz aber nicht aufgeben, sondern hat dafür schon eine neue Verwendung. Wie Eyk Klügel sagt, soll der Behindertenfahrdienst, der jetzt noch an der Papierfabrik in Hainsberg eingemietet ist, die Räume des Rettungsdienstes übernehmen.