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Freiheitsberaubung war vorgetäuscht

Zwei Roßweiner sollen eine 16-Jährige im Keller gefesselt und sie bedroht haben. Kein einziger Zeuge bestätigt das.

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© Symbolbild/André Braun

Von Helene Krause

Döbeln. Drei Verhandlungstage brauchte das Amtsgericht Döbeln, um in den bizarren Fall einer angezeigten Freiheitsberaubung Licht zu bringen. Angeklagt waren ein zur Tatzeit 52-Jähriger und ein 25-Jähriger. Vorgeworfen wurde ihnen Freiheitsberaubung. Die Tat soll sich am 29. März 2016 in der Wohnung und im Keller des Älteren in der Roßweiner Stadtbadstraße abgespielt haben. Dort soll der 52-Jährige eine 16-Jährige ins Gesicht geschlagen und sie bespuckt haben. Angeblich hätte die Geschädigte Handys gestohlen. Anschließend sollen er und der 25-jähriger Mittäter das Mädchen in den Keller gebracht und sie an einen Stuhl gefesselt haben. Dann wären drei Männer gekommen. Die hätten schwarze Kleidung getragen und wären vermummt gewesen. Die Angeklagten drohten dem Opfer, das wären Russen, die sie mitnehmen würden (DA berichtete).

Weil die Angeklagten die Tat leugneten und die Geschädigte sich in der Zeugenbefragung widersprach, wurde vom Gericht ein zweiter Verhandlungstermin festgesetzt. Doch auch an dem konnte die Tat nicht nachgewiesen werden. Eine Zeugin berief sich auf ihr Verweigerungsrecht. Eine andere war nicht zur Verhandlung gekommen. Drei Polizeibeamte fehlten entschuldigt.

Am dritten Verhandlungstag sagt die Zeugin, die am zweiten Verhandlungstag fehlte, dass sie zu der Freiheitsberaubung nichts sagen kann. Als sie in der Wohnung des 52-Jährigen war, sei die 16-Jährige weder geschlagen, noch gefesselt oder bedroht worden. Sattdessen sagt sie, dass sie zwölf oder 13 Handys und einen Autoschlüssel in die Wohnung mitgebracht hätte. Die Mobiltelefone und den Schlüssel hätte die 16-Jährige vermutlich gestohlen. Diese übergab sie am selben Tag der Polizei. Ihre Aussage bestätigen zwei Beamte, die der ältere Angeklagte in seine Wohnung gerufen hatte, um die Sache mit den Mobiltelefonen und dem Autoschlüssel zu klären. „Sie hat keinen verängstigten Eindruck gemacht“, sagen beide Zeugen. Verletzungen haben sie bei dem Opfer nicht gesehen. Weil die Beamten feststellten, dass die 16-Jährige aus dem Kinderheim in Tanndorf ausgerissen war, nahmen sie die Jugendliche mit aufs Döbelner Revier. Polizeibeamte der Nachtschicht brachten sie später zurück ins Heim. „Wir kennen sie schon“, sagen die Polizisten. „Sie hat Polizeierfahrung und lügt.“ Auch der Beamte, der die 16-Jährige ins Kinderheim nach Tanndorf fuhr, stellte bei ihr keine Verletzungen fest. Woher die Rötungen kamen, die später die Grimmaer Polizei auf Fotos dokumentierte, bleibt offen.

Richterin Marion Zöllner spricht die Angeklagten vom Tatvorwurf der Freiheitsberaubung frei. Der 16-Jährigen droht nun ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung. Verurteilt wird der ältere Angeklagte aber wegen mehrerer kleiner Gaunereien. Alle waren in dem Verfahren mitangeklagt. Der Beschuldigte hatte sich von seinem Vermieter eine Kettensäge geborgt und diese verkauft. Außerdem hatte er sich von dem Vermieter einen Sägebock geborgt und nicht zurückgegeben. Später täuschte er, um die Versicherung zu kassieren, einen Einbruch in seine Gartenlaube vor. Auch zeigte er einer Polizistin einen Vogel. Im September 2016 schlug er einen Mann auf der Hainichener Straße in Döbeln ins Gesicht und drohte, ihn zu töten. Richterin Zöllner verurteilt ihn wegen Unterschlagung, Diebstahl in zwei Fällen, Versicherungsmissbrauch, Vortäuschen einer Straftat, Beleidigung und vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1 750 Euro. Das Urteil ist rechtskräftig. Die Geldstrafe will der Hartz-IV-Empfänger in Arbeitsstunden umwandeln lassen.