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Freiheit für den Mortelbach

Viertklässler räumen ein altes Betonrohr aus dem Gewässer. Damit tragen sie zum Natur- und Hochwasserschutz bei.

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© Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Grünlichtenberg/Waldheim. Mit Feuereifer rammen die Kinder ihre Schaufeln in den feuchten Waldboden. Sie übernehmen am Freitagfrüh im Nonnenwald eine wichtige Aufgabe: Die Viertklässler der Grundschule Grünlichtenberg entfernen ein altes Betonrohr. Das liegt inmitten des Bettes des Mortelbachs und wird nicht mehr gebraucht. Sie leisten damit ihren Beitrag zum Projekt Inströmung des sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG). Ziel ist, dem Mortelbach zwischen dem Quellbereich im Rossauer Wald und der Zschopaumündung in Waldheim mehr Raum zu geben. Es erfolgt eine naturnahe Gewässerumgestaltung. Das nützt nicht nur der Natur, sondern dient auch zum Schutz vor Hochwasser.

Zu eng, zu bewachsen, zu dicht bebaut, zu wenig Leben – der Gesamtzustand des Mortelbachs ist schlecht, so Alexander Menzer von der Wasserbehörde des Landratsamtes Mittelsachsen. „Die Quellbereiche wie hier sind besonders sensible Stellen“, sagt er. Das Betonrohr mitten im Wald erfüllt keinen Zweck. Da es sich aber um einen Eingriff in das Gewässer handelt, musste das Vorhaben beantragt und genehmigt werden. Menzer hat den Ausbau „überwacht“. „Der Termin mit den Kindern hier ist ein Anfang für das Modellprojekt, auch wenn er zunächst eher Symbolcharakter hat“, sagt er.

Die Viertklässler nehmen ihre Aufgabe jedoch sehr ernst und graben sich fast gegenseitig die Erde unter den Füßen weg. Der Anfang ist nicht leicht. Gras und Gestrüpp müssen zunächst mit den Schaufeln durchdrungen werden. Doch recht schnell stoßen sie auf zwei dicke Baumstämme. „Die wurden links und rechts neben dem eigentlich Rohr abgelegt. Einerseits, um es zu stabilisieren. Und andererseits um Erde zu sparen“, erklärt Marcel Philipp. Er ist Förster im Revier Rossau des Staatsbetriebes Sachsenforst. Das Betonrohr sei vermutlich in den 1980er Jahren verlegt worden. Es ist bereits kaputt. Selbst für die Kinder ist es kein allzu großer Kraftakt, die Einzelteile aus dem Bachbett zu räumen.

Die Überreste haben Philipp und seine Sachsenforst-Kollegen später abtransportiert. Auch die überflüssige Erde ist aus dem Bachlauf geräumt worden. Trotz des Regens der vergangenen Tage führt der Mortelbach kein Wasser. „Seit dem Flutjahr 2013 herrscht Trockenheit. Selbst die Schneeschmelze in diesem Jahr hat nicht gereicht, um die Böden zu sättigen“, erklärt Alexander Menzer das Phänomen. Förster Philipp ergänzt: „Hier in diesem Quellbereich von Mortel- und Zweibach gibt es schwere Tonböden. Das müssen wir beim Waldumbau beachten. Das heißt, wir forsten vorrangig mit Stileichen und Weißtanne auf.“ Der Anteil an Laubbäumen soll dabei höher sein als der an Nadelhölzern. Das sei wichtig für die Wasserqualität und somit für die Lebensbedingungen für die Wasserinsekten, erklärt Alexander Menzer. Derzeit seien die ökologischen Bedingungen für die Flussbewohner im gesamten Verlauf des Mortelbachs schlecht: „Die Gewässerflora ist unbefriedigend.“

Nach etwa einer halben Stunde haben die Kinder es geschafft und ihr Tagwerk mit vereinten Kräften erfolgreich erledigt. „Im Nachgang wird die Böschung angepasst und Gras gesät. Den Rest erledigen Wasser und Wald dann schon allein“, so Alexander Menzer.

Dank des Rohrs gab es bislang eine Überfahrt zwischen den Waldbeständen links und rechts des Bachs. „Dass diese nun wegfällt, ist für uns aber kein Problem“, sagt Förster Marcel Philipp. Denn es gebe viele kleine, vernetzte Wege im Wald. „Da brauchen wir diesen einen nicht zwingend. Wichtiger ist, dass die DDR-Altlast aus dem Boden verschwunden ist“, meint er.

Für die Grundschüler ist ihr Einsatz als Bauarbeiter auf Zeit der Abschluss einer Projektwoche. Einige von ihnen haben im vergangenen Jahr bereits bei der Untersuchung des Mortelbachs geholfen, wie Susanne Brenner von der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt sagt. Ehe der Mortelbach in dem Zustand ist, in dem ihn die Experten gern hätten, wird es noch dauern. Die Gemeinde Kriebstein und die Stadt Waldheim müssen ihren Teil zur Umsetzung beitragen – auch finanziell. Beide Kommunen haben in den vergangenen Monaten den Weg dafür freigemacht (DA berichtete). Wie Menzer sagt, müsse die Revitalisierung jedoch bis spätestens 2027 abgeschlossen sein. So verlange es die Europäische Wasserrahmenrichtlinie.