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Freie Sicht aufs Lingnerschloss

Die Fassade zum Park ist fertig. Aber für die komplette Sanierung fehlt immer noch Geld.

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© Christian Juppe

Von Bettina Klemm

Auch wenn die Elbseite vom Lingnerschloss besonders gern gezeigt wird, stiehlt ihr jetzt die Nordseite die Show. Dort sind alle Gerüste abgebaut, und das Gebäude sieht wieder so aus, wie zu Zeiten des Schlossbaus 1853. An der Parkseite befindet sich auch der Haupteingang.

In leuchtenden Tönen präsentiert sich die Haupttreppe im Lingnerschloss. Die Originalfarbe kam erst unter sieben alten Farbschichten zutage.
In leuchtenden Tönen präsentiert sich die Haupttreppe im Lingnerschloss. Die Originalfarbe kam erst unter sieben alten Farbschichten zutage. © Christian Juppe

„Jetzt ist es möglich, von den Ausstellungsräumen im Erdgeschoss bis hin zu den Turmstuben und dem Dachgeschoss zu gelangen“, erklärt Eberhard Reißmann vom Förderverein Lingnerschloss. Im Foyer sind die Tonnengewölbe wiederhergestellt. Zwei große Marmorsäulen schmücken den Raum. Hinauf führt eine attraktive Treppe mit rotem Teppich. Wem das zu beschwerlich ist, der kann auch einen Aufzug nutzen. Allerdings fehlt noch die farbliche Gestaltung im Foyer. In Kürze werde eine Probeachse angefertigt, kündigt Reißmann an. Sie soll es auch leichter machen, weitere Spender zu gewinnen.

Der Förderverein saniert das denkmalgeschützte Schloss seit 2004. Der Vorsitzende Peter Lenk und seine ehrenamtlichen Mitstreiter hatten gehofft, schneller voranzukommen. Doch immer wieder gab es Probleme, aber auch zusätzliche Wünsche. Jetzt sind etwa 80 Prozent der Sanierungsarbeiten geschafft. Rund zwölf Millionen Euro hat der Verein bisher verbaut, zum größten Teil Spenden und Sponsorleistungen. Auf die Frage, wann das Schloss fertig saniert ist, antwortet Vorstand Reißmann: „In zwei Millionen.“ Diese Summe fehlt noch.

Deshalb lässt der Förderverein auch nicht bei der Suche nach Unterstützern nach. In etwa zwei Jahren, so rechnet Reißmann, soll die Sanierung abgeschlossen sein. Auch die Besucher des Schlosses tragen dazu bei. Für drei Euro können sie sich in einer kleinen Ausstellung über das Leben von Lingner informieren und von der Dachterrasse einen der schönsten Blicke auf Dresden genießen. Ein Panoramabild hilft ihnen bei der Orientierung. Im ersten Jahr nutzten bereits mehr als 7 000 Besucher diese Möglichkeit.

Seit Ende März ist das mittlere der drei Elbschlösser auch ein Ort für Hochzeiten. Dann wird der Kinosaal, der im Stil der 50er-Jahre wiederhergestellt wurde, zum Standesamt. Angelika Beer vom Förderverein kümmert sich nicht nur um die Terminplanungen, sondern putzt vor jeder Trauung die Räume im Schloss. Weil dort noch gebaut wird, verteilt sich ganz feiner Staub, der würde die festliche Stimmung stören. Für das Brautpaar und die Trauzeugen gibt es einen kleinen Vorbereitungsraum. Auch im hinteren Teil des Kinos wurde ein zusätzlicher Raum geschaffen.

Der Unternehmer Karl August Lingner hatte das Schloss einst zu seinem prachtvollen Wohnsitz gemacht. Mit der Vermarkung des Mundwassers Odol hatte er sein Vermögen gemacht. In seinem Testament vererbte er 1916 das Schloss der Stadt mit der Bedingung, es „zum Besten von Dresden und Umgebung“ zu machen. Da passen die Trauungen sicherlich gut dazu. Ob ein Puma Glück bringt, ist nicht belegt. Aber die Brautpaare und ihre Gäste können jetzt so ein Tier aus Bronze auf der Dachterrasse streicheln, vielleicht hilft es. Das Kunstwerk von Heinz Hoyer wurde vom Verein bildender Künstler gestiftet.

Gerade bei schönem Wetter nutzen viele Besucher die Gartenwirtschaft. Der provisorische Kiosk soll nun für einen Neubau weichen. Dieser wird etwas weiter westlich in Richtung Schloss Albrechtsberg gebaut. Die Arbeiten sollen im Sommer beginnen.

Dann wird wahrscheinlich auch die Fassade an der Südseite abgebaut. Das ist aus statischen Gründen erforderlich. Nach der Sanierung wird sie wieder angebaut. Allerdings entsteht im Obergeschoss ein Balkon statt der jetzigen Verglasung. Noch viel zu tun gibt es im Festsaal. Dort sind derzeit die rohen Ziegelwände zu sehen.

Parallel zum Bau sorgt sich der Förderverein um die Nutzung des Schlosses. Getreu des Testaments von Karl August Lingner finden dort Veranstaltungen für die Öffentlichkeit statt. Neben der Kultur- und Vortragsreihe am Freitag gibt es jetzt zweimal im Jahr eine Ausstellung. Derzeit zeigt der Künstler Werner Schellenberg seine Arbeiten. Neu ist das Lingnerforum. Das nächste findet am 27. Mai zum Thema „Wer regiert die Welt?“ statt.

Besonders gut werden die montäglichen Kinoangebote angenommen, sagt Reißmann. Zum Kikili, zum Kinder-Kino im Lingnerschloss, kommen sonntags meist Großeltern mit ihren Enkeln. Am 26. April wird zugleich der 60. Geburtstag des Defa-Trickfilmstudios gefeiert.