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Freie Schulen unter Druck

Mit viel Geld macht Sachsen den Beruf des Lehrers attraktiver. Einige Einrichtungen können da nicht mithalten.

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© Uwe Soeder

Von Marleen Hollenbach

Bautzen. Um ihre Zukunft muss sich Janet Werner keine Sorgen machen. Als Lehrerin ist sie so gefragt, wie noch nie. Werner arbeitet am Evangelischen Schulzentrum in Gaußig. Sie hat sich für eine Einrichtung in freier Trägerschaft entschieden. Der Evangelische Schulverein sorgt dafür, dass die Lehrerin immer genügend Kollegen zur Seite hat. Erst kürzlich hat er eine Anzeige im Internet veröffentlicht, die neue Mitarbeiter anlocken soll. Beinahe jedes Fach ist gefragt, ausgebildete Lehrer genauso wie Seiteneinsteiger.

Der Schulverein vertraut darauf, dass sich geeignete Bewerber finden. Doch das wird im Landkreis Bautzen immer schwieriger. Das Problem: Schon jetzt verdienen Lehrer an freien Schulen meist weniger als ihre Kollegen in den öffentlichen Einrichtungen. „Und diese Schere wird immer weiter auseinander gehen“, erklärt Christian Zimmer, Sprecher der Arbeitsgruppe der freien Schulen in der Oberlausitz.

Förderpaket verschärft die Situation

Zimmer kritisiert vor allem das neue Förderpaket „Zukunftsfähige Schule“ der Landesregierung. Innerhalb von zwei Jahren sollen in diesem Rahmen 213 Millionen Euro fließen. Ziel ist es, den Lehrerberuf in Sachsen insgesamt attraktiver zu machen. In einer Pressemitteilung des Kultusministeriums werden die Punkte aufgeführt. So bekommen zum Beispiel Lehramtsanwärter ab sofort einen Gehaltszuschlag von 390 Euro pro Monat. Vorausgesetzt, sie verpflichten sich dazu, für vier Jahre als Lehrer im Freistaat Sachsen tätig zu sein. Und das ist nur einer von vielen finanziellen Anreizen.

Der Haken an dem Förderprogramm: Es ist ausdrücklich für Schulen in öffentlicher Trägerschaft aufgelegt. Die freien Schulen bleiben erst einmal außen vor.

Große Nachfrage an Privatschulen

Kerstin Otto vom Evangelischen Schulverein im Landkreis Bautzen kennt das Problem. Freie Schulen seien ohnehin gegenüber staatlichen Einrichtungen benachteiligt, weil sie weniger Zuschüsse vom Freistaat bekommen. „Das neue Förderpaket verschärft diese Situation noch“, sagt sie. Dabei denkt Kerstin Otto nicht nur an das Schulzentrum in Gaußig. Denn der Verein betreibt auch die Grundschule in Frankenthal und die Paulus-Mittelschule in Königswartha.

Noch merkt Kerstin Otto keine negativen Auswirkungen. Anders geht es Henry Nitzsche vom Evangelischen Schulverein in Oßling. Einer seiner Lehrer hat sich bereits abwerben lassen. Dabei kann die Oberschule auf keinen ihrer Mitarbeiter verzichten. „Wenn noch mehr Lehrer gehen, bekommen wir eklatante Schwierigkeiten“, so Nitzsche. Die Schule in Oßling ist beliebt. Immer mehr Eltern melden ihre Kinder dort an. Der Verein plant, bald auch Grundschüler zu unterrichten. Die Nachfrage ist groß.

Ministerium stellt Hilfe in Aussicht

Überall in Sachsen verzeichnen die freien Schulen einen Zuwachs. Mittlerweile gibt es im Freistaat fast 400 allgemeinbildende Schulen in freier Trägerschaft. Auch im Landkreis Bautzen sind die freien Schulen inzwischen gut belegt. Mehr als 2 400 Schüler lernen derzeit in einer solchen Einrichtung.

Dass freie Schulen wichtig sind, findet auch das sächsische Bildungsministerium. Referentin Susann Meerheim ist sich sicher, dass das Förderpaket am Ende nicht nur den staatlichen Schulen zugute kommt. Schließlich gebe es jedes Schuljahr neue Verhandlungen über den Zuschuss für die freien Schulen.

Bei der Berechnung der Fördergelder schaut sich das Ministerium an, wie hoch das Gehalt der sächsischen Lehrer insgesamt ist. „Hier werden sich also die im Maßnahmenpaket verkündeten Vergünstigungen auch für die freien Schulen widerspiegeln“, so die Sprecherin des Bildungsministeriums.

Sorge um die Zukunft

Dass das kein leeres Versprechen ist, hofft Lioba Holfeld, Geschäftsführerin des Schulvereins in Schirgiswalde. Bis dahin versucht sie ihre Lehrer zu halten – zum Beispiel durch ein gutes Arbeitsklima. „Ich denke aber auch, dass wir die Mitarbeiter mit unserem pädagogischen Konzept überzeugen können“, sagt sie.

Christian Zimmer ist da skeptischer. Er orientiert sich vor allem an den Zahlen. So hätte sich der Zuschuss pro Schüler um 0,5 Prozent bei freien Grundschulen beziehungsweise um 1,2 Prozent bei den freien Gymnasien erhöht. „Gleichzeitig stieg das Gehalt der Lehrer an staatlichen Schulen um mehr als zwei Prozent an. Wie passt das zusammen?“, fragt er. Am Mittwoch will sich Christian Zimmer mit Vertretern der freien Schulen in der Oberlausitz an einen Tisch setzen. Eines steht schon jetzt fest: Lautlos hinnehmen werden sie das neue Förderpaket nicht.