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Freie Platzwahl auf dem Friedhof

In Dresden leben und sterben in Zukunft immer mehr Menschen. Dennoch müssen die Verwalter werben.

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© Sven Ellger

Von Jana Mundus

Die vielen Maries, Sophies, Pauls und Emils sind ein Grund. Durch die vielen Geburten, im Jahr 2013 waren es 6.070, leben in Dresden immer mehr Menschen. Zusätzlich ziehen viele von außerhalb in die Stadt, mehr als von hier weggehen. Derzeit hat die Landeshauptstadt 535.810 Einwohner. Im Jahr 2025 sollen es schon 556.700 sein. Auch die Sterbezahlen werden somit steigen. Von momentan 5.100 Fällen pro Jahr auf circa 6.200. Doch gibt es auf den Dresdner Friedhöfen auch dann noch genug Platz?

Die letzte Ruhe in der Nähe des Komponisten Carl-Maria von Weber zu finden ist in Dresden möglich. Auf dem Alten Katholischen Friedhof in der Friedrichstraße. Doch das Interesse daran ist derzeit gering. „Wir müssen richtig Werbung für unsere beiden katholischen Friedhöfe machen“, sagt Christoph Pötzsch, Leiter des katholischen Büros Sachsen. Auf dem Alten und dem Neuen Katholischen Friedhof in der Bremer Straße finden jährlich jeweils nur 50 Beerdigungen statt. „Die Dresdner lassen sich lieber in ihren Stadtteilen begraben“, nennt er den Hintergrund. Für die Zukunft sei es deshalb kein Problem, eine Grabstelle auf einem der Friedhöfe zu finden. Wer will, kann sie sich sogar schon vor seinem Ableben aussuchen und sichern.

Friedhof wird wieder Wald

Die Landeshauptstadt Dresden arbeitet zurzeit an einem Friedhofsentwicklungskonzept. Dabei werden nicht nur die vier städtischen Friedhöfe, sondern auch der jüdische, die katholischen und die über 40 evangelischen Friedhöfe betrachtet. „Trotz steigender Sterbefallzahlen haben wir mehr Friedhofsfläche, als in den nächsten Jahrzehnten jemals für Bestattungen benötigt wird“, erklärt dazu Katja Porrmann vom Sachgebiet Friedhofswesen der Landeshauptstadt. Auf Dresdner Friedhöfen werden im Jahr durchschnittlich 5.800 Verstorbene beigesetzt, denn auch Menschen, die eigentlich nicht mehr in der Stadt lebten, wollen hier begraben werden. „Die vorhandenen Friedhofsflächen sind aber nur zu 60 Prozent ausgelastet“, fügt Katja Porrmann hinzu.

Erweiterungen werden deshalb in Zukunft nicht notwendig. Im Gegenteil: Insgesamt 20 Hektar des Heidefriedhofs wurden sogar schon wieder an den Städtischen Forst übertragen, weil sie für Beerdigungen nicht mehr benötigt wurden. Eine Ausnahme gibt es allerdings. „Weil aus religiösen Gründen eine Wiederbelebung alter Grabstellen nicht möglich ist, wird der Jüdische Friedhof kurzfristig erweitert werden müssen“, so Katja Porrmann.

Dresdner wollen in die Urne

Dass der Platz nicht knapp wird, hat auch mit den Vorlieben der Dresdner zu tun. Sie favorisieren die Einäscherung und die Verwahrung der Asche in der Urne, die im Vergleich zur Beisetzung im Sarg deutlich weniger Fläche in Anspruch nimmt. Auf den vier städtischen Friedhöfen wurden im Jahr 2013 fast 99 Prozent Urnenbestattungen vorgenommen. Betrachtet man alle Friedhöfe in Dresden, waren es immerhin 88 Prozent. „Die Dresdner Friedhöfe wurden zu einer Zeit angelegt, als Tradition und Konvention mehrheitlich die Erdbestattung verlangten“, erklärt Mira Körlin, Sprecherin der beiden evangelisch-lutherischen Kirchenbezirke in Dresden. Die Urnenbestattung sei nun am beliebtesten, und auch viele Gemeinschaftsgrabanlagen würden entstehen.

Letzteres kann auch Katja Porrmann bestätigen. Die Zahl der anonymen Grabstellen, wie sie noch vor einigen Jahren beliebt waren, geht zurück. Dafür werden immer mehr Urnengemeinschaftsgräber für mehrere Verstorbene eingerichtet, deren Namen auf einem gemeinsamen Grabmal vermerkt werden.

Auch auf den katholischen Friedhöfen denken die Verantwortlichen um. Schon seit 1983 ist die Feuerbestattung nicht mehr verboten, und auch der Grundsatz, dass nur Katholiken beerdigt werden dürfen, weicht immer mehr auf. „Solange die Trauerfeier und das Begräbnis in einem für uns akzeptablen Rahmen stattfinden, ist es kein Problem, wenn der Verstorbene kein Anhänger unseres Glaubens ist“, sagt Christoph Pötzsch. Beerdigungen seien wichtig für den Fortbestand der Friedhöfe. „Je weniger es gibt, desto weniger Geld haben wir auch, um das alles zu erhalten.“