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Frauenhandball bleibt Euphorie verwehrt

Dresdens höchstklassig spielender Klub kommt kaum voran. Der Trainer macht dafür auch Machtgerangel verantwortlich.

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© Christian Juppe

Von Alexander Hiller

Die Kluft ist riesengroß. Zwischen Euphorie und Tristesse. In einer Stadt, in einer Sportart. Die Handballer des HC Elbflorenz sorgen als starker Zweitliga-Aufsteiger für noch vor acht Monaten nie für möglich gehaltene Zuschauerzahlen. Begeisterung, die zunehmend ansteckend wird. Ausgerechnet auf die Handballerinnen in Dresden jedoch nicht.

Das jedenfalls spiegelt Andreas Lemke so. Der 54-Jährige ist Trainer des höchstklassig spielenden Frauenhandball-Teams der Stadt. Mit einem eindrucksvollen 37:25-Heimsieg gegen Tabellennachbar Plauen-Oberlosa schlossen die Damen vom USV TU Dresden die Saison in der Sachsenliga auf Position vier ab. Das ist gut und respektabel. Aber nicht das, wohin Lemke seine Mannschaft gern entwickeln will. Lemke ist vor drei Jahren beim USV TU Dresden mit der Vision von der Mitteldeutschen Oberliga angetreten, der vierthöchsten Spielklasse also.

Nach drei Jahren Tätigkeit ist ein klein wenig Ernüchterung zu hören, wenn Lemke über dieses Vorhaben spricht. „Die Euphorie vom Männerhandball“, fragt er nochmals nach, „die kommt bei uns nicht an.“ Lemke zählt dafür mehrere Komponenten auf. „Aus meiner Sicht gibt es im Frauenhandballbereich zu wenige, die leistungsorientiert denken. Stattdessen gönnt der eine dem anderen den Erfolg nicht, es werden Spielerinnen abgeworben“, unterstreicht Lemke. Und das von Vereinen aus der Stadt, die also samt und sonders unterhalb des USV TU agieren. Lemke führt da den MSV Dresden oder den HC Elbflorenz an. „Das führt möglicherweise zu mehr Breite, aber nicht zu besserem Niveau an der Spitze“, meint er.

An der sieht er in Dresden seine Mannschaft. Noch unumstritten. Aber der USV kämpft mit ähnlich unzureichenden Mitteln gegen dieselben Probleme. „Klar hat jede Mannschaft mit einer relativ dünnen Personaldecke zu kämpfen. Aber gerade in Dresden ist mir die Entwicklung unverständlich. Da herrscht ein absolutes Machtgerangel untereinander“, findet Andreas Lemke. „Und ich weiß nicht, weshalb das so ist.“ Allerdings meint der frühere Nachwuchstrainer des HC Rödertal, dass diese Eifersüchtelei der Entwicklung des Frauenhandballs in der Landeshauptstadt schadet.

Auch unter diesen Umständen sei er mit dem Verlauf und dem Endergebnis dieser Saison ganz zufrieden. „Aus meiner Sicht ist die Saison seit Februar optimal verlaufen“, sagt er. Seither sammelten die Lemke-Schützlinge 10:4 Punkte. Das Zwischenzeugnis eines Teams, das um den Titel und mithin den Aufstieg hätte mitspielen können. Die HSG Neudorf/Döbeln wurde mit 33:11 Zählern Meister.

Allerdings gab es in der Phase davor zu viele Unwägbarkeiten beim USV TU Dresden. „Wir sind gleich im ersten Punktspiel mit vier verletzten Spielerinnen gestartet, mussten dafür erst wieder junge Athletinnen einbauen – das dauert seine Zeit. Auch deshalb sind wir zwischendurch nicht so vorangekommen“, erklärt Lemke.

Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wenn der Trainer in dieser Mannschaft, die sich zum Großteil aus Studentinnen zusammensetzt, nicht auf neue Unwägbarkeiten stoßen würde. Wie in jedem anderen Verein mit dieser personellen Zusammensetzung. „Sechs Spielerinnen werden uns verlassen, meist studienbedingt. Auf allen Aufbaupositionen müssen wir personelle Einbußen hinnehmen“, unterstreicht der Coach. Deshalb arbeiten er und der Handball-Vorstand des USV TU bereits verstärkt daran, „einen spielfähigen Kader für die kommende Sachsenliga-Saison zusammenzustellen“. Mit welchen Ansprüchen und Anforderungen, ist noch offen. Ebenso die Frage, mit welchem Trainer.

Denn der unumstrittene Fachmann will zunächst die Entwicklungen im Verein und im Kader der 1. Mannschaft abwarten. „Für mich als Trainer steht das langfristige Ziel nach wie vor in der Mitteldeutschen Oberliga, dafür bin ich hier ja mal angetreten. Jetzt muss auch ich mir Gedanken machen, ob und wie das realisierbar ist“, lässt Andreas Lemke offen. Allerdings spricht er häufig in der Wir-Form, wenn es um die nähere Zukunft seiner Mannschaft geht. Bis Ende Mai will er abgewogen haben, wie er sich persönlich entscheidet. Auch davon wird ein klein wenig abhängen, ob sich die Kluft zwischen Männer- und Frauenhandball in Dresden noch weiter vergrößert.