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Frauen wie Luft und Erde

Der Steinbildhauer Tillmann Richter zeigt ab 1. Juni erstmals private Arbeiten in Großenhainer Galerie von Sebastian Bieler.

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© Kristin Richter

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Diese Frauen haben keine Schokoladenseite – ihr Schöpfer Tillmann Richter stellt sie am liebsten frei in den Raum, damit der Betrachter sie aus jeder Perspektive entdecken kann. Am besten noch im Spiegel. Neun Skulpturen zeigt der Steinbildhauer ab 1. Juni für drei Monate in der Galerie von Sebastian Bieler in Großenhain. Gut, ein männlicher Torso aus Marmor ist auch unter den neun Modell-Skulpturen. Aber das Hauptaugenmerk von Tillmann Richter liegt auf purer Weiblichkeit, den Ur-Elementen Feuer, Wasser, Luft und Wasser entstiegen oder entsprungen und in sie zurückkehrend – perlend im Schaum von Wellen, bröckelnd in Gestein, in Wölkchen oder züngelnd in Flammen. „Metamorphose – Verwandlung“ ist sein Thema und das ist in den Figuren greifbar und augenfällig, manchmal so wörtlich genommen, wie bei der Skulptur „37 Grad“, die einfach verblüfft, wie er Sprachbilder beim Wort nimmt. Tillmann Richter macht keinen Hehl daraus, dass er allzu abstrakte Formen nicht mag, kühle Kante schon gar nicht, er sei der Mann für die Rundungen, sagt er über sich selbst. Entsprechend prächtig sind seine Weiber, im besten Sinne des barocken Wortes voller Sinnlichkeit, verspielt, verstohlen.

„37Grad“ heißt diese Skulptur: Eine Frau zerfließt in der Hand eines Mannes, er kann sie nicht festhalten – sie rinnt ihm durch die Hände.
„37Grad“ heißt diese Skulptur: Eine Frau zerfließt in der Hand eines Mannes, er kann sie nicht festhalten – sie rinnt ihm durch die Hände. © Kristin Richter

Ob die Verwandlung aus den Elementen oder die des jungen Mädchens zur Frau, seine Geschöpfe sind voller Leben und Dynamik. Man darf gespannt sein, wie die Großenhainer auf diese Schau reagieren, mit einem Künstler, einem Handwerker, der sein Publikum anders als Graffitikünstler Sebastian Bieler anspricht und wahrscheinlich auch ein ganz anderes Publikum. Dabei sind beide 1995 zusammen losgezogen, um zu sprühen. Im Trio mit Dirk Jung, der damals schon erste Erfahrungen als Sprayer hatte, sind die drei jungen Männer Großenhainer Graffiti-Urgesteine. Sebastian Bieler ist dabei geblieben, Tillmann Richter machte 1999 bis 2002 seine Lehre im Steinmetzbetrieb Hartmut Witschel, während Dirk Jung in Hamburg Kommunikationsdesign studierte. Alle drei haben sich nie aus den Augen verloren und zeigen jetzt neben anderen befreundeten Künstlern in Großenhain ihre Arbeiten. Bis Ende 2018 sind die Ausstellenden verpflichtet. Die Vernissage von Tillmann Richter wird im Übrigen ein weiterer Freund aus Schultagen eröffnen – Martin Kandzia, der später Germanistik studierte und heute als Sprecher bei der Landesärztekammer Sachsen arbeitet. Denn große Worte sind auch nicht seine Sache, sagt Tillmann Richter unumwunden über sich. Seine Sache ist die Formensprache, die er neben seiner Arbeit bei Frank Witschel in sehr persönlichen Figuren auslebt. Hier wie da reizt ihn das Figürliche. Mit Auftragswerken für Reliefs, Büsten oder auch Figuren kommt er seiner inneren Passion immer wieder nah, gewinnt Anregung und Ideenkraft. Vor allem aber die Liebe zum Hand-Werk. Sonst wäre vielleicht der zwei Mal zerstörte „Faun“ nicht so liebevoll erneuert worden.

Vernissage: „Metamorphosen“, Tillmann Richter, am 1. Juni , 19 Uhr, Galerie Lessingplatz 1.